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nicht an ihre Bekleidung, die allerdings zu sehr
in Unordnung geraten war, um in diesem Auf-
zuge fremden Zuschauern vor die Augen kom-
men zu können. Corrado, dem es erst im Schiffs-
gang gelang, sie zu erhaschen, rief ihr zornig zu:
„Er ist vor dir geflohen, dein Felice! Ist dir das
noch nicht genug ? Er hat sich vom Verdeck ins
Meer geworfen. Lauf nur und fang ihn dort!“
Mit diesen V/orten wollte er sie wieder packen,
aber sie ril? sich los, lief aufs Verdeck und
warf sich, als sie die hohe Brüstung erreicht
hatte, ohne eine Minute zu zögern, ins dunkle
Wasser. Und Corrado, der, blind vor Lei-
denschaft, keiner Überlegung mehr fähig war,
warf sich ihr folgend ins Meer, und sie ver-
schwanden zusammen in den Wogen.

Am Morgen des nächsten Tages erzählte ein
Matrose von der Erscheinung, die er des Nachts
gehabt hatte. — Zweie, ein Mädchen mit offenen
Haaren und ein ihr nacheilender Mann, seien
lautlos, als wären es Gespenster gewesen, an der

Laterne, neben der er stand, vorübergeglitten,
und nachdem hätte er nur noch ein dumpfes
Plätschern des Wassers gehört, sein Kamerad
aber hätte nichts bemerkt — denn das ganze
sei furchtbar schnell vor sich gegangen. Und
mit Ungeduld erwartete nun ein jeder das Er-
scheinen der anderen, denn Aufklärung schien
hier geboten. Der Sturm hatte sich völlig ge-
legt; in kalter Klarheit wurde das ferne Ufer
sichtbar, die Stadt und die vom Morgenfrost
ganz weil? gefärbten Berge. Von den auf dem
Verdeck befindlichen Passagieren fehlten nur
Corrado, Felice und dessen Page, und somit
war Ciarocca schon bereit, das ganze nächt-
liche Begebnis für eine Fabel zu halten.

Endlich erschien Felice in seinem himbeer-
farbenen Mantel. Und als der Kapitän ihn mit
aller Vorsicht fragte, wie der Herr geschlafen
hätte, entgegnete er, ohne die Augen von dem
Buche, in dem er las, aufzuschlagen: „Finden
Sie etwa, dal? ich schlecht ausschaue?“

ROMANZE

Aua dem Russischen des A. J. Ul'janov.

„Heda! Wer klopft so ungestüm
An meines Hauses Pforte?“

„Dein Gatte, Mascha, ist’s, schliel?' auf!“
„Halt! Sag’ Erkennungsworte!“

„In deinem Hofe steht ein Baum,

Der Nüsse viel mag tragen.“

„Nein, Schelm! Fürwahr, das konnte dir
Der Nachbarn einer sagen.“

„In deiner Stube steht ein Bett
Von Ebenholz, dem braunen.“

„Nein, Schelm! Die Amme mochte dir
Wohl zu die Kunde raunen.

„An deinem Busen ist ein Mal,

Inmitten beider Brüste!“

„Oh, auf die Tür! Tritt ein, Jwan,
Sei der von mir Gekül?te!

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