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KONSTRUKTIVER VORSCHLAG

H. Huth

Gleich außerhalb des Burgfriedens von München,
mit der Straßenbahn bequem zu erreichen, liegt
der Ort Großhesselohe. Heimatliche Geschichts-
forschung lehrt uns, daß dortselbst vor vielen
Jahrhunderten ein gewisser HASSILO, oder
THASSILO, einen Einödhof bewirtschaftete. Die-
ses Gehöft lag auf einer Waldlichtung, die jener
Bajuware ausgerodet hatte, einer „Lohe", wie
man damals zu sagen pflegte, weshalb sein Sitz
eben Hassilohe genannt wurde.
Das alles liegt furchtbar weit zurück, man kann
gar nicht sagen, wie weit. Es wäre ein leichtes,
eine Tausendjahrfeier dieses Adalinghofes zu
inszenieren, wenn man genau wüßte, wo er
eigentlich lag, wenn es Urkunden oder Abbil-
dungen gäbe, die auf ihn Bezug nähmen, und
wenn man überhaupt wüßte, warum. Ein Anlaß
hierfür ist momentan. nicht vorhanden. Mit
einigem gutem Willen ließe sich aber ein solcher
schon noch finden. Es käme nur darauf ah, die
entsprechenden Interessentengruppen aufzu-
suchen und ihnen die Sache plausibel zu machen.
Denn Jubiläen, Erinnerungsfeiern, Zentenarfest-
lichkeiten aller Art gehören mit zu den besten
Mitteln, um das Volk von schädlichem Nach-
denken über das Geschehene abzuhalten. Es muß
einmal wieder etwas getan werden in dieser Hin-
sicht. Wir haben schon allzu lange pausiert. Ver-
anstaltungen, welche Urväterzeit der Volksseele
nahebringen, gewöhnen den durch die Ereig-
nisse der letzten 15 Jahre etwas erschütterten
Geist am trefflichsten daran, daß die Zustände,
die zum Kommen der Hitlerei führten, wieder-
hergestellt werden müssen. Wenn man sich auch
hütet, es offen einzugestehen, letzten Endes ist
sich doch alles darüber einig, daß dies das
eigentliche Ziel dessen sein muß, was jnan so
gemeiniglich unter demokratischem Wieder-
aufbau versteht. Wohlgemerkt: WIEDERaufbau,
nicht Aufbau schlechthin! Das, was war, wird
WIEDERaufgebaut, damit nicht etwa Neues, Un-
gewohntes, Beängstigendes auf den Trümmern
des alten entstehe. Sonst hätte ja schließlich der
ganze Krieg und seine Vorgeschichte zu etwas
geführt und das Fundament der alten Weltord-
nung „Wer hat, der kann" möchte leicht bröcke-
lig werden ... Pfui Deibel! Was für ein Ge-
danke! Zurück also zum alten!
Wie wäre es, wenn jener Hassilo in noch ent-
fernterer Vorzeit gelebt hätte und wenn er in
aschgrauen Pergamenten HUSSULUH genannt
worden wäre? Je weiter ein Familien- oder
Ortsname ins Altertum zurückgeht, desto öfter
kommt in ihm der Buchstabe „u" vor, vorzugs-
weise mit einem accent circonflex darauf. Im
Mittelalter hieß der Ort Groß-Hassiloha, in der
Zeit der Römerbesetzung hätte er sicherlich
Grusshussuluhu geheißen. Feiern wir also ge-
trost die 1600-Jahr-Feier von Grüzzhüzzülühü!
Können wir nicht eine Abtei dort entstanden
sein lassen? Ohne Zweifel wurde irw soundso-
vieltesten Jahrhundert ein gewisser Graf Kon-
rad oder Hruodperacht in der dortigen Gegend
von einem Unfall errettet. Und DEM sollen wir
heute gleichgültig gegenüberstehen? Welche Bar-
barei! Namentlich in Anbetracht dessen, daß in
der Renaissance sehr wohl eine Bibliothek dort
angesammelt worden sein könnte, die den ersten
im damaligen Europa würdig an die Seite zu
stellen gewesen wäre, wenn sie existiert hätte.
Ist es anzunehmen, daß die großen Gestalten der
Geschichte achtlos an der Existenz von Grüzz-
hüzzülühü vorbeigegangen wären? Mit nichten!
Ueber allem Zweifel erhaben steht fest, daß sie
dem einzigartigen Kulturzentrum des Isartales,
wäre es zu einem solchen geworden, zahlreiche
Besuche abgestattet hätten. Wie gerne wohl
würden sie ein Plauderstündchen bei einem
Becher Weines mit dem hochgelahrten Abt
HUOBAR verbracht haben, wenn es tatsächlich
einen gegeben hätte und wenn dieser guten
Wein gehabt hätte und wenn er HUOBAR ge-
heißen hätte, was wohl als die alte Form des

ZWEI BRIEFE

Erster Brief. Abgesandt aus Carmel, Californien,
USA, am 4. Februar 6.30 p.m. Angekommen in
München am 9. Februar 10.30 a.m.

Zweiter Brief. In einen Postkasten im Bereich
des Postamtes München 27 versenkt am 4. Februar
8.30 a.m. Angekommen in einer anderen Straße
im Bereich des Postamtes München 27 am
10. Februar 10.30 a.m.

NS. Dieses besagt nicht das Geringste gegen das
Postamt München 27. Von sämtlichen anderen
Münchener Postämtern liegen gleiche Erlebnisse
vor. g.

heute über ganz Bayern verbreiteten Familien-
namens HUBER anzusehen gewesen wäre ..

Man sieht, gar vieles würde der altehrwürdige
Bau in diesen 1600 Jahren erlebt haben, wenn
er seinerzeit errichtet worden wäre. Ja, vielleicht
stünde er auch heute gar nicht mehr, sondern
wäre 1705 von den Oesterreichern unter Gene-
ral Kriechbaum oder noch später von noch an-
deren unter noch jemandem anderen zerstört
worden! Zerstört, von der Erde weggefegt, radi-
kal zum Verschwinden gebracht, — wer weiß?!
Dann wäre aber immer noch der Grund vor-
handen, auf dem jenes einzigartige Kulturmonu-
ment gestanden haben könnte. Und — dies gilt
es festzuhalten! — der ist auch noch heute da!
Wer will dies abstreiten? Daran wollen wir uns
halten, nachdem wir so den Boden der Reali-
täten erreicht haben.

Niemand außer schnöden, landfremden Mate-
rialisten kann uns ob unseres löblichen Vor-
habens auslachen. Auf, laßt uns das 1600jährige
Bestehen des Grund und Bodens feiern, auf dem
in grauer Vorzeit eine Abtei gegründet hätte
werden können, wenn jemand das nötige Geld
hierzu und das nötige Interesse daran aufgebracht
hätte ...! An jener Stelle, die wir an einen land-
schaftlich reizvoll gelegenen Punkt verlegen
werden, werden wir mehrere schlichte Kränze
niederlegen, werden wir Chorgesänge anstim-
men und farbenprächtige Tänze aufführen las-
sen. Schuhplattler und Trachtenvereine werden
aufziehen, die Oeffentlichkeit wird durch Presse
und Rundfunk genorig befuhrwerkt, und ein
jeder wird das konstruktive Gefühl in sich er-
starken fühlen: „'s ist wieder so worden, wie's
ehedem war." Und überall wird unser Leib-
liedlein erschallen:

„Alter Sinn und alte Weise —

Wir drehen uns immer wieder im Kreise ..."

O heißgeliebte Monarchie! O du heißgeliebte all-
gemeine Militärdienstpflicht! Vielleicht gelangen
wir auf weiten Umwegen schließlich doch wie-
der zu dir! Walter F. Kloeck

LAXDSKK bleibt LANDSKK!

Einige deutsche Feldmarschälle und Generale glaubten
zumindest ab 20. Juli 1944 nicht mehr an die Parole
Hitlers „Dieser Krieg muß zum glorreichsten Sieg der deut-
schen Geschichte werden". Sie -schlugen wider ihren
obersten Kriegsherrn los; wegen Hochverrats endeten sie
grausam am Schaukelgalgen. Die Hinterbliebenen werden
aber, wie Dr. Auerbach am 23. Fobruar 1948 dem Land-
tag versicherte, besonders betreut.

„Dieser Krieg ist ein Gottesgericht und Gott wird den
in diesem Ringen vernichten, der es verdient", hallte es
im März 1941 vor der Ehrenwache in Berlin. Der Ab-
wehroffizier Dr. Josef Müller kannte aber das Urteil auf
Grund ausgezeichneter Beziehungen zum Statthalter
Christi in Rom schon 1939. Für seine versuchte Mit-
hilfe an der Urteilsbaschleunigung landete er wegen Hoch-
verrat vor dem Reichskriegsgericht in Berlin und im KZ
Buchenwald. Herr Dr. Müller gilt heute als eine gewich-
tige hochangesehene Persönlichkeit. Hätte man ihn im
KZ gehängt, würden seine Hinterbliebenen besonders
betreut.

Der Landser Adlmann folgte dem guten Beispiel und
warf im März 1945 die Knarre weg. Zwar reichlich spä-
ter als manche hohe Vorgesetzte,.aber immerhin noch früh
genug, um am 10. April 1945 durch kriegsgerichtliches
Urteil füsiliert zu werden. Die Witwe, bescheiden genug,
gab 1947 nur um die Hinterbliebenenrente ein. Die Lan-
desversicherungsanstalt Rheinland-Pfalz gab folgende
Antwort:

Ihrem Antrag vom 15. 4. 1947 auf Gewährung von
Hinterbliebenenversorgung kann nicht stattgegeben
werden. Gründe: Nach der Rundverfügung vom 12. 12.
1945 des Oberregierungspräsidium Hessen-Pfalz erhal-
ten Witwen und Waisen auf Antrag Witwen- und
Waisenrenten, wenn der Tod des Ehemanns die Folge
einer Wehrdienstbeschädigung ist. Der Tod ihres Man-
nes ist auf dem nach Kriegsrecht gefällten Spruch
wegen Fahnenflucht und nicht auf eine D.B. zurück-
zuführen. Den Hinterbliebenen kann daher keine
Hinterbliebenenversorgung gewährt werden.

I. A. gez. Dockendorif.

Man muß also in der Wehrmacht rotbastreiftc Hosen oder
geflochtene Achselstücke getragen haben, um als politisch
Verfolgter zu gelten. Dann fährt man vielleicht die Kin-
der im Sonderzug und Limousinen, auf Schweizer Schlös-
ser zur Erholung. Oder man mußte zumindest während
des Krieges im Sender BBC deutschen Soldaten die Aus-
sichtslosigkeit des Ringens einhämmern wie Herr Walde-
mar von Knöringen, um dann 1946 Ministerialreferent zu
werden. Man darf nur eines nicht gewesen sein, ein
dummer Landser. A. Z.

Als man bei uns noch viel von der „deutschen
Einheit" sprach, kümmerten sich die Länder-
regierungen nicht um den kleinen Wirtschafts-
rat in Minden.

Als man jedoch bei uns viel von „Föderalismus"
sprach, kümmerte sich der große Wirtschaftsrat
in Frankfurt schon nicht mehr um die Landes-
regierungen.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Als man bei uns noch viel von der "deutschen Einheit" sprach"
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Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschrift: Als man bei uns noch viel von der "deutschen Einheit" sprach, kümmerten sich die Länderregierungen nicht um den kleinen Wirtschaftsrat in Minden. // Als man jedoch bei uns viel von "Förderalismus" sprach, kümmerte sich der große Wirtschaftsrat in Frankfurt schon nicht mehr um die Länderregierung.

Maß-/Formatangaben

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Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Huth, Helmuth
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Der Simpl, 3.1948, Nr. 5, S. 55.

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