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T. Trepte

ICH SUCHE ARBEIT

Chefkontor mit großem Glasfenster. Diplomaten-
Schreibtisch mit großer Marmorplatte. Zwei Tele-
fone darauf und ein Radio mit eingebautem
Aschenbecher und Feuerzeug. Drei Klubsessel dar-
um herum. Vornehme Luft. Beschauliche Stille.
Chef: Arbeit wollen Sie haben, junger Mann?
Ich: Jawohl, Herr Generaldirektor. Wenn es nur
ein bescheidener Anfangsposten wäre.
Chef: Anfangsstellen haben wir nicht. "Was haben
Sie denn früher gearbeitet?
Ich: Textilbranche, Herr Generaldirektor.
Chef: Textil; hm, soso —

Ich: Ja, dann war ich auch in der Glasindustrie.
Chef: Glas; hm, soso —

Längere Stille. Blauer Rauch aus der Zigarre hin-
ter dem Schreibtisch. Dann der
Chef: Wissen Sie, junger Mann: Sie fangen zu oft
an. Sehen Sie mich: Ich habe in Ihrem Alter
Taschentücher hausiert. Ein Jahr später war Fah-
nentuch viel gefragt. Dann hatte ich Uniform-
stoffe; das war schon en gros. Nun, dann wurde
eben verdunkelt und man brauchte schwarze
Stoffe; so viel, wie man erst rote Stoffe ge-
brauchte.

Ich: Aber, Herr Generaldirektor —

Chef: Was aber, mein Lieber. Stoff und Tuch,

verstehen Sie; immer Stoff und Tuch, ja.

Ich: Aber, Herr Generaldirektor, daß ich vielleicht

nur in der Packabteilung —

Chef: Ach was, Packabteilung. Da habe ich übri-

gens Flüchtlinge drin. — Wissen Sie was? Können
Sie Kaffee besorgen? Nicht im Laden, verstehen
Sie? Na, Sie verstehen schon, nicht?
Ich: Jawohl, Herr Generaldirektor, vielleicht —
Chef: Na also! Handeln Sie Kaffee! Warum
denn arbeiten? Gehen Sie zu meiner Frau rüber;
wir brauchen jede Woche fünf Pfund. Meine drei
Abteilungsleiter ebenfalls; das sind zusammen
schon 20 Pfund. Verdienen Sie ruhig 2 Mark am
Pfund, dann haben Sie 40 Mark in der Woche;
schöne gute Mark, verstehen Sie? In der Pack-
abteilung könnte ich Ihnen nur 24 die Woche
geben. Nun?

Ich: Ja, schönen Dank, Herr Generaldirektor.
Chef: Keine Ursache, junger Mann. War mir ein
Vergnügen. Kenne das; kenne das. Vor drei
Monaten habe ich unsere Vorhänge aus der Fabrik
auch noch anders verkauft, verstehen Sie. Das
geht ja jetzt leider nicht mehr. Aber Kaffee,
Kaffee, das geht noch, verstehen Sie!
Ich: Danke schön, Herr Generaldirektor. Auf
Wiedersehen!

Wie ich die Treppe hinuntergehe, spüre ich immer
noch die Druckstellen von mindestens fünf schwe-
ren Brillantringen in meiner Hand. Als ich ihm
am nächsten Morgen den gewünschten Kaffee
bringen wollte, hatten ihm die Flüchtlinge aus der
Packabteilung bereits einen besorgt. Aber nächste
Woche sollte ich wiederkommen. /. Schöll

Pietät - VON KEN KASKA

Im Walde sang ein Vogel so schön;
aber wehe, ein Mensch hat's gehört und gesehn.
Er fängt sich den Vogel und sperrt ihn ein.
Es freut ihn ergötzlich: der Vogel ist sein.

Ab dato hat das Vieh nicht mehr gegessen.
Es hatte wohl sein Besteck vergessen.
Es hungerte, aß nicht mal Brot
und eines Morgens war es tot.

Der Mensch war bestürzt und könnt' es nicht fassen.

Er hat eine Messe lesen lassen.

Er hat es beerdigt mit allen Schikanen,

mit Kreuz, mit Gebeten und Trauerlianen.

Und alle Nachbarn haben gesehn:

wie edel ist doch der Mensch, wie schön

seine Seele, wie drückt ihn das Leid!

Und welch ein Zug von . . . Menschlichkeit:

SllUrL-nKi EFKA.» TEJM

Grüße des Papstes! Nein, direkt an die Bayernpartei
hat der Heilige Väter keine Grüße geschickt, sondern
nur indirekt, nämlich an das bayerische Volk, dem
sie durch Dr. Baumgartner übermittelt wurden. Es ist
dabei halt so zugegangen wie in der Geschichte von
dem Mann, der sagte: „Gestern hätt' ich beinah' dei-
nen Vater geseh'n — ich bin dem Dienstmann Num-
mer zehn begegnet und Dein Vater ist doch Dienst-
mann Nummer neun."

Warum Zukunftssorgen? Machen Sie doch einfach
einen jener zahlreichen Friseurläden auf, die an allen
Straßenecken wie Pilze aus der Erde schießen! Den-
ken Sie wie alle andern: Haare wird es immer geben,
und wenn sie den Leuten zu Berge stehen, bedürfen
sie erst recht der kundigen Hand des Fachmannes.
Schließlich können Sie auch die Haare, die manche
Geschäftsfrauen auf den Zahnen haben, mit einer kal-
ten Dauerwelle versehen.

Witwenpension. Sie finden, daß Sie mit Ihren paar
Mark im Monat schwer auskommen können und wun-
dern sich, daß Sie noch dazu 14 Mark jetzt abgezogen
bekommen von Ihrer Pension? Ja, jeder muß eben
mithelfen, die Staatskassen wieder flott zu machen, —
Sie, indem Sie Ihre Abzüge zahlen, der Herr Ziga-
rettenfabrikant Reemtsma, indem er seine D-Mark-
strafe absitzt und dafür 33 000 Mark pro Tag ange-
rechnet bekommt. Unterschied der Stände und der
Einkommen — muß sein!

Sparkasse in M. Ihr Plan ist sehr nübsch und zeigt
sowohl Wirklichkeitssmn als auch Gefühl für die Not
der Kunst! Nachdem auf Grund des letzten Währungs-
gesetzes, das nochmals Vi? der Fest-Sparkonten ge-
strichen hat. kein Mensch mehr was bei Ihnen ein-
legt, ist es wirklich an der Zeit, das Bild des letzten
Sparers festzuhalten, solange es noch Leute gibt, die
sich seiner erinnern. Für eine Plastik kommen nur
die Professoren Breker oder Thorak, die sich beide
soeben wieder auf gehaltvolles Miniaturformat be-
sinnen wollen, in Frage. Für ein Fresko empfehlen
wir Paul Padua, der vielleicht in Anlehnung an sei-
nen Schwan der Leda einen Schwanengesang der
Sparer" auf die feuchte Mauer werfen könnte!

Schon wieder Ernährung skr ise? Ganz recht, — alle
Jahre wieder kommt nicht nur das Christkind, son-
dern auch die Ernährungskrise. Schon wird sie mit
dem farbfrohen Pinsel unseres Ernährungsministers
an die Wand gemalt und schon reiben sich alle die
Hände, an denen noch die Aufschläge für den wacke-
ren Zwischenhandel kleben. Aber keine Angst: dies-
mal haben wir Rauchwaren, die bekanntlich den Hun-
ger vertreiben und das bekannte Sättigungsgefühl
der Nikotinbenutzer hervorrufen. Durch die Zeitun-
gen haben wir ja auch erfahren, daß kleinere Be-
stände von Amizigaretten frei verkauft werden dür-
fen — eine Mitteilung, die anscheinend vom Tag der
Währungsreform datiert, aber so lang liegen ge-
blieben ist.

Von altem Schrott und Korn! Ja, davon hört man
jetzt wieder viel, vor allem im Industriegebiet. Aber
Sie irren; wenn Sie Deutschland für einen Industrie-
staat halten: Deutschland ist Ausfuhrland für Roh-
produkte wie Holz, Kohle und Schrott und Importeur
von Fertigwaren wie Kleidung usw. Veredelt werden
sollen bei uns nur Geist und Sinnesart, nicht aber
Rohstoffe irgendwelcher Art, für deren Bearbeitung
auch das Ausland Interessenten und Arbeitekräfte
hat.

Untermieter gesucht. Wir verstehen Ihre Angst, ein
Ehepaar mit einem oder gar mehreren Kindern in
die Wohnung zu bekommen. Aber wir können Ihnen
einen Tip geben, der sich bei mehreren Vermietern
gut bewährt hat, suchen Sie sich vor den Türen des
Wohnungsamtes Aftermieter, die im Zeichen des
Skorpions oder des Krebses geboren sind. Beide Ty-
pen sind wenig nachkommenschaftsfreudig und kön-
nen daher als Mietpartei beinahe bedenkenlos aufge-
nommen werden.

DIE MITARBEITER DES HEFTES

soweit sie in den bisherigen Heften nicht verzeichnet waren'
Michael Schiff, 29.9.1925 in Kassel; August Schmitt, 17.4.1906
in Oberirubach; Dr. Maxim Ziese, 26. 6. 1901 in Griesheim bei
Darmstadt; Fritz Berkhahn, Marcel Frishmann, Hans Gebauhr.
Daten folgen.

„DER SIMPL" erscheint im Monat zweimal

Bezugspreis im Vierteljahr DM 3.— zuzügl. 25 Pfg. Zustellgebühr.
Verlag ,,DER SIMPL" (Freitag-Verlag), München 23, Werneck-
straße 15a. Fernruf: 362072. Postscheckkonto: DER SIMPL, Mün-
chen Nr. 91999. — Herausgeber: Willi Ernst Freitag. — Red.
M. Schrimpf. — Sprechstunden: Dienstag und Donnerstag von
9 bis 12 Uhr. — Für unverlangt eingesandte Manuskripte und
Zeichnungen wird keine Gewähr übernommen. Freiumschlag ist
beizulegen. — Anzeigen nach Preisliste 1 vom 1. 9. 1948. An-
zeigen-Verwaltung: Neue Haascnstcin & Vogler Gesellschaft für
Wirtschaftswerbung m.b.H., München 1, Roman-Mayr-Haus (Kiau-
fingerstr. 1/2J. — Klischees: Brend'amour, Simhart & Co., Gra-
phische Kunstanstalt, München. — Druck; Süddeutscher Verlag
GmbH., München 2, Sendlingcr Str. 80. — Auflage: 75 000. —
Copyright by Freitag-Verlag 1946. — Published under Military-
Government Information Control License No US-E-148.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Und eines Tages brach der Friede mit ungeahnter Gewalt aus .."
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Trepte, Toni
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Der Simpl, 3.1948, Nr. 21, S. 246.
 
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