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HENRY VAN DE VELDE, BUCHEINBAND

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NIEDERLAENDISCHE KUNST
BELGIEN UND HOLLAND

VAN DE VELDE, MEUNIER, ISRAELS

HENRY VAN DK VELDE, BUCHEINBAND MW!«W»«K««»~»'«»

HENRY VAN DE VELDE

Van de Velde hat sich in diesem Jahre den Deutschen
vorgestellt in der Abteilung der Dresdener Ausstellung, deren
Einrichtung Bing übernommen hatte. Leider zeigte er sich da
nicht durchgehend in günstigem Lichte. Er giebt selbst zu, dort
keine Wohn- sondern Schauräume geschaffen zu haben und er
entschuldigt das damit, eine Ausstellung verlange etwas Re-
präsentatives ; die einfache Einrichtung eines Zimmers, wie er
sie sich wünsche, käme da gar nicht zur Geltung und Beachtung.
Letzteres mag auf eine grofse Anzahl von Besuchern zutreffen;
aber es ist sicherlich ein Fehler, ■wenn der Künstler diesem
falschen Geschmack Rechnung trägt. Denn der ernsthafte
Besucher einer Ausstellung — und nur für diesen ist schliefs-
lich die Ausstellung da — geht nicht hin um zu kritisieren,
oder um sich zu amüsieren, er will etwas lernen. Und wenn
ihm eine Zimmereinrichtung gezeigt wird, so will er gerade
daraus einen unmittelbaren Nutzen für sich und seine
"Wohnung ziehen. Aus den Zimmern, die van de Velde in
Paris zur eisten Einrichtung von l'Art nouveau geschaffen
hatte, sind viele Anregungen zur zweckmäfsigen Ausgestaltung
des Innenraumes ausgegangen und ein Teil davon war ja auch
nach Dresden übernommen worden; trotzdem werden die
Meisten die Dresdener Ausstellung verlassen haben mit dem
Gefühl, dafs sie so ihre Zimmer kaum einrichten können. Der
Zweck wäre damit verfehlt; und das ist um so bedauerlicher,
als kaum ein besserer Lehrmeister auf diesem Gebiete gefunden
werden kann, als gerade van de Velde.

Wem es gelingt Einlafs zu erhalten in die Privathäuser
in Brüssel und Ostende, die in einzelnen Räumen oder in ihrer
gesamten Ausstattung der glücklichen Hand dieses Künstlers
ihre Entstehung verdanken, der wird sich von dem einheit-
lichen Geist überzeugen können, der aus diesen Räumen
spricht. Jeder Raum in Farbe und Linie harmonisch. Jedes
Stück zweckmäfsig insich,zweckmäfsigin seiner Verwendung;
jede Raum - Gesamtheit ruhig, harmonisch und notwendig,
wie ein Organismus. Leider ist es nicht gelungen eine gröfsere
Anzahl seiner Schöpfungen schon jetzt hier zu veröffentlichen.
Die Dresdener Ausstellung hat indessen seinen Namen so sehr
in den Vordergrund des Kunstinteresses gerückt, dafs auch
ohnedem eine Würdigung seiner künstlerischen Persönlichkeit
zur Zeit geboten erscheint.

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Van de Velde kennt kein Spezialgebiet.

Das unterscheidet ihn fundamental von seinen Vorgängern
in England und von all den deutschen Künstlern, die wie
ein Wunder in jüngster Zeit allerorten erstanden sind, mit
Leistungen ersten Ranges, aber jeder auf seinem bestimmten
Teilgebiet. Der Wille, ein Ganzes zu schaffen, ist da noch
nicht entwickelt, der künstlerische Gedanke wurde nicht
zu Ende gedacht. Denn das kennzeichnet diese praktische,
mitten im Leben stehende Kunst, dafs zu dem künst-
lerischen Empfinden die streng logische, angestrengte Denk-
thätigkeit treten mufs, die alle Gestaltungsbedingungen
auf den so zahlreich gebotenen Gebieten untersucht und

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