Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Simpl: Kunst, Karikatur, Kritik: Der Simpl: Kunst, Karikatur, Kritik — 1.1946

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.7376#0193
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
COCKTAIL lLJi6 (tovlsetzung von Seite 190)

der Seemannsstreik. Außenminister Byrnes spricht in
Stuttgart. Amerika schickt Deutschland eine Million
Bibeln. Die ausländische Presse diskutiert einen mög-
lichen Krieg.

Die Lage in unserer Verfassunggebenden ist auch recht
gespannt. Einige Köpfe scheinen erwacht zu sein, denn
der Staatspräsident wird abgelehnt Handelsminister
Wallace hält seine aufsehenerregende Rede und wird
gegangen Molotow erklärt als Antwort auf die Rede
Byrnes, die Oder-Neiße-Linie sei bereits in Potsdam
festgelegt worden. Churchill fordert in seiner Züricher
Rede die eilige Schaffung der Vereinten Nationen von
Europa. Stalin erklärt schließlich in einem Interview,
es bestünde keine Kriegsgefahr und die Atombombe sei
für Leute mit schwachen Nerven. Die Lage entspannt
sich endlich. Die Jesuiten bekommen einen neuen Gene-
ral. Papen Fritzsche und Schacht werden freigesprochen.
Frau Göring möchte wieder Theater spielen, während sich
ihr Mann vergiftet. Die übrigen zum Tode Verurteilten
geben ihre letzte Vorstellung.

Oesterreich macht sich aus Mozarts Freimaurerkantate
eine neue Nationalhymne. Die frischgebackenen Länder
Hannover und Rheinpfalz haben noch keine. Unter
Schmerzen kommt Frankreichs IV Republik zur Welt.
Ob sie auf die Dauer die alte Nationalhymne beibehalten
kann? — Ueberraschender Wahlsieg der SPD in Berlin.
Die SED ist bestürzt, die Siegerin kann es auch nicht
gleich fassen. — Die Pariser Friedenskonferenz ist zu
Ende, es bleiben nur noch einige dreißig Fragen zu regeln.
Tschiang-Kai-Schek will auch Frieden, indessen wird in

FÜR MÄNNLEIN IN DER WIEGE

■Ja, lätme, lärme, Meinet Wicht!
Wer lärmt, den überhört man nicht.
Sei laut und ruppig, frech und dreist!
Den Preis erringt, wer selbst sich preist.
Die Welt ist ein Produkt aus Dreck
und Menschenwürde Handgepäck.
Der Schelm gibt sie am Schaltet auf,
da stört sie nicht beim Dauerlauf,
beim Dauerlauf um Gut und Geld.
Um Gut und Geld dreht sich die Welt,
die Welt mitsamt dem Publikum —
widewidewiddbumbum.

Ja, lärme, lärme, kleiner Wicht!

Sei unentwegt auf Krach erpicht!

Genie, Talent und Leidenschaft

verkümmern ohne Lungenktaft.

Noch nähtt man dich mit Milch und Mus,

mit Vitaminen und mit Schmus;

bald kriegst du Masern — dann, mein Schneck,

dann s*'Vhlt man dir die Ferien weg

und lehrt dich zwei mal zwei gleich vier

und zerrt dich grausam ans Klavier

und dann aufs Gumminasium —

widewidewiddbumbum.

Es strebt der Mensch, so lang er irrt.

Was wohl aus dir mal wetden witd?

Ein Schotnsteinfeget, ein Dentist,

ein Landwitt odet Komponist,

ein Sockenhalterfabrikant,

ein Isolierbandlieferant,

ein Literat, ein Akrobat,

ein Schulrat oder Bürokrat?

Was du auch wirst — bleib' ein Sympath!

Eins scheidet gottlob aus: Soldat.

Sei froh! Das machte roh und dumm —

widewidewiddbumbum.

Ja, lärme, lärme, kleiner Mann!

Was geh'n dich meine Sotgen an?

Was ahnst denn du von arm und reich?

Für dich sind alle Leute gleich.

Zu dit sind alle Leute gut

Du kennst nicht Niedetttacht und Wut,

du kennst nicht Eifersucht und Streit,

nicht Habgier, Lüge, Eitelkeit.

Komm, rück' ein Stück ins Stehparkett!

Ich leg' mich jetzt zu dir ins Bett.

Ach, war' ich du! Ich gab' was drum —

widewidewiddbumbum. ich

China weitergeschossen. In Stuttgart knallt es auch.
Portugiesische Offiziere versuchen einen Putsch. Die UN-
Eröffnungsrede Trygve Lies' jagt Franco einen neuen
Schrecken ein. Stalin gibt ein telegraphisches Interview.
Molotow schlägt allgemeine Abrüstung vor. Senator
Warren Austin antwortet mit einem totalen Abrüstungs-
programm. Polen protestiert gegen schlechte Behandlung
deutscher Flüchtlinge; England protestiert gegen den
russischen Abtransport deutscher Facharbeiter; Polen
protestiert gegen die Haltung eines Teiles der deutschen
Presse; Minister Pfeiffer protestiert gegen den Münchner
Rundfunk.

Minister Pfeiffer nennt den Kommentator Geßner einen
Amnestiegewinnler und wird in seinem Amt bestätigt.
Die CDU bekommt ihren Gandhi in der Person ihrer
Wahlrednerin Maria Sevenich. Hingegen heiratet Maria
Heinke als erste Deutsche ihren Ami. Welche Maria
ziehen Sie vor? Der Monistenbund wird neu gegründet,
womit sich eine klaffende Lücke mehr in unserer jungen
Demokratie schließt. Die Chorknaben von Dijon treten
in Streik und erreichen damit neben der Lohnerhöhung
ihre syndikalen Rechte. Schacht verlangt einen KZ-
Ausweis. Der CSU-Vorsitzende Dr Müller kommt in
eine peinliche Situation. Der bayer. Kultusminister er-
krankt anläßlich einer neuen Säuberungsaktion der Uni-
versitäten. Minister Pfeiffer nimmt den Amnestie-
gewinnler zurück. Inzwischen ergaben die amerikanischen
Wahlen einen Sieg der Republikaner Im Ruhrgebiet
droht Hungersnot und die amerikanischen Grubenarbeiter
treten in Streik. Bei den französischen Wahlen siegen
die Kommunisten. Moskau meldet die Entdeckung eines
praktischeren Atomzertrümmerungsverfahrens. Die Ver-

handlungen über Deutschland werden auf unbestimmte Zeit

verschoben. Träge fließt der Bodensatz des Cocktails.--

Käthe Dorsch ohrfeigt laut Dana ihren Kritiker. Marlene
Dietrich empfängt eine Verdienstmedaille. Felix Bressart
hat seinen Dr. med. absolviert und hält Praxis, soweit
er nicht gerade filmt. Papst Pius XII. empfängt Philo-
sophen und Italiens Verfassung erhält einen Artikel über
die „Unlösbarkeit der Ehe". Zur Förderung unserer
eigenen Sicherheit darf die deutsche Polizei nun wieder
Verhaftungen und Haussuchungen vornehmen. Griechen-
land wendet sich an den Weltsicherheitsrat. Ungarn pro-
testiert Jugoslawien auch. In Indonesien sind Unruhen
und die Kommunisten in China starten eine Großoffen-
sive Die Deutschlandkonferenz wird auf Anfang 1947
verschoben. Die Einigung über Triest ist fast vollständig.
Württemberg entscheidet sich für die Verfassung. Bayern
nimmt die seinige auch an und legt sein Schicksal ver-
trauensvoll in die Hände der CSU. Die SZ. schreibt, es
gäbe nur noch 82 Esel in München. Inzwischen liegen die
endgültigen Wahlresultate vor. —

Das waren die letzten Tropfen bis zur Drucklegung dieser
Nummer . . . Der Inhalt wirkt verwirrend obgleich wirk-
lich nichts darin ist, was uns in den Kopf steigen könnte.
— Täglich dreimal einen Eßlöffel — so haben wir den
Cocktail zu uns genommen. Der Verstand will es nicht glau-
ben, aber der Magen sagt „ja". Doch der Verstand trügt,
der Magen nur selten. Manches von dem Trunk spüren wir
noch im Magen liegen, einiges davon stößt uns bisweilen
auf und . . na ja. man braucht nicht immer eine be-
sonders feine Nase, um zu merken, was alles in der Luft
liegt. Schon wird der Cocktail 1947 gemixt. Wehe denen,
die da einen schlechten Magen haben! — M. Schtimpf

DIE HAUSGEMEINSCHAFT

Fräulein Müller wird im Jeep abgeholt

1 93
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Hausgemeinschaft"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Kommentar
Signatur: Friedrich Hof

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 1.1946, Nr. 16, S. 193.

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
 
Annotationen