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Fr. Bilek: LASTENAUSGLEICH

AUFMÄRSCHE IM ROTATIONSVERFAHREN

Vielleicht irre ich mich: aber ich meine mich zu erinnern, daß früher Auf-
marschpläne aller Art seitens der beteiligten Generalstäbe furchtbar geheim-
gehalten worden sind. Greuliche Spionageprozesse mit Todesfolgc- haben
hin und wieder ein Zipfelchen des einen oder anderen Planes sehen lassen,
dann wurde rasch das Leichentuch militärischer Geheimnisse wieder drüber-
gezogen und der verratene Plan mit rasender Schnelle abgeändert. Ich weiß
nicht, ob seinerzeit in der „Römischen Wahrheit" schon vorher angekündigt
war, wann und wo Cäsar vermutlich den Rubikon überschritten, ob die
„Persischen Neuesten Nachrichten" die Insel Salamis schon frühzeitig als
Schauplatz einer gewaltigen Seeschlacht für das Jahr 480 ins Auge faßten,
ob die Redakteure der „New Macedonia Times" den Issus als bedeutende
Kampflinie in Alexander des Großen Feldzügen hin und her schoben oder
ob irn „Täglichen Cherusker" etwa der Teutoburger Wald als mögliches
Schlachtfeld gegen die Legionen des Varus täglich schraffiert oder gepünktelt
oder schwarz umrändert oder sonstwie hervorgehoben wurden. Wie gesagt,
ich weiß es nicht. Aber es wundert mich, mit welcher Offenheit alle Staats-
männet und Feldherren der derzeitigen Großmächte bereitwilligst sämt-
lichen Journalisten Einblick in ihre geheimsten strategischen Absichten zu
gewähren scheinen. Von Generalissimus Stalin bis General Eisenhower, von
Kriegsminister Shinwell bis König Abdullah von Transjordanien scheinen
alle nur ein Ziel zu haben: auf dem Weg über die Presse ihre militärischen
Geheimabsichten bekanntzugeben.

Diesen periodisch abwechselnden Veröffentlichungen entsprechend fühle ich
mich einen Tag als Ziel der ersten Aufmarsch!inie der Roten Armee, den
nächsten als geeigneten Platz für die Errichtung des ersten Atombomben-
vorhangs. Vom Niemandsland werde ich zum Glacis, vom Abflughafen
wandle ich mich in einen Brückenkopf, vom Stoßdämpfer werde ich zum
Auffangfeld, und wie in einer stürmischen Liebelei werde ich gehalten, auf-
gegeben, umkämpft, verlassen, von starken Armen umschlossen, von anderen
starken Armen entrissen, beschenkt, entblößt, dem Rivalen überlassen, wieder-
erobert und in Fetzen gerissen.

Die Zeitungen überbieten sich in Vorschlägen für die Gestaltung meiner
Zukunft, eines gesicherten Lebensabends sozusagen. Landkarten aller Größen
schließen mich ein, darin spitze Pfeile sich von allen Seiten in mich ein-
bohren: Spitze des russischen Hauptstoßes, Spitze der amerikanischen Luft-
offensive, Spitze des ersten Gegenstoßes, Spitze des Expansionsdranges nach
der Nordsee und so weiter. Rotationsmaschinen schieben Armeen hin und
her, Grenzen vor und zurück — ich bin bald Amerikas, bald Asiens Grenze,
werde verteidigt am Rhein, vor dem Rhein, hinterm Rhein, gebiete ein
„Halt an den Pyrenäen" oder werde durch einen „Griff über den Balkan"
mit erfaßt. Schwyzer Zeitungen bauen dazu noch eine schraffierte Abwehr-
front — vermutlich zwischen „Hühnchen ä la Riitli" und „Schokoladen-
bombe" — entlang den Alpen, wo die Schweizer Heimwehr jeden Eindring-
ling aufhalten wird.

Das Kriegsspiel hat alle Hirne erfaßt. Ein Plan ist immer besser als det
andere. Jeder stammt aus eingeweihten Kreisen. Der eine ist noch garniert
mit Pestbazillen, der andere mit Fernraketen, dieser mit Lungengas. jener
mit Fernkampfmitteln modernster Prägung. Menschen gibt es in diesen
Plänen keine. Mit Recht: diese störenden Erscheinungen werden ohnehin
rasch ausgerottet sein, wenigstens innerhalb der jeweils schraffierten Linien,-
Sie wissen schon, zwischen Rhein und Elbe, vielleicht — vielleicht aber auch
ein bißchen darüber hinaus.

Aber ich bin Optimist. Der nächste Krieg findet nämlich nach Aussage eines
berühmten französischen Hellsehers außerhalb der gewöhnlichen Schraffierung
statt, nämlich ausschließlich in der Arktis, im menschenarmen ewigen Eis.
Vielleicht aber könnte man ihn bei dieser Gelegenheit überhaupt und vor-
her noch — ganz auf Eis legen? Ejfi Horn

VERMISCHTE NACHRICHTEN

Von unserem Sonderkorrespondenten Vim

Bis zum Jahre 1950 hofft man, die Zahl der Rechtsanwälte in den Westzonen
so weit erhöhen zu können, daß auf höchstens zwei Einwohner ein Anwalt
trifft Den Einwand der Baubehörden, daß damit zuviel Wohnraum zweckent-
fremdet würde, wiesen die juristischen Beiufsorganisationen mit dem Hinweis
zurück, daß auch den zahlreichen praxislosen Aerzten außer dem Sprech-
zimmer ein eigener Raum zugestanden würde, darin sie auf Patienten warten,
die sog. Wartezimmer.

Ausländischen Meldungen nach demontieren die Franzosen in ihrer Be-
satzungszone ausschließlich im Interesse britischer Stellen während die Eng-
länder bei ihren Demontagen dem verständlichen französischen Wunsch nach
Sicherheit entgegenkommen. So wissen alle Beteiligten, auch nach Weg-
schatfung der letzten Schwarzwälder Uhren, was es geschlagen hat.

Der berühmte Münchner Maler Adolf Weichmann, ein Vertreter des starken
Arms in der Kunst, hat einen Ruf nach Berlin erhalten, an der Reinigung des
dortigen Kunstlebens von Begabten mitzuwirken Um den gewichtigen Münch-
ner Künstler jedoch der bayerischen Hauptstadt zu erhalten, hat das Kol-
legium der Bildenden Künste in geheimer Beratung beschlossen, die Berliner
Akademie geschlossen nach München zu überführen.

In bayerische Krankenhäuser wurden zahlreiche Fälle von Versitzungen ein-
geliefert. Untersuchungen haben ergeben, daß sie durch Genuß der in der
Bizone vornehmlich in Sülzenform verabreichten Nahrungsmittel der Fleisch-
und Fischgeschäfte entstanden sind Durch die Herstellung von Sülzen werden
das Gewicht der Nahrungsmittel und die Einnahmen des Herstellers verdrai-
bis verfünffacht.

Ein Opfer seines Berufs wurde der Zeitungshändler Valentin Grübel in N
Vor der plötzlich hereinbrechenden Flut der Neuerscheinungen konnte sich
det schon bejahrte Mann, der eine Beinprothese trägt, nicht mehr retten und
so ertrank er ehe seine Ehefrau durch Abbestellungen Hilfe leisten konnte,
im Meer neuer Sonntagszeitungen.

Beim Austrag der Fechtmeisterschaften vom letzten Halbjahr errang Wirt-
schaftsdirektor Dr. Erhard den großen Währungspreis in der Preisspiegel-
fechterei.

Als Geschädigte durch den Faschismus verlangte die Dienstmagd Bibiana S
anerkannt zu werden, da sie seinerzeit unter falschen Vorspiegelungen von
dem SS-Mann Horst-Gundolf W. ein Kind bekommen hätte Der Entscheid der
Behörden steht noch aus, das Staatskommissariat für Verfolgte hat vorsorg-
lich Beschwerde eingelegt.

Den wiederholten Bitten deutscher Regieruncrssteilen, die Besatzunaskosten
zu erhöhen, konnte bisher nur von den französischen Besatzungsbehörden ent-
sprochen werden.

Nach den guten Erfahrungen, die man im Kampf gegen das Analphabetentum
allenthalben mit der Einfühlung der allgemeinen Schulpflicht gemacht hat,
soll nunmehr die Konzertpflicht für Unmusikalische eingeführt werden, um
den mehr und mehr sich leerenden Konzertsälen neue Besucher zuzuführen.

Der Einwohner Korbinian R. aus Lauf an der Pegnitz, wo bekanntlich die
erste deutsche Abstimmung für oder gegen eine „Weltregierung" stattfand,
lehnte es ab. der „Weltbewegung für föderative Weltreqierung" seine Stimme
zu geben Der unbelehrbare Mann erklärte auf dem Marktplatz laut, solange
es eine Atombombe einerseits und eine Rote Armee anderseits gäbe, könnte

ihn der ganze Weltstaat am —--Dings, und so weiter Vergeblich suchte

ihm der Geschäftsführer der „Weltstaat-Liga" klarzumachen, daß sein, des
Korbinian R. Stimmzettel als Superwaffe des kleinen Mannes gewichtiger sei
als Superfestungen und Superpanzer.

Auf einer Tagung der Hortungsfachleute stellte der Vorsitzende, Handels-
spanneninhaber Leberecht Fürchtegott Töplle, fest, daß nunmehr der Augen-
blick der zweiten Hortung gekommen sei. Der Wahlspruch aller müsse lauten:
„Raus aus dem Schaufenster, zurück in die Ausweichlager!" wobei es nur ein
Endziel geben dürfte: Sitzen — Sitzen — Sitzenl (Auf den Sadiwerten, nicht
im Kittchenl D. Redaktion.)

„Sofort kommst du runter und ißt dein Weißkraut-'"

IM
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Titel

Titel/Objekt
"Lastenausgleich"
Weitere Titel/Paralleltitel
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Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Kommentar
Signatur: Krebs

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Bilek, Franziska
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

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Digitales Bild
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Der Simpl, 3.1948, Nr. 21, S. 242.

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