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M Radler
Ob Nazi oder nicht, auch der letzte Wähler wird von der CSU herausgefischt
DER GASZÄHLER
Ganz im Gegenteil: Behörden kön-
nen reizend sein. Können sogar sehr
reizend sein. Hier der Beweis.
Wie die Wohnungen heutzutage nun einmal beschaffen sind, müß Paul
seinen Gaszähler mit anderen Leuten teilen. Kommt ja öfters vor. Es
kam auch öfters vor, daß „sein" Gaszähler erheblich mehr Kubikmeter
anzeigte, als unter Androhung des Gasentzugs von den städtischen Gas-
werken erlaubt ist. Paul sagte, die anderen Leute seien dran schuld, die
anderen Leute meinten, nein, Paul sei der Schuldige. Der Gasmann
drückte erst ein Auge, dann alle beide zu. Schließlich wollte er von Ami-
Zigaretten nichts mehr wissen. Wurde dienstlich-korrekt. Grollte: Das
nächste Mal — wenn wieder — unweigerlich Sperre.
Paul ging ins Büro der städtischen Gaswerke. Erklärte einem Beamten
seinen Fall. Beteuerte so lebhaft seine Unschuld, daß er endlich selber
an seine Unschuld glaubte. Was soll ich denn nur machen? Und be-
antragte todesmutig einen eigenen Gaszähler.
Milde lächelnd hob der Beamte Augenbrauen, Schultern und Hände.
Nein, Gaszähler haben wir nicht. Haben wir überhaupt keine!
Aber das geht doch nicht so weiter! stöhnte Paul verzweifelt. Es muß
ein Gaszähler her.
Da gibt's nur noch eins, weichte der Beamte menschlich auf: Vielleicht
finden Sie in irgendeiner Ruine einen alten Gaszähler, den montieren Sie
ab und bringen ihn her. Dann wird er von uns repariert und dann krie-
gen Sie ihn.
Siehst du, sagte Paul im Hinausgehen laut zu seiner Frau, Behörden
können auch reizend sein. Können sogar sehr reizend sein.
Tagelang suchen sie auf Ruinenpfaden, die noch nie eines zivilisierten
Europäers Fuß betreten hatte, nach einem Gaszähler. Zwischen freischwe-
benden Heizkörpern und unerreichbaren Badewannen entdecken ihre gas-
geprüften Augen, was sie brauchen. Eine sorgfältig vorbereitete alpine
Kletterpartie bringt sie zu dämmeriger Stunde in den Besitz eines Gaszählers.
Am nächsten Tag triumphaler Einzug in die städtischen Gaswerke. Im
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M Radler
Ob Nazi oder nicht, auch der letzte Wähler wird von der CSU herausgefischt
DER GASZÄHLER
Ganz im Gegenteil: Behörden kön-
nen reizend sein. Können sogar sehr
reizend sein. Hier der Beweis.
Wie die Wohnungen heutzutage nun einmal beschaffen sind, müß Paul
seinen Gaszähler mit anderen Leuten teilen. Kommt ja öfters vor. Es
kam auch öfters vor, daß „sein" Gaszähler erheblich mehr Kubikmeter
anzeigte, als unter Androhung des Gasentzugs von den städtischen Gas-
werken erlaubt ist. Paul sagte, die anderen Leute seien dran schuld, die
anderen Leute meinten, nein, Paul sei der Schuldige. Der Gasmann
drückte erst ein Auge, dann alle beide zu. Schließlich wollte er von Ami-
Zigaretten nichts mehr wissen. Wurde dienstlich-korrekt. Grollte: Das
nächste Mal — wenn wieder — unweigerlich Sperre.
Paul ging ins Büro der städtischen Gaswerke. Erklärte einem Beamten
seinen Fall. Beteuerte so lebhaft seine Unschuld, daß er endlich selber
an seine Unschuld glaubte. Was soll ich denn nur machen? Und be-
antragte todesmutig einen eigenen Gaszähler.
Milde lächelnd hob der Beamte Augenbrauen, Schultern und Hände.
Nein, Gaszähler haben wir nicht. Haben wir überhaupt keine!
Aber das geht doch nicht so weiter! stöhnte Paul verzweifelt. Es muß
ein Gaszähler her.
Da gibt's nur noch eins, weichte der Beamte menschlich auf: Vielleicht
finden Sie in irgendeiner Ruine einen alten Gaszähler, den montieren Sie
ab und bringen ihn her. Dann wird er von uns repariert und dann krie-
gen Sie ihn.
Siehst du, sagte Paul im Hinausgehen laut zu seiner Frau, Behörden
können auch reizend sein. Können sogar sehr reizend sein.
Tagelang suchen sie auf Ruinenpfaden, die noch nie eines zivilisierten
Europäers Fuß betreten hatte, nach einem Gaszähler. Zwischen freischwe-
benden Heizkörpern und unerreichbaren Badewannen entdecken ihre gas-
geprüften Augen, was sie brauchen. Eine sorgfältig vorbereitete alpine
Kletterpartie bringt sie zu dämmeriger Stunde in den Besitz eines Gaszählers.
Am nächsten Tag triumphaler Einzug in die städtischen Gaswerke. Im
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Der Simpl
Titel
Titel/Objekt
"Ob Nazi oder nicht, auch der letzte Wähler wird von der CSU herausgefischt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Bildunterschrift: "Ob Nazi oder nicht, auch der letzte Wähler wird von der CSU herausgefischt"
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 3.1948, Nr. 8, S. 88.
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg