NACH DEM BADE
R. Kricsch
„Nur gut, daß man Wasser noch nicht schwarz kaufen muß!"
Ich machte alles wieder fabelhaft sauber; droben hörte
ich James die Badewanne füllen. Plötzlich klingelte es.
Ich ließ vor Schreck eine Tasse fallen; dann rannte ich
zu James hinauf, der quietschvergnügt im warmen Was-
ser lag.
„Sieh nach, was los ist!" meinte er seelenruhig.
Ich ging die Treppe hinunter.
Im Hausgang standen drei Herren mit schwarzen
Röcken und Zylinderhüten. Als sie mich kommen sahen,
machten sie eine tiefe Verbeugung. „Wir sind von der
Colorado-Heimstätten-Aktiengesellschaft", sagte der
dickste, „wir dürfen annehmen, daß dem Herrn unser
Landhaus, Typ 6a mit Ausstattung ,Texasgirl' gefallen
hat. Es ist das Prinzip unserer Gesellschaft, die geschätz-
ten Kunden vor Abschluß des Vertrages von allen An-
nehmlichkeiten unserer Häuser in Kenntnis zu setzen..."
Der Mann sah mich erwartungsvoll an.
Ich brummte etwas vor mich hin.
„Wir würden außerordentlich bedauern", fuhr er fort,
„wenn dem Herrn irgendetwas nicht gefallen haben
sollte, sind aber immer bereit, die Ursachen aller Klagen
sofort zu beseitigen. Wir ..."
Ich unterbrach ihn mit einer wegwerfenden Handbe-
wegung.
„Wir wären vollständig zufrieden gewesen, wenn Ihre
Gesellschaft dafür gesorgt hätte, daß etwas mehr Whisky
dagewesen wäre!" Der Dicke erschrak sichtlich.
„Es tut uns unendlich leid", sagte er, „den Herrn ver-
ärgert zu sehen, doch wird dieser Übelstand sofort ab-
gestellt. — Im übrigen kostet das Haus den lächerlichen
Betrag von sechstausenddreihundertundelf Dollar. Wir
dürfen annehmen, daß der Herr diesen Betrag nicht zu
hoch findet..
„Keineswegs!" sagte ich, „wenn ich die Herren zum Ab-
schluß des Kaufvertrages in die Bibliothek bitten darf."
Ich führte die würdigen Herren in die Bibliothek und
entschuldigte mich einen Augenblick.
Unten stand schon James. Er hatte die Rucksäcke voll
Konserven gepackt. Wir gingen leise durch den Vorgar-
ten und schließlich rannten wir. Wir liefen den Weg
zurück, den wir am Nachmittag gekommen waren.
James ging ein wenig voraus. Die Nacht war kühl und
klar. Einmal blieben wir stehen und zündeten uns Zi-
garetten an, die James eingepackt hatte. Dann mar-
schierten wir weiter, bis wir an einen Bahndamm kamen.
Als ich mich nochmals umdrehte, sah ich einen hellen
Fleck. Es mochte das Bibliothekzimmer sein.
Am Bahndamm warfen wir unsere Rucksäcke ins' Gras
und legten uns hin. Über uns blinzelten die Sterne; ich
sah zu ihnen hinauf und fühlte, wie die Unendlichkeit
meine Gedanken von der Erde hob und sie umwob, daß
ich nichts mehr wußte von staubigen Landstraßen, hei-
ßen Tagen, verlassenen Häusern und weichen Betten,
auch dachte ich nicht mehr an die weiten Wege meines
Tramplebens, ich fühlte nur den kühlen Atem der Grä-
ser und schlief. E. Heyda
18S
R. Kricsch
„Nur gut, daß man Wasser noch nicht schwarz kaufen muß!"
Ich machte alles wieder fabelhaft sauber; droben hörte
ich James die Badewanne füllen. Plötzlich klingelte es.
Ich ließ vor Schreck eine Tasse fallen; dann rannte ich
zu James hinauf, der quietschvergnügt im warmen Was-
ser lag.
„Sieh nach, was los ist!" meinte er seelenruhig.
Ich ging die Treppe hinunter.
Im Hausgang standen drei Herren mit schwarzen
Röcken und Zylinderhüten. Als sie mich kommen sahen,
machten sie eine tiefe Verbeugung. „Wir sind von der
Colorado-Heimstätten-Aktiengesellschaft", sagte der
dickste, „wir dürfen annehmen, daß dem Herrn unser
Landhaus, Typ 6a mit Ausstattung ,Texasgirl' gefallen
hat. Es ist das Prinzip unserer Gesellschaft, die geschätz-
ten Kunden vor Abschluß des Vertrages von allen An-
nehmlichkeiten unserer Häuser in Kenntnis zu setzen..."
Der Mann sah mich erwartungsvoll an.
Ich brummte etwas vor mich hin.
„Wir würden außerordentlich bedauern", fuhr er fort,
„wenn dem Herrn irgendetwas nicht gefallen haben
sollte, sind aber immer bereit, die Ursachen aller Klagen
sofort zu beseitigen. Wir ..."
Ich unterbrach ihn mit einer wegwerfenden Handbe-
wegung.
„Wir wären vollständig zufrieden gewesen, wenn Ihre
Gesellschaft dafür gesorgt hätte, daß etwas mehr Whisky
dagewesen wäre!" Der Dicke erschrak sichtlich.
„Es tut uns unendlich leid", sagte er, „den Herrn ver-
ärgert zu sehen, doch wird dieser Übelstand sofort ab-
gestellt. — Im übrigen kostet das Haus den lächerlichen
Betrag von sechstausenddreihundertundelf Dollar. Wir
dürfen annehmen, daß der Herr diesen Betrag nicht zu
hoch findet..
„Keineswegs!" sagte ich, „wenn ich die Herren zum Ab-
schluß des Kaufvertrages in die Bibliothek bitten darf."
Ich führte die würdigen Herren in die Bibliothek und
entschuldigte mich einen Augenblick.
Unten stand schon James. Er hatte die Rucksäcke voll
Konserven gepackt. Wir gingen leise durch den Vorgar-
ten und schließlich rannten wir. Wir liefen den Weg
zurück, den wir am Nachmittag gekommen waren.
James ging ein wenig voraus. Die Nacht war kühl und
klar. Einmal blieben wir stehen und zündeten uns Zi-
garetten an, die James eingepackt hatte. Dann mar-
schierten wir weiter, bis wir an einen Bahndamm kamen.
Als ich mich nochmals umdrehte, sah ich einen hellen
Fleck. Es mochte das Bibliothekzimmer sein.
Am Bahndamm warfen wir unsere Rucksäcke ins' Gras
und legten uns hin. Über uns blinzelten die Sterne; ich
sah zu ihnen hinauf und fühlte, wie die Unendlichkeit
meine Gedanken von der Erde hob und sie umwob, daß
ich nichts mehr wußte von staubigen Landstraßen, hei-
ßen Tagen, verlassenen Häusern und weichen Betten,
auch dachte ich nicht mehr an die weiten Wege meines
Tramplebens, ich fühlte nur den kühlen Atem der Grä-
ser und schlief. E. Heyda
18S
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Der Simpl
Titel
Titel/Objekt
"Nach dem Bade"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 1.1946, Nr. 15, S. 185.
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg