PIETÄT UND PRAXIS
HOKUSPOKUS!
Es war im fünften Jahr des vergangenen Krieges. Im
Interesse der „Konzentration aller Kräfte auf den End-
sieg" — wie es so schön in Goebbels' Sprache hieß —
hatten bereits zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften ihr
Erscheinen einstellen müssen. Nicht so jedoch das Organ
des Magischen Zirkels, die „Magie". Denn der Präsi-
dent der genannten Vereinigung und Schriftleiter ihrer
Zeitschrift, der darnalige Produktionschef der Bavaria-
Filmkunst Helmut Schreiber, war ein noch gewichtigerer
Mann, als mancher glauben mochte.
Gelegentlich einer Tagung dieses Zaubererverbandes Li
Bad Aussee wurde dies offenbar. Ein Redner hielt eine
Lobeshymne auf „Präsident" Schreiber und enthüllte
dabei unter anderem folgendes:
„Betrachten wir einmal den Menschen Helmut Schrei-
ber. Seine Beziehungen zum Führer und zu den Mini-
stern sind wohl einzigartig dastehend. Man spürt es,
daß aus seinen Unterhaltungen bei diesen Männern
gesetzgeberische Maßnahmen entstanden sind."
Nach einem Hinweis, daß Schreiber einmal über Weih-
nachten und Neujahr mit Reichsminister Speer im höch-
sten Norden verbrachte, teilte derselbe Redner weiter
mit:
„Als er dann am Abschluß dieser Reise noch im Füh-
rerhauptquartier anlangte und einige Stunden beim
Führer und seinem Stab weilte, hat ihm der Führer
für seine großen Verdienste das Kriegsverdienstkreuz
II. Klasse mit Schwertern verliehen."
Die „Magie" bereitete einen ausführlichen Bericht über
die Ausseer Tagung vor, der auch die vorstehend zitier-
ten Mitteilungen enthalten sollte. Im Satz war bereits
alles fertig, doch die Zensur verfügte, daß das eine ge-
strichen, das andere abgeschwächt wurde. Man konnte
nicht schwarz auf weiß vor aller Öffentlichkeit zu-
geben, was Einsichtigen zwar längst klar war: daß im
Dritten Reich mit Hokuspokus regiert wurde.
Nach all dem soll es aber immer noch Leute geben, die
sich nicht erklären können, daß Adolfs System statt der
tausend nur lumpige zwölf Jahre gedauert hat.
Sebo Watzal
\
DAS PROGRAMM
CSU: Liebe deine Feinde! Im übrigen — der liebe Gott
wird's schon machen.
SPD: Warum was ändern? Es wäre doch von 18 —}}
beinahe gut gegangen.
KPD: Deutschland, Deutschland über alles!
"WAV: Zucker und Ausbau!
LDP: Wir wissen genau, was wir nicht wollen.
Heidi Berthold
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HOKUSPOKUS!
Es war im fünften Jahr des vergangenen Krieges. Im
Interesse der „Konzentration aller Kräfte auf den End-
sieg" — wie es so schön in Goebbels' Sprache hieß —
hatten bereits zahlreiche Zeitungen und Zeitschriften ihr
Erscheinen einstellen müssen. Nicht so jedoch das Organ
des Magischen Zirkels, die „Magie". Denn der Präsi-
dent der genannten Vereinigung und Schriftleiter ihrer
Zeitschrift, der darnalige Produktionschef der Bavaria-
Filmkunst Helmut Schreiber, war ein noch gewichtigerer
Mann, als mancher glauben mochte.
Gelegentlich einer Tagung dieses Zaubererverbandes Li
Bad Aussee wurde dies offenbar. Ein Redner hielt eine
Lobeshymne auf „Präsident" Schreiber und enthüllte
dabei unter anderem folgendes:
„Betrachten wir einmal den Menschen Helmut Schrei-
ber. Seine Beziehungen zum Führer und zu den Mini-
stern sind wohl einzigartig dastehend. Man spürt es,
daß aus seinen Unterhaltungen bei diesen Männern
gesetzgeberische Maßnahmen entstanden sind."
Nach einem Hinweis, daß Schreiber einmal über Weih-
nachten und Neujahr mit Reichsminister Speer im höch-
sten Norden verbrachte, teilte derselbe Redner weiter
mit:
„Als er dann am Abschluß dieser Reise noch im Füh-
rerhauptquartier anlangte und einige Stunden beim
Führer und seinem Stab weilte, hat ihm der Führer
für seine großen Verdienste das Kriegsverdienstkreuz
II. Klasse mit Schwertern verliehen."
Die „Magie" bereitete einen ausführlichen Bericht über
die Ausseer Tagung vor, der auch die vorstehend zitier-
ten Mitteilungen enthalten sollte. Im Satz war bereits
alles fertig, doch die Zensur verfügte, daß das eine ge-
strichen, das andere abgeschwächt wurde. Man konnte
nicht schwarz auf weiß vor aller Öffentlichkeit zu-
geben, was Einsichtigen zwar längst klar war: daß im
Dritten Reich mit Hokuspokus regiert wurde.
Nach all dem soll es aber immer noch Leute geben, die
sich nicht erklären können, daß Adolfs System statt der
tausend nur lumpige zwölf Jahre gedauert hat.
Sebo Watzal
\
DAS PROGRAMM
CSU: Liebe deine Feinde! Im übrigen — der liebe Gott
wird's schon machen.
SPD: Warum was ändern? Es wäre doch von 18 —}}
beinahe gut gegangen.
KPD: Deutschland, Deutschland über alles!
"WAV: Zucker und Ausbau!
LDP: Wir wissen genau, was wir nicht wollen.
Heidi Berthold
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Der Simpl
Titel
Titel/Objekt
"Pietät und Praxis"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Bildunterschrift: "Laßt'n wenigstens erst kalt werden ...!"
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 1.1946, Nr. 14, S. 173.
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg