DIE KRIEGSLÜSTERNEN
Glaubt's oder glaubt's nicht: Es gibt Leute im Land,
die freuen sich auf den Krieg.
Die träumen von Vormarsch, von Panzern und Pak,
von Kesselschlacht und von Sieg.
Keine Rüstungsbarone. (Das wäre normal.)
Nicht Generäle a. D.--
Ganz kleine Gemeine; ganz ärmliche Schweine!
Das ist's, was ich nicht versteh'.
Sie hatten doch alle die Schnauze voll
und. wollten nichts mehr wissen,
und hatten allmählich erkannt, daß man sie
nur ausgenutzt und beschissen ...
Doch heut, wo von fern schon die Trommel dröhnt,
um Landsknechte zu werben,
da wissen sie nichts mehr von Stalingrad,
von Bomben und vom Sterben.
Sie sehen nur auf die Uniform,
auf Rauchen, Schnaps und Fressen,
und glauben am Ende, sie täten noch was
für Deutschlands Interessen!
Sie dürfen und können und wollen nichts seh'n.
Ihr Hirn wird täglich schwächer.
So waren sie, sind sie und bleiben sie stets:
Halb Narren — halb Verbrecher!
Heinz Hartwig
DIE NEUTRALEN
Aw dem T*<yjt>üch its Kltu-.n Ttitzl
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z/t- Ja*/
WH*
/ //.
'M/feHf/jy.
wir, Ii . /
fä / //// , / /
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G
Unlängst guckte ich bei Dämmerung in die Gewerkschafts-
zeitung vom 10. September 1947. Ein Artikel von Herrn
Leonhard Horlacher erregte mein besonderes Interesse. Die
Ucberschrift, groß, mit Rufzeichen versehen, lautete: Eine
bedenkliche Sache. Ich putzte sofort die staubige Brille und
las folgendes: Wir befassen uns grundsätzlich nicht mit Par-
teipolitik und polemischen Auseinandersetzungen der ver-
schiedenen Parteien. Was die Parteien für sich machen, ist
eigene Sache. Die Gewerkschaften sind parteipolitisch neutral,
daran wird wohl kaum ein Mensch einen Zweifel haben.
Verblüfft hielt ich inne, nahm die „Süddeutsche Zeitung", Nummer 81, vom
Ständer und stierte auf folgende Zeilen: Herr Georg Reuter, Generalsekretär
vom Bayerischen Gewerkschaftsbund, nahm in seiner Eigenschaft als Partei-
mitglied der SPD in einer stark besuchten SPD-Kundgebung am 21. September
zu der politischen Vorgeschichte der Koalition, ihrem Verlauf und ihrer Auf-
lösung Stellung. Nun angelte ich mir die Nummer 79 des gleichen Blattes auf
den Tisch. Wieder eine Ueberraschung. Herr Georg Reuter ließ als Delegierter
beim Landesausschuß der SPD am 14. September mächtig seine Stimme gegen
die Fortsetzung der Koalition erdröhnen, ja er stieß sogar den pathetischen
Ruf aus „Wilhelm Högner, finde zu uns zurück!" und vergaß offenbar dabei ganz
seine hunderttausend nicht sozialdemokratisch organisierten Beitragszahler.
Ausgerechnet Högner, llüsterte ich und sah besorgt
auf die Lampe, ob nicht bald Licht käme. Jeder
Delegierte hätte sich diese öffentliche Sympathie-
erklärung eher gestatten können als der Herr Ge-
neralsekretär.
Selbst ein politischer Anfänger weiß, daß Herr
Dr. Högner einer der unbeliebtesten bayerischen
Politiker ist. Schreibt sogar das eigene Parteiorgan
Nummer 19 zu dessen 60. Geburtstage u. a.: Dr.
Högner ist eine zu eigenwillige Persönlichkeit, um
auch nur seinen politischen Freunden immer zu ge-
fallen. Somit erscheint es auch fraglich, ob die
„eigenwillige Persönlichkeit" bei den sozialdemo-
kratischen Gewerkschaftlern ungeteilte Sympathie
genießt.
Ich dachte weiter. Am Ende ist der Artikel „Die
bedenkliche Sache" ein Irrtum oder dem Herrn
Generalsekretär, durch Arbeitsüberhäufung entgan-
gen; Herr Reuter ist nebenbei auch Exekutivrats-
mitglied des Bizonalen Wirtschaftsrates in Frank-
E. milmann: DAS STREIKRECHT
fh,Vit
fürt. Ich drehte die Gewerkschaitszeitung um und entdeckte mühselig im
Dämmerlicht, unten: Schriftleiter Georg J. Reuter.
Vielleicht ist die aktive Parteitätigkeit und Auseinandersetzung nur dem Herrn
Generalsekretär erlaubt, beschwichtigte ich mich als simpler Zcitungsleser.
Ich grübelte weiter. Wie ist es mit der Vorstandschaft? Einer davon forderte
doch unlängst Zwangsbewirtschaftung für die ganze Wirtschaft. Gar keine
schlechte Idee. Warum soll man unseren stärksten Wirtschaftszweig in Deutsch-
land, die Verwaltung, nicht noch mehr ankurbeln. Man bringt die Leute unter.
Es sind bereits in den Bizonen 1,4 Millionen Arbeitskräfte nur zum Kon-
trollieren, Lenken und Verwalten tätig.
Herr Lorenz Hagen, 1. Präsident des Bayerischen Gewerkschaftsbundes, war
der Sprecher. Aber o weh! Wieder kein Neutraler.
Er fungiert als sozialdemokratisches Landtagsmit-
glied. Der zweite, Herr Gustav Schiefer, macht
sozialdemokratischen Fraktionsführer im Münchner
Stadtrat und ist frischgebackener Senator. Der dritte,
Herr Heinrich Schmitt, Kommunist. Ob da über-
haupt ein Eisenbahnerstreik unter einem sozial-
demokratischen Verkehrsminister möglich wäre? Sir
Walter Citrine, Philipp Murraj sowie John Lewis
wußten, warum sie nie Parlamentarier waren.
Zwanzig Cent Stundenlohnerhöhung für den Kum-
pel erreichen, dünkten ihnen wichtiger als Soziali-
sierung.
Nun flammte die Lampe auf. Wieder steckte ich
meine Nase über die Zeilen. Wir befassen uns
grundsätzlich nicht mit Parteipolitik. Die Gewerk-
schaften sind parteipolitisch neutral, daran wird
wohl kaum ein Mensch einen Zweifel haben. Aber,
wie gesagt, ich bin nur simpler Zeitungsleser.
A. Zech
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Glaubt's oder glaubt's nicht: Es gibt Leute im Land,
die freuen sich auf den Krieg.
Die träumen von Vormarsch, von Panzern und Pak,
von Kesselschlacht und von Sieg.
Keine Rüstungsbarone. (Das wäre normal.)
Nicht Generäle a. D.--
Ganz kleine Gemeine; ganz ärmliche Schweine!
Das ist's, was ich nicht versteh'.
Sie hatten doch alle die Schnauze voll
und. wollten nichts mehr wissen,
und hatten allmählich erkannt, daß man sie
nur ausgenutzt und beschissen ...
Doch heut, wo von fern schon die Trommel dröhnt,
um Landsknechte zu werben,
da wissen sie nichts mehr von Stalingrad,
von Bomben und vom Sterben.
Sie sehen nur auf die Uniform,
auf Rauchen, Schnaps und Fressen,
und glauben am Ende, sie täten noch was
für Deutschlands Interessen!
Sie dürfen und können und wollen nichts seh'n.
Ihr Hirn wird täglich schwächer.
So waren sie, sind sie und bleiben sie stets:
Halb Narren — halb Verbrecher!
Heinz Hartwig
DIE NEUTRALEN
Aw dem T*<yjt>üch its Kltu-.n Ttitzl
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wir, Ii . /
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G
Unlängst guckte ich bei Dämmerung in die Gewerkschafts-
zeitung vom 10. September 1947. Ein Artikel von Herrn
Leonhard Horlacher erregte mein besonderes Interesse. Die
Ucberschrift, groß, mit Rufzeichen versehen, lautete: Eine
bedenkliche Sache. Ich putzte sofort die staubige Brille und
las folgendes: Wir befassen uns grundsätzlich nicht mit Par-
teipolitik und polemischen Auseinandersetzungen der ver-
schiedenen Parteien. Was die Parteien für sich machen, ist
eigene Sache. Die Gewerkschaften sind parteipolitisch neutral,
daran wird wohl kaum ein Mensch einen Zweifel haben.
Verblüfft hielt ich inne, nahm die „Süddeutsche Zeitung", Nummer 81, vom
Ständer und stierte auf folgende Zeilen: Herr Georg Reuter, Generalsekretär
vom Bayerischen Gewerkschaftsbund, nahm in seiner Eigenschaft als Partei-
mitglied der SPD in einer stark besuchten SPD-Kundgebung am 21. September
zu der politischen Vorgeschichte der Koalition, ihrem Verlauf und ihrer Auf-
lösung Stellung. Nun angelte ich mir die Nummer 79 des gleichen Blattes auf
den Tisch. Wieder eine Ueberraschung. Herr Georg Reuter ließ als Delegierter
beim Landesausschuß der SPD am 14. September mächtig seine Stimme gegen
die Fortsetzung der Koalition erdröhnen, ja er stieß sogar den pathetischen
Ruf aus „Wilhelm Högner, finde zu uns zurück!" und vergaß offenbar dabei ganz
seine hunderttausend nicht sozialdemokratisch organisierten Beitragszahler.
Ausgerechnet Högner, llüsterte ich und sah besorgt
auf die Lampe, ob nicht bald Licht käme. Jeder
Delegierte hätte sich diese öffentliche Sympathie-
erklärung eher gestatten können als der Herr Ge-
neralsekretär.
Selbst ein politischer Anfänger weiß, daß Herr
Dr. Högner einer der unbeliebtesten bayerischen
Politiker ist. Schreibt sogar das eigene Parteiorgan
Nummer 19 zu dessen 60. Geburtstage u. a.: Dr.
Högner ist eine zu eigenwillige Persönlichkeit, um
auch nur seinen politischen Freunden immer zu ge-
fallen. Somit erscheint es auch fraglich, ob die
„eigenwillige Persönlichkeit" bei den sozialdemo-
kratischen Gewerkschaftlern ungeteilte Sympathie
genießt.
Ich dachte weiter. Am Ende ist der Artikel „Die
bedenkliche Sache" ein Irrtum oder dem Herrn
Generalsekretär, durch Arbeitsüberhäufung entgan-
gen; Herr Reuter ist nebenbei auch Exekutivrats-
mitglied des Bizonalen Wirtschaftsrates in Frank-
E. milmann: DAS STREIKRECHT
fh,Vit
fürt. Ich drehte die Gewerkschaitszeitung um und entdeckte mühselig im
Dämmerlicht, unten: Schriftleiter Georg J. Reuter.
Vielleicht ist die aktive Parteitätigkeit und Auseinandersetzung nur dem Herrn
Generalsekretär erlaubt, beschwichtigte ich mich als simpler Zcitungsleser.
Ich grübelte weiter. Wie ist es mit der Vorstandschaft? Einer davon forderte
doch unlängst Zwangsbewirtschaftung für die ganze Wirtschaft. Gar keine
schlechte Idee. Warum soll man unseren stärksten Wirtschaftszweig in Deutsch-
land, die Verwaltung, nicht noch mehr ankurbeln. Man bringt die Leute unter.
Es sind bereits in den Bizonen 1,4 Millionen Arbeitskräfte nur zum Kon-
trollieren, Lenken und Verwalten tätig.
Herr Lorenz Hagen, 1. Präsident des Bayerischen Gewerkschaftsbundes, war
der Sprecher. Aber o weh! Wieder kein Neutraler.
Er fungiert als sozialdemokratisches Landtagsmit-
glied. Der zweite, Herr Gustav Schiefer, macht
sozialdemokratischen Fraktionsführer im Münchner
Stadtrat und ist frischgebackener Senator. Der dritte,
Herr Heinrich Schmitt, Kommunist. Ob da über-
haupt ein Eisenbahnerstreik unter einem sozial-
demokratischen Verkehrsminister möglich wäre? Sir
Walter Citrine, Philipp Murraj sowie John Lewis
wußten, warum sie nie Parlamentarier waren.
Zwanzig Cent Stundenlohnerhöhung für den Kum-
pel erreichen, dünkten ihnen wichtiger als Soziali-
sierung.
Nun flammte die Lampe auf. Wieder steckte ich
meine Nase über die Zeilen. Wir befassen uns
grundsätzlich nicht mit Parteipolitik. Die Gewerk-
schaften sind parteipolitisch neutral, daran wird
wohl kaum ein Mensch einen Zweifel haben. Aber,
wie gesagt, ich bin nur simpler Zeitungsleser.
A. Zech
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Der Simpl
Titel
Titel/Objekt
"Das Streikrecht"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1947
Entstehungsdatum (normiert)
1942 - 1952
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 2.1947, Nr. 19, S. 233.
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg