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H. Huth: MIT DEN AUGEN DES ERNÄHRUNGSMINISTERS

SIMPELEIEN

In Altdorf bei Nürnberg legten die Angestellten des
Landrats-, Wirtschafts- und - Bürgermeisteramtes beim
Streik im Uebereifer bereits einen Tag zu früh die
Arbeit nieder. — Erfreulich immerhin, daß bei diesen
Stellen überhaupt ein Uebereifer möglich ist.

(SZ) Ein Kraftfahrer, der im betrunkenen Zustand ein
amerikanisches Fahrzeug entwendet hatte, wollte In die-
sem auf der Theresienwiese eine Frau vergewaltigen. —
Vermutlich hat es gerade geregnet.

Der Oberbürgermeister von 'München Dr. h. c. Karl
Scharnagl ließ es sich nicht nehmen, über dem Grabe
Karl Valentins keine Rede zu halten. — Vermutlich
hat ihm die Gegenwart des protestantischen Pfarrers
die katholische Stimme verschlagen.

Ein Bauer in der englischen Grafschaft Ffamshire hat
die beste Milchkuh der Welt. Sie hat in 329 Tagen
19 000 Liter Milch gegeben. Grund? Die Kuh bekommt

täglich zwei Liter dunkles Starkbier, sagt der Bauer. —
Höchste Zeit, das bayerische- Brauverbot schleunigst auf-
zuheben.

Laut DENA stellte ein Beamter der Militärregierung in
Hessen fest, daß in diesem Lande 34 000 Morgen Land
neu entdeckt wurden. — Ursprünglich wollte man sie
wohl bis zur Währungreform horten.

Zum Leiter des RIAS wurde William F. Heimlich er-
nannt. (AP) — Warum diese Vorsicht, es steht ja nun
doch in der Zeitung.

„Die Ausstellung der jungen sowjetischen bildenden Kunst
hat die unerschöpflichen Möglichkeiten ihrer weiteren
Blüte und ihres Wachstums gezeigt, der Blüte und des
Wachstums der sozialistischen Kunst, der die Fäulnis,
die Zersetzung, der Verfall und die formalistischen Spie-
lereien der Kunst der überlebten kapitalistischen Welt
fremd sind." — Wie die Bezeichnung „sowjetisch" ver-
rät, wurde hier nicht der „Illustrierte Beobachter", son-
dern die „Illustrierte Rundschau" Berlin zitiert.

Ein verheirateter Mann aus
Buer (Rheinland) unterhielt
mehrere Verhältnisse zu an-
deren Frauen. Als dies nicht
ohne Folgen blieb, nahm er
sich das Leben, indem er
eine Sprengkapsel ver-
schluckte und sie zur Ent-
zündung brachte. — Feig-
ling.

In Amerika gibt es im Staate
Alabama einen Gouverneur,
dessen Erfolg bei den Wah-
len von 1946 nach UP darin
bestand, daß er möglichst
viele Wählerinnen küßte.
Jetzt will er sogar als demo-
kratischer Präsidentschafts-
kandidat nominieren. — Der
Mann hat Ausdauer.

Innerhalb des Frankfurter Friedensverbandes soll ein
„Gandhibund" gebildet werden, um die Ehrfurcht vor
dem Leben und aktiven Widerstand gegen alles macht-
technische Denken wachzuhalten. — So möchte man
durch freiwilliges Fasten das wachhalten, was durch
unfreiwilliges Fasten eingeschlafen ist.

Auf der Einladung zur Hauptversammlung der Sekt-
kellerei Kupferberg wurde, nach Dena, mitgeteilt, daß
man „zum erstenmal seit vielen Jahrzehnten" nicht in
der Lage sei, den Aktionären die übliche „Kostprobe"
vorzusetzen, da die französische Militärregierung einen
diesbezüglichen Antrag abgelehnt habe. — Vielleicht
hätte man die Militärregierung auch einladen sollen. . .

(S£) Verwurstet soll Hundefleisch im Geschmack eine
starke Aehnlichkeit mit Schweinernem haben, geht aus
dem Tätigkeitsbericht des städtischen Schlachthofes Passau
hervor. — Ueber diese Tätigkeit sollte man doch besser
nicht berichten.

Inserat der Bayernpartei in
der „Isarpost": „Mitglieder-
versammlung . . . Um zahl-
reiches Erscheinen wird ge-
beten. Mitglieder zur Neu-
aufnahme wollen mitgebracht
werden". — Wenn Sie wol-
len, soll man sie nicht dran
hindern.

Dr. Baumgartner schloß eine
Rede mit dem Hinweis, daß
die Bayernpartei keine Ver-
sprechungen geben würde, da
man heute nichts versprechen
könne. — Aber dazu braucht
man doch keine neue Partei.

E X1STENZI ALI SMU S

Angstgepeinigt, abgrundtief

Der Mensch in seinen Nöten rief,

Bis der Existenzialist

— Weil er überlegen ist —

Dies erkannte.

Und er nannte

Solches Leben

Ja, nun eben:

Existenz.

VORLESUNG ÜBER DAS FEUILLETON

Jene Ecke in einer Zeitung, welche niemand liest,
heißt das Feuilleton. Man hält aber an ihm fest,
und das ist gut so, existieren doch auch andere
Einrichtungen, die keinen erkennbaren Zweck
haben, wie Wirtschaftsrat und Landtage.

Wenn ein Redakteur einen Artikel hat, von dem
er meint, daß es ein Artikel ist — und er weiß
nicht wohin damit, dann gehört die Arbeit ins
Feuilleton. Und so liest man denn gebannt die
ersten drei Zeilen von oder über den bekannten
Aegyptologen und klassischen Bibliophilen Jere-
mias Kukurowski (Professor Dr. Dr. h. c.) — oder
wie das Lämmerschwänzchen heißen mag, denn
außer dem „Betroffenen" als „Hauptschuldigen"
liest ja sonst den Artikel doch niemand zu Ende.
Das liegt an dem Grundsatz der deutschen Kul-
tur: Je langweiliger irgendetwas ist — ein Essay,
ein Theaterstück, eine Sinfonie —, um so höher
ist nach dem ungesunden Volksempflnden der
preisstopgenehmigte „Bildungswert".

Minderwertige Blätter bringen hin und wieder
eine „Witzecke", Blätter „von Rang" kompensie-
ren dafür gelegentlich mit einer Kurzgeschichte,
von der sie glauben, daß sie von Sostschenko sei.
Aber auch das tun sie nur in Schaltjahren, da-
mit um Himmels willen „das" Blatt nicht in Ver-
ruf gerate, daß es witzig sei. Witz ist in Frank-
reich eine Frage des Geistes, in angelsächsischen
Ländern eine Lebensnotwendigkeit und in
Deutschland ein Zeichen von Unbildung.

Auch findet man Theaterkritiken daselbst. Ein
Rezensent ist ein freikartenversehenes, zeilen-
gelderhaltendes Lebewesen, das anderer Meinung
Ist. Er ist der Spruchkammervorsitzende der
Musen von Bühne und Film und daher von
enormer Sachkenntnis. Künstler, die die Blätter
lesen, die er sich nicht vor den Mund nimmt,
steigern sich in der Erinnerung daran in einen
schönen pathetischen Zorn, der auf der Bühne
nur bei Schiller, nicht aber bei Johann Wolfgang
Wilder und anderen modernen Autoren am Platze
ist, was der Kritikus mit Recht moniert und wo-
durch sich der Kreislauf schließt.

Atomtheorie, Existentialismus und anderer Kür-
bismus wirken auch in den Spalten des Feuille-
tons, allerdings weniger inhaltlich als dekorativ
und verheerend. Auch manches andere wird in
diesen Spalten gespalten.

So empfängt der Abonnent das herrliche Gefühl,
mit Dingen, die die Welt bewegen, in Zusam-
menhang gebracht zu werden, und einen tiefen
Eindruck von dem universellen Bildungsgrad
des Feuilletonredakteurs, und seiner raffinierten
Technik, aus zehn Zeilen Brockhaus fünf Spalten
Kokolores zu machen.

O jerum, jerum —. G. W. Borth

DIE MITARBEITER DES HEFTES

soweit sie in den bisherigen Heften noch nicht ver-
zeichnet waren: Helma Flessa, 14.3.80, Ingolstadt;
Dr. Heinrich Frieling, 27. 12. 10, Chemnitz; Dr. Arnold
Hille, 18. 8. 92, Bad Sulza; Liesl Murr, 11. 8. 1900, Mün-
chen; Karl Kuba, Daten folgen.

„DER SIMPL" erscheint im Monat zweimal

Bezugspreis im Vierteljahr RM 6.— zuzügl. 25 Pfg. Zustellgebühr.
Verlag „Der SIMPL" (Freitag-Verlag), München 23, Werneckstr. 15a,
Fernruf 362072. Postscheckkonto: Der SIMPL, München Nr. 91999.—
Herausgeber: Willi Ernst Freitag. — Red. M. Schrimpf.— Sprech-
stunden: Dienstag und Donnerstag von 9 bis 12 Uhr. — Für
unverlangt eingesandte Manuskripte und Zeichnungen wird keine
Gewähr übernommen. Freiumschlag Ist beizulegen. — Druck: Süd-
deutscher Verlag GmbH., München 2, Sendlinger Str. SO. — Auflage:
50 000. — Copyright by Freitag-Verlag 1946. — Published under
Military Government Information Control License No. US-E-148.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Mit den Augen des Ernährungsministers" "Simpeleien"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Huth, Helmuth
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
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Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 3.1948, Nr. 4, S. 44.

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