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Verband der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein [Hrsg.]
Die Rheinlande: Vierteljahrsschr. d. Verbandes der Kunstfreunde in den Ländern am Rhein — 30.1920

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Heft 2
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Schäfer, Wilhelm: Julius Bretz
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https://doi.org/10.11588/diglit.26486#0063
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Julius Bretz.

Iulius

enn man den kitzigen Wortführern der jüngsten
Kunst glauben wollte oder müßte, so befände
sich die abendlandische Malereiin einer völligen
Umwandlung, und zwar derarU daß so ziemlich alles,
was bisher gemalt wurde, nicht nur veraltet, sondern in
seiner Grundlage als falsch oder doch unbedeutend bloß-
gestellt sei. Jn Wirklichkeit handelt es sich darum, daß
wieder einmal eine Richtung — wie so ost — den An-
spruch aus Alleingültigkeit macht. Diese Richtung wird
übereinstimmend als Erpressionismus bezeichnet und
dieser Name sagt deutlich genug, daß es sich dabei um
eine Überwindung des Jmpressionismus handelt,. der,
sagen wir, die verletzte Allgemeingültigkeit war. Nun
ist es keine Frage mehr, daß der Erpressionismus in
doppelter Beziehung eine ebenso notwendige als will-
kommene Ablösung des Jmpressionismus vorstellt.

Der Jmpressionismus bedeutete — auch nach seinem
Wortsinn als Eindrucksmalerei — die Herrschast der
Skizze: Ein Natureindruck sollte möglichst treu aus die
Malfläche gebracht werden; das hieß, alles aus die Karte
des Augenblicks setzen, das Mittel im allgemeinen und
das Vermögen des Einzelnen so zur Bravour steigern,
daß aus dem ewigen Wechsel der Eindrücke einer in den
Bereich der Kunst herausgerissen rverden könnte. Damit
wurde dem Bild, wie es als kaum noch verstandene
Tradition im akademischen Betrieb kümmerlich gepflegt

Dorfkirchhof (1900).

Bretz.

wurde, die Skizze entgegengestellt. Es konnte aber dem,
der die Entwicklung der abendländischen Kunst im Ganzen,
nicht nur ihre letzten Wendungen übersah, mcht zweifel-
hast sein, daß hierin notwendlgerwecse ein Umschwung
ersolgen müsse. Und tatsächlich bedeutete die jüngste
Bewegung zunächst die Abwendung von der Skizze und
und die Hinwendung zum Bild, wie sie etwa in der
Hoelzelschule von Ansang an die Parole war. Der Mal-
betrieb wnrde im Handumdrehen eine Kompositions-
schule; nicht mehr die größere oder geringere Noturtreue
— als Eindruck, nicht als peinliches Detail — wie sie
noch vor kurzem in allen Aungen gepriesen wurde, be-
schästigte die malenden Gemüter, sondern die harmo-
nische Ausbildung der Bildsläche im Schwerverhaltnis
ihrer Linien, Licht- oder Schattenmassen und Farben.
Daß diese Wendung an sich als eine Rückkehr zur Tradi-
tion der großen Malerei begrüßt werden konnte, wurde
an dieser Stelle oft genug gesagt.

Tieser als diese Abwendung vom Jmpressionismus
zielte aber eine andere, die als die eigentliche Tendenz
des Erpressionismus zu betrachten ist. Jndem der Jm-
pressionismus Naturtreue erstrebte, stellte er die Kon-
sequenz einer Entwicklung dar,die in der abendländischen
Malerei — mit den Brüdern van Eyck etwa im Gegen-
satz zu Giotto — überhaupt lag. Seitdem sie über die
Fläche hinaus zur Darstellung der Räumlichkeit strebte,

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