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Croissant

„Hab' ich dir nicht gesagt, du sollst die Dattelkerne nicht
immer aus dem Fenster spucken!"

\ V F KLAR V N ii

„Jetzt muaß i scho' amoi dumm frag'n, Vata; was is.'
denn a geistiger Arbeiter?"

„A geistiger Arbeiter? Dös is oaner, wo nix tuat, ein
sogenannter Schlawiner mit ausg'franste Hosen und a
Brill'n."

„Ja, bal er aber nix tuat, von was lebt er nacha?"
„Dös is' mir sauwurscht, von was so a ßazi lebt. Da
kunnt' ja i aa kemma und sag'n, daß i a geistiger Ar-
beiter bin, indem daß i fünfadzwanz'g Stunden im Tag
nachdenka muaß, was i für'n Zentner Butter vcrlanga
ko', damit ich konkurrenzfähig bleib'. 'Länger arbeit' ja
kaum a hoher Staatsbeamter. Und dabei hat dersell net
amoi a Risiko bei sei'm G'schäft, weil er sozusagen
legal mit seim G'hirn arbet'."

„Wann aber der geistige Arbeiter nix zum Leb'n hat,
muaß er ja verhungern?"

„So a Hallodri verhungert net, der is' scho' g'wohnt,
daß er nix zum Beißen hat. Und Überhaupts, i hab's
eahm ja net og'schafft, daß er geistig arbeit'. I bratich'n
net, i kann verzichten' auf eahm. Mit a schlechten Karten
in der Hand a Herz-Solo g'winna, dös hoaß i a geistige
Arbeit. Aber davon werd net g'redt. Warum net? I woaß
aa net, warum."

„Jetzt sagt ma, daß streika woll'n, die geistigen Arbeiter,

bal's koa Lebensmhtelzuala?e kria^'n Was is na-l-a?"

„Gar nix is. Da muaß ja i bloß lacha, wann do windigen

Brüada ihr' Arbeit ei'stell'n. Koa Mensch wcrd's merka

und bal's fuchz'g Jahr' lang streika."

„Und wia is' nacha dös, is' der Beamte aa a geistiger

Arbeiter?"

„Der hohe Staatsbeamte scho', indem der seil sechsa-
zwanz'g Stunden im Tag am Schreibtisch sitzt und scharf
nachdenka muaß. So was geht auf's Gehirn und wirkt
sich aus, bal er net a Trumm Schwartenmag'n im Schub-
ladl hat. Und wer wätte den Schaden davon? Das Volk.
Von so oam tut' ma's a scho' nach zwoa Jahr' merka,
daß er streikt." A. Wisbecfe

RONDELL

Einmal saß ich auf einer Bank, nahe dem Ufer eines
Flusses und malte mit dem Stock im Sande. Da
sagte jemand neben mir: „Was tust du da?" — Es
war ein ganz kleines Mädchen.
„Ich zeichne das Weltall auf", sagte ich, „in diesem
-Kreise liegt das Weltall. Siehst du: es ist sehr
klein."

„So, so", sagte das Mädchen, setzte sich neben
mich und schlenkerte mit den Beinen.
„Erzähle mir etwas", sagte sie dann.
„Ich weiß nichts."
" „Dann schenke mir etwas."
Ich wühlte in meinen Taschen umher; ich fand einen
Bonbon und gab ihn ihr. Sie lachte.
„Nein", sagte sie, „schenke mir dein Herz."
Sie beugte den Kopf zu mir herüber, so daß ihre
Locken mein Gesicht berührten. Ich wich ganz er-
schrocken zurück. Aber da sah ich: das kleine Mäd-
chen war eine schöne junge Dame.
„Wie ist das möglich?" stammelte ich.
Sie lachte äufreizend und kniff die Augen ein wenig
zusammen. Ich senkte verlegen den Blick. Dann aber
ärgerte ich mich über meine Schüchternheit: ich zog
sie an mich und küßte sie.

Nun schlug sie mir auf die Hand. Mehrere Vorüber-
gehende sahen uns belustigt an.
„Sie sind' wohl sehr einfältig", sagte sie, „ich
werde das meinem Manne berichten."
„Wie! Sie sind verheiratet?" rief ich erstaunt.
Indem kam ein sehr alter Mann, begrüßte die Dame
und blieb vor uns stehen. Die Dame erhob sich
mühsam, stützte sich auf ihren Stock und trippelte
mit dem Alten davon. — Sie war gerade so alt
wie er.

Ich aber sprang auf und stürzte mich verzweifelt in
den Fluß.

Hinter mir erscholl helles Gelächter. Ich sah zurück:
da stand das kleine Mädchen und winkte mit seinen
süßen Händchen.
Ich ertrank.--

Es muß alles seinen Sinn haben. H. ßreier

Ch. Singet: AFN-MUNICH SPIELT AUF

Sl ' V I Ii H I K #' ft A S Ti;\

Betrübter Exportkaufmann in Hannover. Sie haben
sich Ihre schlechten Geschäfte selber zuzuschreiben!
Wenn Sie ausgerechnet Waren herstellen, die auch
englische Firmer, erzeugen und absetzen wollen, kön-
nen Sie natürlich nicht damit rechnen, daß Ihre
Exportaufträge genehmigt werden!

Erziehungsaktion'' Nein, wir glauben nicht, daß das
Einsammeln der Eier beim Erzeuger und das Ein-
, lagern in den Sammelstellen bis zum Verderb nur aus
erzieherischen Gründen erfolgt, um die Ablieferungs-
freudigkeit des Bauern zu erhalten! Obwohl die Heran-
bildung neuer Erzeuger durch Einbeziehung der nicht-
landwirtschaftlichen Hühnerhalter, die ihre Hühner
von eigenen Abfällen füttern, darauf hindeuten würde.
Doch handeln die Frankfurter Ernährungsbehörden
vollkommen planmäßig: Eier können eben erst ver-
teilt werden, wenn die Ausgabe gleichzeitig in der
ganzen Bizone erfolgen kann. Wenn sie darüber stin-
kig werden, so liegt die Schuld an jener geringen
Widerstandskraft der Eier gegen Fäulnisbakterien, die
man geradezu als Sabotagefreude bezeichnen möchte
Ein deutsches demokratisches E'i wird nicht stinkig,
ehe es ordnungsgemäß gebucht, verplant und ver-
bürokratisiert ist! /

Papierschnur in den Schuhen. Nachdem es Ihnen trotz
jahrelangen Bemühungen nicht gelungen ist, ein paar
Schuhbändel zu bekommen, diese aber bei den Groß-
händlern gestapelt werden, so raten wir Ihnen: warten
Sie auf die nächste Währungsreform. Dann brauchen Sie
auch nicht mehr lange auf die Schuhbändel zu warten.

Häßliche Propaganda. Warum entrüsten Sie sich, daß
die Parteien während des WahlkaVnpfes sich gegen-
seitig die Plakate überklebten und auch jetzt noch
versuchen, sich auf Kosten der Gegner herauszustrei-
chen? Das ist ein altes schönes Brauchtum: schon die
Pharaonen haben mit Vorliebe all die säuberlich ein-
gemeißelten Inschriften ihrer Vorgänger herunter-
hauen und dafür ihre eigenen Vorzüge und Taten in,
wie sie meinten, unvergänglichen Hieroglyphen ver-
künden lassen. Bis der nächste kam und die Preis-
lieder wieder abmontierte

Aufmerksamer Leser in Heidelberg. Die offizielle
Aussprach? lautet U-EN-Sicherheitsrat. doch könnte
tatsächlich im Hinblick auf Palästina eine Verkürzung
in „Unsicherheitsrat'* leicht Fuß fassen.

Wie ist's mit dem Markenrücklau)? t,in woi.iaurc./-
dachtes Gesetz des Rücklaufs beherrscht die meisten
staatlich gelenkten Sparten unseres Lebens. Mit den
Marken ist es, wie u. a. das Beispiel der Stadt Olden-
burg gezeigt hat, so, daß nur dorthin Ware geliefert
werden kann, woher Marken vorgeliefert werden.
Nachdem die Einwohner Oldenburgs wochenlang kein
Fleisch bekamen und ihre Marken teils verfallen las-
sen, teils in Nachbarorten einlösen mußten, bekommt
Oldenburg auch jetzt kein Fleisch geliefert, nicht
aus Fleisch-, sondern aus Fleischmarken-Mangel! Das
Fleisch fließt in die schon vorher besser belieferten
Gebiete, aus denen fleißig die eingelösten Marken in
den Rücklauf kommen. Getreu dem Grundsatz: wo
was ist. kommt noch was dazu!

Verpö?ite Grünanlagen! Diktatoren haben bekanntlicn
zumeist einen Haß auf alles Grüne, da die Natur
ihrem Streben nach gewalttätiger Ausrichtung meist
recht unzugänglich ist. Der Münchner Hofgarten, die
einst weltberühmte Erholungsstätte der staubgequäl-
ten Großstädter, war darum schon seinerzeit in den
Hitlerschen Groß-Umbau-Plänen für München für völ-
lige Um- bzw. Weg-Gestaltung vorgesehen. Durch
vorzeitiges Bekanntgeben dieser Pläne wurde den
Münchnern eine der ganz seltenen Gelegenheiten ge-
geben, einmütig dem Terror der damaligen Bau-
Herrenschicht Widerstand entgegenzusetzen. Aus der
klugen Erkenntnis dieses Fehlers ihrer Vorgänger
haben die heutigen stark mit nördlichen Importen
durchsetzten Münchner Städtebauer sich in das für
solche Pläne schon notorische Schweigen gehüllt und
stillschweigend die „Umlegung" aller noch stehenden
Bäume im Interesse einer historisch-zukünftigen Um-
gestaltung verfügt. Die Enkel, für die diese Neuanlage
einst gedacht ist, ersticken inzwischen in den von
den schwitzenden Großmüttern verzweifelt im schat-
tenlosen „Garten" hin- und hergesehobenen Ersatz-
Wägelchen. Aber Schweigen (und Handeln) ist ja be-
kanntlich ein typisches Zeichen für unser demokra-
tisches Empfinden und zeigt den bekannten Respekt
vor den Wünschen des betroffenen Volkes.

Wo sind sie? Ja, at ch wir können Ihnen dieses Wun-
der nicht erklären, daß es Schulhefte bei Ihnen in
bescheidenem Maße immerhin noch gab, als sie durch
die Schulen verteilt wurden, und daß sie fast völlig
verschwunden sind, seit der mit Recht so beliebte
Einzelhandel eingeschaltet wurde

Zu viel Graben in der Vergangenheit? Warum machen
Sie die vielen Gedenk- und sonstigen Feiern für lang
zurückliegende Ereignisse und T^ten leicht nervös?
Sie wollen neue Taten und keine Gedächtnisreden?
Aber finden Sie es nicht sehr schön, daß jene, denen
so ziemlich alles mißlingt, sich aufrichten am Beispiel
anderer, denen doch hin und wieder etwas wenigstens
— halb gelungen ist? Zentenarfeiern werden vor allem
deshalb abgehalten, weil es derzeit so wenig zu feiern
gibt. Man legt Kränze nieder, ehrt die Toten und hat
das Gefühl, damit für die Lebenden bedeutsames ge-
>ei<;t-«t 7u haben.

Suchen Belastungszeugen f

in Spriichkammerverfalncn Adolf Hitler ^

Hohe Belohnung in neuer Währung je nach Ge-
wicht der Belastung, evtl. Care-Pakete.

Sicheres Geleit, zum Verhandlungsort und zurück,
kugelsichere Weste und Schutz vor Reportern
garantiert. '

Gegebenenfalls Krankenhauskosten bzw. Hintfer-
bliebcnenrente zugesichert, auch hrrichtung eines
Denkmals in der Heimatgemr-inde.

Zuschriften vertraulich an das Sonderliche Mini-
sterium, München.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"AFN-Munich spielt auf"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Kommentar
Signatur: Ch. Singer

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Croissant, Eugen
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 3.1948, Nr. 12, S. 140.

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