KOMPENSATION — KOMPENSATION K-F-Brust
SIMPELEIEN
Die Fußgänger wandeln oft wie Mondsüchtige
über die Straße; wenn sie angerufen werden,
benehmen sie sich wie aufgescheuchte Hühner,
sagte ein Münchner Verkehrsschutzmann. —
Fußgänger, die sich wie Mondsüchtige und auf-
gescheuchte Hühner benehmen: das ist ja
nackter Surrealismus mitten auf der Straße!
In Bronnzell bei Fulda vergnügten sich am
hellichten Tage zwei Krokodile spazierengehen-
derweise in den Straßen; sie waren einem Zoo-
Transport entsprungen. —- Man sollte Schlange-
Schöningen um Erlaubnis fragen, ob sie ge-
schlachtet und sonderzugeteilt werden dürfen.
Der ehemalige bayerische Staatsminister für
Sonderaufgaben, Alfred Loritz, dem als bisheri-
gem Untersuchungsgefangenen die seltenen Vor-
züge einer exquisiten Münchner Privatklinik
amtlich zugeteilt wurden, hat es vorgezogen,
sich selbst auf freien Fuß zu setzen (oder setzen
zu lassen?). — Je nachdem, ob er nun sein Be-
lastungsmaterial gegen gewisse Kreise ausnützt
oder nicht, werden wir erfahren können, wer
die Haustür der Klinik versehentlich offen ließ.
In Göttingen zeigen die Angestellten des Woh-
nungsamtes jeden Bestechungsversuch an. —
Ja, gibts denn dös a!
Der Schweizer Kurort Caux sah diesen Sommer
den Weltkongreß der Bewegung „Moralische
Wiederaufrüstung", die, wie es heißt, bereits
über 34 Millionen Anhänger verfügt. — Nach
erfolgreichem Abschluß der „moralischen Wie-
deraufrüstung", die gewiß noch einige Jahre in
Anspruch nehmen dürfte, wäre der nächstlie-
gende Gedanke, eine Weltbewegung für „ernäh-
rungsmäßige Wiederaufrüstung" ins Leben zu
rufen.
Bayern liefert zum diesjährigen Weihnachtsfest
nach den USA Spielwaren im Werte von einer
Million Dollar. — Für garantiert flüchtlings-
freie Ware sorgt Lallingers Kriminalinstitut
„Hund & Hammer".
Deutschland, Japan und Korea wurden einge-
laden, im November Beobachter zur Weltwirt-
schaftskonferenz zu entsenden. — Deutschland?
Welches von den vier Deutschlanden?
Kampfszenen für den russischen Film „Die
Schlacht von Stalingrad" werden, wie Tass mel-
det, an Ort und Stelle mit mehr als 40 000
Statisten gedreht. — 40 000 „vermißte" deutsche
Soldaten?
Der Maler Picasso hat ein symbolisches Stück
„Der Wunsch, beim Schwanz gepackt" geschrie-
ben. Hauptpersonen: Zwei kleine Hunde, die
zusammen einen großen ausmachen, die Fette
Angst, die Dürre Angst, die Runde Ecke, der
klobige Fuß, die Torte, das Schweigen und die
Vorhänge. — Weitere Vorschläge: Zwei schie-
lende Ohren, die zusammen ein linkes Knie
ausmachen, der Plattfuß, der Spreizfuß, der
hinkende Nabel, der Knoblauch und die Hinter-
treppe.
In den Straßen Innsbrucks pirschen sich Motor-
radfahrer von hinten an trachtenhuttragende
Personen heran, haschen griffig nach den Kopf-
bedeckungen und sausen grinsend davon. —
Ob, wenn die Köpfe abgegrast sind, auch die
Trachtenjacken und Trachtenhosen drankom-
men?
Die Staatliche Musikhochschule in Weimar bot
einem Pianisten als Monatsgage drei Pfund
Speck, die Schwerstarbeiterkarte, tausend Mark
Gehalt und eine pfundige Wohnung. Der Pianist
nahm an. — Arm. Goethe hat es seinerzeit nicht
unter einem Ministerposten gemacht.
Am Ohr der Zeil
Der Gott, der Eisen wachsen ließ,
Wollt keine Demontage.
Der Winter kommt, hat jemand Schi's?
Man braucht Zivilcourage.
Die KPD zeigt, wie man's macht.
Wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht.
Wer Pech anfaßt, wählt WAV.
Es rast die Steuerschraube.
Herr Gollancz sagt: save europe now.
Allein, mir fehlt der Glaube.
Im Westblock ist die Hochfinanz.
Der Untergang des Abendlands.
Seefahrt tut not. Der letzte Schrei.
Links müßt ihr steuern, Leute.
Der Feind steht rechts. Herr, mach uns frei.
Welch liebliches Geläute.
Herr Thomas Mann spricht heut aus Bern.
Von zeit und weit seh ich den Alten gern.
Für die DPs ist es jetzt Pflicht.
Mein Herr, Sie übertreiben.
Sie säen nicht, sie ernten nicht.
Das Reich muß uns doch bleiben.
Das Brauverbot ist immerhin.
Die Stelle, wo ich sterblich bin.
Und wenn die Welt voll Teufel wär.
In Wittstock an der Dosse.
Die SPD muß wieder her.
Wat heeßt denn hier Jenosse.
Die Axt im Haus ersetzt Demokratie.
Grau, teurer Freund, ist alle Amnestie.
Das Auge des Gesetzes stinkt zum Himmel.
Ans Vaterland, ans teure, schließ dich an.
Wem Gott ein Amt gibt, krümmt beizeiten . ..
Lümmel!
Wir Frauen sagen, es ist Not am Mann.
Die Staatsregierung hat die Macht.
Auch diese, schon geborsten, kann stürzen
über Nacht.
Verzage nicht, du Häuflein klein.
Der Friedensweg ist steinig.
Lieb Vaterland, magst ruhig sein.
Seid einig, einig, einig.
Der langen Rede kurzer Sinn.
Des Reiches Hauptstadt bleibt Berlin.
Alle Menschen werden Brüder.
Warte nur, bald ruhst auch du.
Ach, man will auch hier schon wieder.
Nicht so wie die CSU.
Wir hungern jetzt bei vollen Magazinen.
Und der Nazismus blüht aus den Ruinen.
Paneuropa meerumschlungen.
Was ihr wollt. Wie's euch gefällt.
Gebt uns Frieden. Helft den Jungen.
Über alles in der Welt.
Helft den Armen und Vertrieb'nen.
Weidmannsdank. Vom Unter schrieb'nen.
Heinz Hartivig
i x k i i! z i:
Um endlich wenigstens einen Teil der auf dem Schwar-
zen Markt befindlichen Butter einer gerechten Verteilung
zuzuführen, wurde von zuständigen Kreisen angeregt, daß
ab 107. Periode jeder Normalverbraucher bei Abholung
seiner Lebensmittelkarten ein halbes Kilo schwarz ge-
kaufte Butter bei der Kartenstelle abzuliefern hat. Es
könne dann damit gerechnet werden, daß ab 108. Periode
die Fettration für den Normalverbraucher von jetzt
150 g wieder auf 200 g erhöht wird.
DIE MITARBEITER DES HEFTES
soweit sie in den bisherigen Heften nicht verzeichnet
waren: Otto Kratz, 17. 2. 1906, München.
„DER SIMPL" erscheint im Monat zweimal
Bezugspreis im Vierteljahr RM 6.— zuzügl. 25 Pfg. Zustellgebühr.
Verlag „DER SIMPL" (Freitag-Verlag) München 23. Werneck-
straße 15a, Fernruf 362072, Postscheckkonto: München 37023. —
Herausgeber: Willi Ernst Freitag. — Red. M. Schrimpf. — Sprech-
stunden: Dienstag und Donnerstag von 9 bis 12 Uhr. — Für
unverlangt eingesandte Manuskripte und Zeichnungen wird keine
Gewähr übernommen. Rückporto ist beizulegen. — Druck: Süd-
deutscher Verlag, München 2, Sendlinger Straße 80. — Auflage:
50 000. — Copyright by Freitag-Verlag 1946. — Published under
Military Government Information Control License No. US-E-148.
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SIMPELEIEN
Die Fußgänger wandeln oft wie Mondsüchtige
über die Straße; wenn sie angerufen werden,
benehmen sie sich wie aufgescheuchte Hühner,
sagte ein Münchner Verkehrsschutzmann. —
Fußgänger, die sich wie Mondsüchtige und auf-
gescheuchte Hühner benehmen: das ist ja
nackter Surrealismus mitten auf der Straße!
In Bronnzell bei Fulda vergnügten sich am
hellichten Tage zwei Krokodile spazierengehen-
derweise in den Straßen; sie waren einem Zoo-
Transport entsprungen. —- Man sollte Schlange-
Schöningen um Erlaubnis fragen, ob sie ge-
schlachtet und sonderzugeteilt werden dürfen.
Der ehemalige bayerische Staatsminister für
Sonderaufgaben, Alfred Loritz, dem als bisheri-
gem Untersuchungsgefangenen die seltenen Vor-
züge einer exquisiten Münchner Privatklinik
amtlich zugeteilt wurden, hat es vorgezogen,
sich selbst auf freien Fuß zu setzen (oder setzen
zu lassen?). — Je nachdem, ob er nun sein Be-
lastungsmaterial gegen gewisse Kreise ausnützt
oder nicht, werden wir erfahren können, wer
die Haustür der Klinik versehentlich offen ließ.
In Göttingen zeigen die Angestellten des Woh-
nungsamtes jeden Bestechungsversuch an. —
Ja, gibts denn dös a!
Der Schweizer Kurort Caux sah diesen Sommer
den Weltkongreß der Bewegung „Moralische
Wiederaufrüstung", die, wie es heißt, bereits
über 34 Millionen Anhänger verfügt. — Nach
erfolgreichem Abschluß der „moralischen Wie-
deraufrüstung", die gewiß noch einige Jahre in
Anspruch nehmen dürfte, wäre der nächstlie-
gende Gedanke, eine Weltbewegung für „ernäh-
rungsmäßige Wiederaufrüstung" ins Leben zu
rufen.
Bayern liefert zum diesjährigen Weihnachtsfest
nach den USA Spielwaren im Werte von einer
Million Dollar. — Für garantiert flüchtlings-
freie Ware sorgt Lallingers Kriminalinstitut
„Hund & Hammer".
Deutschland, Japan und Korea wurden einge-
laden, im November Beobachter zur Weltwirt-
schaftskonferenz zu entsenden. — Deutschland?
Welches von den vier Deutschlanden?
Kampfszenen für den russischen Film „Die
Schlacht von Stalingrad" werden, wie Tass mel-
det, an Ort und Stelle mit mehr als 40 000
Statisten gedreht. — 40 000 „vermißte" deutsche
Soldaten?
Der Maler Picasso hat ein symbolisches Stück
„Der Wunsch, beim Schwanz gepackt" geschrie-
ben. Hauptpersonen: Zwei kleine Hunde, die
zusammen einen großen ausmachen, die Fette
Angst, die Dürre Angst, die Runde Ecke, der
klobige Fuß, die Torte, das Schweigen und die
Vorhänge. — Weitere Vorschläge: Zwei schie-
lende Ohren, die zusammen ein linkes Knie
ausmachen, der Plattfuß, der Spreizfuß, der
hinkende Nabel, der Knoblauch und die Hinter-
treppe.
In den Straßen Innsbrucks pirschen sich Motor-
radfahrer von hinten an trachtenhuttragende
Personen heran, haschen griffig nach den Kopf-
bedeckungen und sausen grinsend davon. —
Ob, wenn die Köpfe abgegrast sind, auch die
Trachtenjacken und Trachtenhosen drankom-
men?
Die Staatliche Musikhochschule in Weimar bot
einem Pianisten als Monatsgage drei Pfund
Speck, die Schwerstarbeiterkarte, tausend Mark
Gehalt und eine pfundige Wohnung. Der Pianist
nahm an. — Arm. Goethe hat es seinerzeit nicht
unter einem Ministerposten gemacht.
Am Ohr der Zeil
Der Gott, der Eisen wachsen ließ,
Wollt keine Demontage.
Der Winter kommt, hat jemand Schi's?
Man braucht Zivilcourage.
Die KPD zeigt, wie man's macht.
Wenn sie der Mensch bezähmt, bewacht.
Wer Pech anfaßt, wählt WAV.
Es rast die Steuerschraube.
Herr Gollancz sagt: save europe now.
Allein, mir fehlt der Glaube.
Im Westblock ist die Hochfinanz.
Der Untergang des Abendlands.
Seefahrt tut not. Der letzte Schrei.
Links müßt ihr steuern, Leute.
Der Feind steht rechts. Herr, mach uns frei.
Welch liebliches Geläute.
Herr Thomas Mann spricht heut aus Bern.
Von zeit und weit seh ich den Alten gern.
Für die DPs ist es jetzt Pflicht.
Mein Herr, Sie übertreiben.
Sie säen nicht, sie ernten nicht.
Das Reich muß uns doch bleiben.
Das Brauverbot ist immerhin.
Die Stelle, wo ich sterblich bin.
Und wenn die Welt voll Teufel wär.
In Wittstock an der Dosse.
Die SPD muß wieder her.
Wat heeßt denn hier Jenosse.
Die Axt im Haus ersetzt Demokratie.
Grau, teurer Freund, ist alle Amnestie.
Das Auge des Gesetzes stinkt zum Himmel.
Ans Vaterland, ans teure, schließ dich an.
Wem Gott ein Amt gibt, krümmt beizeiten . ..
Lümmel!
Wir Frauen sagen, es ist Not am Mann.
Die Staatsregierung hat die Macht.
Auch diese, schon geborsten, kann stürzen
über Nacht.
Verzage nicht, du Häuflein klein.
Der Friedensweg ist steinig.
Lieb Vaterland, magst ruhig sein.
Seid einig, einig, einig.
Der langen Rede kurzer Sinn.
Des Reiches Hauptstadt bleibt Berlin.
Alle Menschen werden Brüder.
Warte nur, bald ruhst auch du.
Ach, man will auch hier schon wieder.
Nicht so wie die CSU.
Wir hungern jetzt bei vollen Magazinen.
Und der Nazismus blüht aus den Ruinen.
Paneuropa meerumschlungen.
Was ihr wollt. Wie's euch gefällt.
Gebt uns Frieden. Helft den Jungen.
Über alles in der Welt.
Helft den Armen und Vertrieb'nen.
Weidmannsdank. Vom Unter schrieb'nen.
Heinz Hartivig
i x k i i! z i:
Um endlich wenigstens einen Teil der auf dem Schwar-
zen Markt befindlichen Butter einer gerechten Verteilung
zuzuführen, wurde von zuständigen Kreisen angeregt, daß
ab 107. Periode jeder Normalverbraucher bei Abholung
seiner Lebensmittelkarten ein halbes Kilo schwarz ge-
kaufte Butter bei der Kartenstelle abzuliefern hat. Es
könne dann damit gerechnet werden, daß ab 108. Periode
die Fettration für den Normalverbraucher von jetzt
150 g wieder auf 200 g erhöht wird.
DIE MITARBEITER DES HEFTES
soweit sie in den bisherigen Heften nicht verzeichnet
waren: Otto Kratz, 17. 2. 1906, München.
„DER SIMPL" erscheint im Monat zweimal
Bezugspreis im Vierteljahr RM 6.— zuzügl. 25 Pfg. Zustellgebühr.
Verlag „DER SIMPL" (Freitag-Verlag) München 23. Werneck-
straße 15a, Fernruf 362072, Postscheckkonto: München 37023. —
Herausgeber: Willi Ernst Freitag. — Red. M. Schrimpf. — Sprech-
stunden: Dienstag und Donnerstag von 9 bis 12 Uhr. — Für
unverlangt eingesandte Manuskripte und Zeichnungen wird keine
Gewähr übernommen. Rückporto ist beizulegen. — Druck: Süd-
deutscher Verlag, München 2, Sendlinger Straße 80. — Auflage:
50 000. — Copyright by Freitag-Verlag 1946. — Published under
Military Government Information Control License No. US-E-148.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Der Simpl
Titel
Titel/Objekt
"Kompensation - Kompensation" "Simpeleien"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsdatum
um 1947
Entstehungsdatum (normiert)
1942 - 1952
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 2.1947, Nr. 19, S. 236.
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg