„Nicht mal in der Hölle kann man mehr schön braten."
„Ja, liebe Frau, wir haben schon den Fegefeuerseelen
sechs Monate Kohlenurlaub geben müssen!"
J. HeiÄüfoarth
FÜR DEN LUSTIGEN PRINZEN
Von WALTER F01TZ1CK
Wir brauchen für diesen Fasching einen Prinzen Karneval,
aber wir lassen uns keinen Prinzen Karneval aufzwingen,
wir sind, freie'Narren. Uns sitzt der Schalk im Nacken
■und der Hunger im Gedärm. Und außerdem sind wir
Demokraten. Sind lustige Leute, die Demokraten, und
immer zu.Scherzen aufgelegt. Was Demokratie ist, pfeifen
die Abgeordneten sämtlicher Parteien von allen Dächern,
Hört Ihr sie zwitschern?
Wir brauchen einen Prinzen Karneval! Wen wählen wir?
Keinen Vorkriegsprinzen, keinen Vergreisten. Wir können
nicht mehr bei den verbrauchten Vorkriegsprinzen an-
knüpfen, wir wollen uns nicht aufknüpfen lassen. Wir
müssen mit dem Fasching ganz von vorne beginnen.
Wen wählen wir?
Auf keinen Fall einen, der für das Ermächtigungsgesetz
gestimmt hat. Wißtlhr, was das Ermächtigungsgesetz ist?
Jeder, der es nicht weiß, kommt für das Amt des Prinzen
in Frage. Ihr alle kommt in Frage. Wollt Ihr einen Nazi
als Prinzen? Sagt die Unwahrheit! Ihr wollt keinen Nazi.
Na also, wer will denn seinesgleichen als Prinzen?
Wen wählen wir?
Den neckischen Flüchtlingskommissar, der an unsere Türen
pocht, geschätzt bei Flüchtlingen und Volk. Ein munterer
Bruder sage ich Euch, dieser Mann hat auch nichts zu
lachen, genau wie Ihr. Noch nie sah ich einen Prinzen,
vor dem die Leute so zitterten, sogar die in den Ämtern.
Vor Prinzen soll man zittern, vor Faschingsprinzen soll
man vor Lachen zittern. Wer liebt nicht seinen Flüchtlings-
kommissar? So ein Kommissar käme in Frage.
Aber auch einer, der grade aus der Kriegsgefangenschaft
kommt, wäre ein munterer Prinz. Er hat ein lustiges
Röckchen an, durch das der Wind einen Swing pfeift.
Sehr gut ist er verkleidet. Man sieht ihm kaum mehr den
Glücklichen an, dem tolldreisten Burschen. Er ist nicht
gewohnt, die lustigen Nächte in breiten Betten zu ver-
schlafen, er wird sie durchtanzen, wie er die letzten Jahre
durchtanzt hat bei Bombenschlag und Sirenengeschmetter,
einer großen Nachtmusik.
Der Mann kommt in Frage. Setzt ihn auf ein rostiges
Auto und gebt ihm ein Bündel Bezugscheine in die Hand,
er kann sie unter die Menge werfen. Alles wird jubeln, —
das Jubeln könnt Ihr doch noch? Man macht den Mund
auf und brüllt. .Ist ein alter Brauch, das Jubeln, schon
beim Einzug in Jerusalem konnten sie es geläufig.
Wen haben wir noch, den wir wählen könnten? Vielleicht
einen aus Schlesien oder aus der Tschechoslowakei oder
aus Stettin. Sind allzumal fidele Leute, die Schlesien die
Stettiner und die aus Böhmen. Aber wir wollen nicht eng-
herzig sein, die Herausgeschmissenen gibt es auch bei
anderen Völkern. Nur beeilen müssen wir uns, daß sie
das Lachen nicht ganz verlernen. Hier wäre ein Staats-
sekretär für gutes Lachen am Platze, nur warme Ämter
sind bei allen Parteien sehr begehrt.
Wen wählen wir?
Wen wählen wir zum Präsidenten .Karneval 1947'?
SIE IRREN
Auf 1 folgt nicht immer 2: wir können zwar bis 3 zählen, aber wir tanzen aus der Reihe und brin-
gen nach Nummer 1 gleich Nummer 3. Auf diese Weise wird's vielleicht schneller Frühling!
Wenn die eingefrorene Druckerei mit der halbfertigen Nummer 2 schön langsam wieder auftaut,
bringen wir sie nach. Damit haben wir den Nachweis gebracht, daß Ben Akiba doch unrecht hatte.
2b
„Ja, liebe Frau, wir haben schon den Fegefeuerseelen
sechs Monate Kohlenurlaub geben müssen!"
J. HeiÄüfoarth
FÜR DEN LUSTIGEN PRINZEN
Von WALTER F01TZ1CK
Wir brauchen für diesen Fasching einen Prinzen Karneval,
aber wir lassen uns keinen Prinzen Karneval aufzwingen,
wir sind, freie'Narren. Uns sitzt der Schalk im Nacken
■und der Hunger im Gedärm. Und außerdem sind wir
Demokraten. Sind lustige Leute, die Demokraten, und
immer zu.Scherzen aufgelegt. Was Demokratie ist, pfeifen
die Abgeordneten sämtlicher Parteien von allen Dächern,
Hört Ihr sie zwitschern?
Wir brauchen einen Prinzen Karneval! Wen wählen wir?
Keinen Vorkriegsprinzen, keinen Vergreisten. Wir können
nicht mehr bei den verbrauchten Vorkriegsprinzen an-
knüpfen, wir wollen uns nicht aufknüpfen lassen. Wir
müssen mit dem Fasching ganz von vorne beginnen.
Wen wählen wir?
Auf keinen Fall einen, der für das Ermächtigungsgesetz
gestimmt hat. Wißtlhr, was das Ermächtigungsgesetz ist?
Jeder, der es nicht weiß, kommt für das Amt des Prinzen
in Frage. Ihr alle kommt in Frage. Wollt Ihr einen Nazi
als Prinzen? Sagt die Unwahrheit! Ihr wollt keinen Nazi.
Na also, wer will denn seinesgleichen als Prinzen?
Wen wählen wir?
Den neckischen Flüchtlingskommissar, der an unsere Türen
pocht, geschätzt bei Flüchtlingen und Volk. Ein munterer
Bruder sage ich Euch, dieser Mann hat auch nichts zu
lachen, genau wie Ihr. Noch nie sah ich einen Prinzen,
vor dem die Leute so zitterten, sogar die in den Ämtern.
Vor Prinzen soll man zittern, vor Faschingsprinzen soll
man vor Lachen zittern. Wer liebt nicht seinen Flüchtlings-
kommissar? So ein Kommissar käme in Frage.
Aber auch einer, der grade aus der Kriegsgefangenschaft
kommt, wäre ein munterer Prinz. Er hat ein lustiges
Röckchen an, durch das der Wind einen Swing pfeift.
Sehr gut ist er verkleidet. Man sieht ihm kaum mehr den
Glücklichen an, dem tolldreisten Burschen. Er ist nicht
gewohnt, die lustigen Nächte in breiten Betten zu ver-
schlafen, er wird sie durchtanzen, wie er die letzten Jahre
durchtanzt hat bei Bombenschlag und Sirenengeschmetter,
einer großen Nachtmusik.
Der Mann kommt in Frage. Setzt ihn auf ein rostiges
Auto und gebt ihm ein Bündel Bezugscheine in die Hand,
er kann sie unter die Menge werfen. Alles wird jubeln, —
das Jubeln könnt Ihr doch noch? Man macht den Mund
auf und brüllt. .Ist ein alter Brauch, das Jubeln, schon
beim Einzug in Jerusalem konnten sie es geläufig.
Wen haben wir noch, den wir wählen könnten? Vielleicht
einen aus Schlesien oder aus der Tschechoslowakei oder
aus Stettin. Sind allzumal fidele Leute, die Schlesien die
Stettiner und die aus Böhmen. Aber wir wollen nicht eng-
herzig sein, die Herausgeschmissenen gibt es auch bei
anderen Völkern. Nur beeilen müssen wir uns, daß sie
das Lachen nicht ganz verlernen. Hier wäre ein Staats-
sekretär für gutes Lachen am Platze, nur warme Ämter
sind bei allen Parteien sehr begehrt.
Wen wählen wir?
Wen wählen wir zum Präsidenten .Karneval 1947'?
SIE IRREN
Auf 1 folgt nicht immer 2: wir können zwar bis 3 zählen, aber wir tanzen aus der Reihe und brin-
gen nach Nummer 1 gleich Nummer 3. Auf diese Weise wird's vielleicht schneller Frühling!
Wenn die eingefrorene Druckerei mit der halbfertigen Nummer 2 schön langsam wieder auftaut,
bringen wir sie nach. Damit haben wir den Nachweis gebracht, daß Ben Akiba doch unrecht hatte.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Der Simpl
Titel
Titel/Objekt
"Nicht mal in der Hölle kann man mehr schön braten"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Bildunterschrift: "Nicht mal in der Hölle kann man mehr schön braten. Ja, liebe Frau, wir haben schon den Fegefeuerseelen sechs Monate Kohlenurlaub geben müssen!"
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1947
Entstehungsdatum (normiert)
1942 - 1952
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 2.1947, Nr. 3, S. 26.
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg