SIMPL-BRIEFKASTEN
Zutiefst entrüstet... Sie haben durchaus recht, wenn
Sie als Mitglied einer christlichen Partei sich darüber
empören, daß Schaufensterpuppen in aller Öffentlichkeit
aus- und angezogen werden I Der abscheuliche Anblick
hölzerner Busen und rosabemalter Waden muß sowohl
der ahnungslos heranwachsenden Jugend wie jenen in
ihrer sittlichen Haltung schon wieder schwankend ge-
wordenen älteren Ehemännern erspart bleiben, die
immerzu nach den fleischlichen Vorbildern dieser höl-
zernen Attrappen ausspähen! Wenden Sie sich an Ihren
Fraktionsführer: vielleicht kann er erreichen, daß vor
den Schaufenstern zumindest eine abkühlende Brause in
Bewegung gesetzt wird, nachdem er ein Anhänger von
Kaltwasserkuren im Eheleben ist.
Wer will eigentlich Krieg? Niemand — alle wollen den
Frieden. Da aber jeder seinen besonderen Frieden möchte
und seine Friedensordnung diktieren will, muß man halt
•chauen, wie lange das gut geht. Denn es ist immerhin
im Bereich der Möglichkeit, daß versehentlich ein Frie-
densschuß fällt, was dann allerdings eine Panne für die
«räre, die immer noch auf den Friedenssch-l-uß warten.
Wie soll Ich alles unterbringen? Ihrem Schallplatten-
ichrank fehlt nur die richtige Einteilung. Legen Sie die
erst kürzlich wieder abgespielten alten Weihnachts- und.
Neujahrsplatten mit den aufbaufreudigen Botsdiaften
und Friedensbeteuerungen jetzt mal ganz zu Unterst
rein und halten Sie dafür griffbereit die Platten mit
rauschenden Faschingsklängen, unter besonderer Berück-
»lchtigung der etwas abgenutzten Rillen vom Fasching
alt Nothelfer und Wirtschafts-Faktor. Links ordnen Sie
die vielgebrauchten Platten vom sozialen Wohnungsbau,
rechts die vom neuen Föderalismus hübsch an und dar-
auf schichten Sie die vielen Doppelplatten mit den
lahlreichen Präambeln, wobei Sie sich merken müssen,
wo die oftgebrauchte mit der Verkündigung der Men-
schenrechte liegt. Zwanglos verteilen Sie dazwischen
Aufnahmen von Chorälen und jene neuesten Schallauf-
nahmen von Sirenengeheul und Geschützdonner, die Sie
sich, an stillen Winterabenden sicher gern zur Erbauung
vorspielen werden.
Spare In der Zelt. .. Wenn Ihr Aftermieter sich Ihres
Klosettpapiers bedient, so gibt es dagegen nur ein Mit-
tel: versehen Sie das jeweils letzte Blatt mit Ihrer Unter-
•chrift. Sie können dann jeden Mißbrauch sofort fest-
stellen und ahnden, z. B. indem Sie die Sitzbrille ab-
schrauben und nur gegen Vorzeigen einer gebrauchsfer-
tigen Rolle von Fall zu Fall herausgeben.
Lebensmüde in M. Aber liebes Kind, Sie müssen Opti-
mist sein wie alle derzeit führenden Männer in ihren
Reden. Noch gilt das alte Huttenwort: Es ist eine Lust
su leben! Also bleiben Sie hier, auch wenn es Sie ver-
ständlicherweise reizt, sich von Zeit zu Zeit im Grab
umdrehen zu können, um der Welt die jenseitige Kehr-
seite mit aller Deutlichkeit entgegenzuhalten.
Auf zum Bayernball! Ganz recht, liebe Brunhilde-Ilsebill
aus Düsseldorf! Stellt nur recht frohe Sonderzüge zusam-
men und kommt in Massen zum Fest der Bayernpartei,
das unter dem Titel „Bajuvarenball" abgehalten werden
soll. Und wenn Ihr noch all die Freunde aus dem Nor-
den mitbringen könnt, so werdet Ihr sicherlich unver-
geßliche Eindrücke mit nach Hause nehmen können.
Muß Ich noch umlernen? Nein, lieber Bergmann von der
Ruhr, nicht die Sprache des gesamten Ruhrgebietes, son-
dern nur die Amtssprache der durchs Ruhrstatut ins
Leben tretenden Ruhrbehörde wird englisch und fran-
zösisch sein. Da aber immerhin, soweit erforderlich,
maßgebliche deutsche Ubersetzungen angefertigt werden
sollen, so wird man uns die jeweils getroffenen An-
ordnungen schon rechtzeitig verständlich machen.
Elnsparungl Einsparung! Seien Sie nicht so störrisch,
sondern sehen Sie ein, daß es bei der angeordneten
9prozentigen Benzineinsparung nicht auf die gewichtigen
Großverbraucher, sondern auf die Masse der Klein-
konsumenten ankommt. Motorisierte Fahrräder und Roll-
wagerlbesitzer, die zehn bis fünfzehn Liter im Monat
zugeteilt bekamen, werden daher um Zweidrittel
ihrer Zuteilung gekürzt, da man sonst den anderen zu
sogenannten lebenswichtigen und dienstlichen Fahrten
nicht genügend Treibstoff belassen könnte. Also greifen
Sie zum Wanderstab und gehen Sie zu Fuß — Ihr
Dienststellenleiter fährt für Sie!
Gefährliche Kritikl Ganz recht: wir leben im Zeitalter
aufbauender Satire und wohlwollender Kritikl Sie
werden sich doch nicht in dem Dichter und seinem
Verleger Feinde fürs Leben heranzüchten, indem Sie
das Ihnen zugeschickte Buch s o besprechen, wie es ihm»
zukommt. Es werden so viele fade Bücher gut oder
gar nicht besprochen, daß es auf eine lauwarme Kritik
mehr oder weniger wirklich nicht ankommt gemäß dem
schönen Grundsatz: eine Krähe wäscht die anderel
Schließlich wird es bei der Theaterkritik auch so gehand-
habt, da das Ziel aller ist, der guten alten NS.-Kunst-
betrachtung, die niemand wehtun durfte, den ihr ge-
bührenden und im Herzen aller Schaffenden offen ge-
haltenen Platz wieder zu erringen.
„DER SIMPL" erscheint im Monat zweimal
Bezugspeis pro Monat DM 1.— zuzüglich 6 Pfg. Zustell-
gebühr. Verlag „DER SIMPL" (Freitag-Verlag), München 23,
Werneckstraße 15a. Fernruf: 362072. Postscheckkonto: DER
SIMPL, München Nr. 91999. — Herausgeber und allein ver-
antwortlicher Chefredakteur: Willi Ernst Freitag. — Redaktion:
M. Schrimpf. — Sprechstunden: Dienstag und Donnerstag von
9 bis 12 Uhr. — Für unverlangt eingesandte Manuskripte und
Zeichnungen wird keine Gewähr übernommen. Freiumschlag ist
beizulegen. — Anzeigen nach Preisliste 1 vom 1. 9. 1948. An-
scigen-Verwaltung: Neue Haasenstein & Vogler Gesellschaft für
Wirtschaftswerbung m.b.H., München 1, Roman-Mayr-Haus (Kau-
fingerstr. 1/2). Tel. 2558. — Klischees: Brend'amour, Simhart &
Co., Graphische Kunstanstalt, München. — Druck: Süddeutscher
Verlag GmbH., München 2, Sendlinger Str. 80 — Auflage: 82 000.—
Copyright by 'Freitag Verlag 1946. — Published under Miiitary-
Government Information Control License No US-E-148.
War ein ganz hübsches Feuerwerk, Kinder, was
wir an diesem Silvester durch unser Astlöchlein
haben beobachten können. Glühende Kugeln sind
nieder-, aber nicht weiter aufgefallen, Raketen
hin und her geschossen, Leuchtspurmunition zischte
durch die sogenannte „dicke Luft" und geknallt
hat's allüberall vom Peloponnes bis Sumatra.
Dazu haben ein paar „Schwärmer" Reden ge-
halten. Von Friede und Freude, Fortschritt und
Freiheit. Herzlichen Glühpunsch!
Bunt ist's hergegangen, draußen in der Welt, und
das neue Jahr kann sich über mangelnden Salut
nicht beklagen.
Als Festspiel wurden die „Fliegenden Holländer"
aufgeführt. Keine schöne Aufführung — eher
ein Trauerspiel. Es gab daher weder Blumen
noch Beifall, dagegen mancherlei Proteste. Aber
die Akteure ließen sich nicht stören, traten ohne
Ladehemmung an die Laderampe und hollan-
deten pausenlos vom Wasser und von der Luft,
von der sie nicht so gut leben können, wie von
einer gutgehenden Kolonialwarenhandlung. Da
sie — wie gesagt — keine neuen Pointen ver-
schossen, antworteten ihnen naturgemäß nicht nur
Lachsalven. Das starke Stück ist noch nicht zu
Ende, und hinter den Kulissen wird eifrig über
K. J. Büsch: DER LANDESVATER
diese nach dem Julianischen Mob-Kalender ar-
beitende Regie(rung) verhandelt.
In Singapore warfen die über das ebenso nieder-
ländische wie -trächtige Vorgehen mit Recht
empörten Engländer inzwischen einen kleinen
Aufstand nieder. Sie sind darin Fachleute; die
Gegner waren nur Ma-Laien.
Auch im Lande der alten Griechen wurden zur
Jahreswende nur neue Rekruten, aber keineswegs
die Feindseligkeiten eingestellt. Das geschieht erst,
wenn die unseligen Feinde alle „seelig" sind. Und
deren gibt es so viele. Feinde ringsum. (Von
den hier nicht erwähnten Plätzen sprachen wir
bereits früher.)
Wie friedlich ging es dagegen innerhalb unserer
vier Pfähle zu, die uns im Fleische stecken. In
Deutschland kam es nur zu Zusammenstößen von
Wein-, Schnaps- und Sektgläsern (die Reihen-
folge richtet sich nach der D-Markationslinie!),
und alle anständigen Menschen waren voll — —
von Hoffnungen und Wünschen. Und wandten
den Blick einmal nach innen.
Das müssen wir uns leider versagen. Einer
muß immer am Ausguck Wache halten, um zu
beobachten, was draußen vorgeht. Man kann ja
nie wissen.
Vielleicht ist einmal eine Stimme der Vernunft
zu sehen, eine wirkliche Friedenstat zu spüren,
ein Hauch christlicher Nächstenliebe zu riechen
oder der Schweißtropfen einer edlen Bemühung
zu hören. Wir wollen es dann weitersagen.
In diesen Tagen allerdings ist nichts dergleichen
zu vermelden. Die Weihnachtsbotschaft des
Papstes haben wir im Original ja nicht hören
können. Die deutschen Sender waren übersehen
worden. Oder unser Stromnetz war noch allzu-
sehr „belastet". Dafür wurde uns ein Schulatlas
aus der französischen Zone beschert (ein Welt-
Atlas!), in dem das Wort „Deutschland" nicht
mehr vorkommt. So was kommt vor. Aber sonst
war er mit allem Komfort.
U»d so gab's noch manches andere, was sich
schwer einfügen läßt in das Bild einer Welt, die
vorgibt, besser zu sein als wir . . . verdienen.
Vom Ruhrstatut ganz zu schweigen.
So haben wir den Jahreswechsel, den Chronos
uns termingemäß präsentierte, zwar akzeptieren
müssen — aber wir fürchten, er geht eines Tages
doch zu Protest. Aber davon mal abgesehen,
geliebte Gemeinde, auch 1949 wird vorübergehen.
Soviel steht fest. Mehr aber auch nicht. Alles Gute!
BERLINER EINFÄLLE
Die Luftbrücke hat den beiderseitigen Interessenten
trotz aller Anstrengungen eine kostbare Atempause
verschafft. Man hört den Atem hüben und drüben
bereits rasseln.
*
Die Spannungsweite der Luftbrücke kann selbst un-
ter den ungünstigsten Verhältnissen niemals größer
sein als die Geduld der Träger, auf denen sie er-
richtet wurde.
An einem vcrclaydcten König hat niemand Freude.
Seitdem in der Viersektorenstadt der Ganeval be-
gonnen hat, stolpern die Dinge dort scheinbar im-
mer schneller einem vorzeitigen Aschermittwoch zu.
*
Die Einmarschbestimmungen zu den nächsten Ber-
liner Wahlen sollen in jedem Wahlbezirk öffentlich
ausgehangen werden. Adam Riese
19
Zutiefst entrüstet... Sie haben durchaus recht, wenn
Sie als Mitglied einer christlichen Partei sich darüber
empören, daß Schaufensterpuppen in aller Öffentlichkeit
aus- und angezogen werden I Der abscheuliche Anblick
hölzerner Busen und rosabemalter Waden muß sowohl
der ahnungslos heranwachsenden Jugend wie jenen in
ihrer sittlichen Haltung schon wieder schwankend ge-
wordenen älteren Ehemännern erspart bleiben, die
immerzu nach den fleischlichen Vorbildern dieser höl-
zernen Attrappen ausspähen! Wenden Sie sich an Ihren
Fraktionsführer: vielleicht kann er erreichen, daß vor
den Schaufenstern zumindest eine abkühlende Brause in
Bewegung gesetzt wird, nachdem er ein Anhänger von
Kaltwasserkuren im Eheleben ist.
Wer will eigentlich Krieg? Niemand — alle wollen den
Frieden. Da aber jeder seinen besonderen Frieden möchte
und seine Friedensordnung diktieren will, muß man halt
•chauen, wie lange das gut geht. Denn es ist immerhin
im Bereich der Möglichkeit, daß versehentlich ein Frie-
densschuß fällt, was dann allerdings eine Panne für die
«räre, die immer noch auf den Friedenssch-l-uß warten.
Wie soll Ich alles unterbringen? Ihrem Schallplatten-
ichrank fehlt nur die richtige Einteilung. Legen Sie die
erst kürzlich wieder abgespielten alten Weihnachts- und.
Neujahrsplatten mit den aufbaufreudigen Botsdiaften
und Friedensbeteuerungen jetzt mal ganz zu Unterst
rein und halten Sie dafür griffbereit die Platten mit
rauschenden Faschingsklängen, unter besonderer Berück-
»lchtigung der etwas abgenutzten Rillen vom Fasching
alt Nothelfer und Wirtschafts-Faktor. Links ordnen Sie
die vielgebrauchten Platten vom sozialen Wohnungsbau,
rechts die vom neuen Föderalismus hübsch an und dar-
auf schichten Sie die vielen Doppelplatten mit den
lahlreichen Präambeln, wobei Sie sich merken müssen,
wo die oftgebrauchte mit der Verkündigung der Men-
schenrechte liegt. Zwanglos verteilen Sie dazwischen
Aufnahmen von Chorälen und jene neuesten Schallauf-
nahmen von Sirenengeheul und Geschützdonner, die Sie
sich, an stillen Winterabenden sicher gern zur Erbauung
vorspielen werden.
Spare In der Zelt. .. Wenn Ihr Aftermieter sich Ihres
Klosettpapiers bedient, so gibt es dagegen nur ein Mit-
tel: versehen Sie das jeweils letzte Blatt mit Ihrer Unter-
•chrift. Sie können dann jeden Mißbrauch sofort fest-
stellen und ahnden, z. B. indem Sie die Sitzbrille ab-
schrauben und nur gegen Vorzeigen einer gebrauchsfer-
tigen Rolle von Fall zu Fall herausgeben.
Lebensmüde in M. Aber liebes Kind, Sie müssen Opti-
mist sein wie alle derzeit führenden Männer in ihren
Reden. Noch gilt das alte Huttenwort: Es ist eine Lust
su leben! Also bleiben Sie hier, auch wenn es Sie ver-
ständlicherweise reizt, sich von Zeit zu Zeit im Grab
umdrehen zu können, um der Welt die jenseitige Kehr-
seite mit aller Deutlichkeit entgegenzuhalten.
Auf zum Bayernball! Ganz recht, liebe Brunhilde-Ilsebill
aus Düsseldorf! Stellt nur recht frohe Sonderzüge zusam-
men und kommt in Massen zum Fest der Bayernpartei,
das unter dem Titel „Bajuvarenball" abgehalten werden
soll. Und wenn Ihr noch all die Freunde aus dem Nor-
den mitbringen könnt, so werdet Ihr sicherlich unver-
geßliche Eindrücke mit nach Hause nehmen können.
Muß Ich noch umlernen? Nein, lieber Bergmann von der
Ruhr, nicht die Sprache des gesamten Ruhrgebietes, son-
dern nur die Amtssprache der durchs Ruhrstatut ins
Leben tretenden Ruhrbehörde wird englisch und fran-
zösisch sein. Da aber immerhin, soweit erforderlich,
maßgebliche deutsche Ubersetzungen angefertigt werden
sollen, so wird man uns die jeweils getroffenen An-
ordnungen schon rechtzeitig verständlich machen.
Elnsparungl Einsparung! Seien Sie nicht so störrisch,
sondern sehen Sie ein, daß es bei der angeordneten
9prozentigen Benzineinsparung nicht auf die gewichtigen
Großverbraucher, sondern auf die Masse der Klein-
konsumenten ankommt. Motorisierte Fahrräder und Roll-
wagerlbesitzer, die zehn bis fünfzehn Liter im Monat
zugeteilt bekamen, werden daher um Zweidrittel
ihrer Zuteilung gekürzt, da man sonst den anderen zu
sogenannten lebenswichtigen und dienstlichen Fahrten
nicht genügend Treibstoff belassen könnte. Also greifen
Sie zum Wanderstab und gehen Sie zu Fuß — Ihr
Dienststellenleiter fährt für Sie!
Gefährliche Kritikl Ganz recht: wir leben im Zeitalter
aufbauender Satire und wohlwollender Kritikl Sie
werden sich doch nicht in dem Dichter und seinem
Verleger Feinde fürs Leben heranzüchten, indem Sie
das Ihnen zugeschickte Buch s o besprechen, wie es ihm»
zukommt. Es werden so viele fade Bücher gut oder
gar nicht besprochen, daß es auf eine lauwarme Kritik
mehr oder weniger wirklich nicht ankommt gemäß dem
schönen Grundsatz: eine Krähe wäscht die anderel
Schließlich wird es bei der Theaterkritik auch so gehand-
habt, da das Ziel aller ist, der guten alten NS.-Kunst-
betrachtung, die niemand wehtun durfte, den ihr ge-
bührenden und im Herzen aller Schaffenden offen ge-
haltenen Platz wieder zu erringen.
„DER SIMPL" erscheint im Monat zweimal
Bezugspeis pro Monat DM 1.— zuzüglich 6 Pfg. Zustell-
gebühr. Verlag „DER SIMPL" (Freitag-Verlag), München 23,
Werneckstraße 15a. Fernruf: 362072. Postscheckkonto: DER
SIMPL, München Nr. 91999. — Herausgeber und allein ver-
antwortlicher Chefredakteur: Willi Ernst Freitag. — Redaktion:
M. Schrimpf. — Sprechstunden: Dienstag und Donnerstag von
9 bis 12 Uhr. — Für unverlangt eingesandte Manuskripte und
Zeichnungen wird keine Gewähr übernommen. Freiumschlag ist
beizulegen. — Anzeigen nach Preisliste 1 vom 1. 9. 1948. An-
scigen-Verwaltung: Neue Haasenstein & Vogler Gesellschaft für
Wirtschaftswerbung m.b.H., München 1, Roman-Mayr-Haus (Kau-
fingerstr. 1/2). Tel. 2558. — Klischees: Brend'amour, Simhart &
Co., Graphische Kunstanstalt, München. — Druck: Süddeutscher
Verlag GmbH., München 2, Sendlinger Str. 80 — Auflage: 82 000.—
Copyright by 'Freitag Verlag 1946. — Published under Miiitary-
Government Information Control License No US-E-148.
War ein ganz hübsches Feuerwerk, Kinder, was
wir an diesem Silvester durch unser Astlöchlein
haben beobachten können. Glühende Kugeln sind
nieder-, aber nicht weiter aufgefallen, Raketen
hin und her geschossen, Leuchtspurmunition zischte
durch die sogenannte „dicke Luft" und geknallt
hat's allüberall vom Peloponnes bis Sumatra.
Dazu haben ein paar „Schwärmer" Reden ge-
halten. Von Friede und Freude, Fortschritt und
Freiheit. Herzlichen Glühpunsch!
Bunt ist's hergegangen, draußen in der Welt, und
das neue Jahr kann sich über mangelnden Salut
nicht beklagen.
Als Festspiel wurden die „Fliegenden Holländer"
aufgeführt. Keine schöne Aufführung — eher
ein Trauerspiel. Es gab daher weder Blumen
noch Beifall, dagegen mancherlei Proteste. Aber
die Akteure ließen sich nicht stören, traten ohne
Ladehemmung an die Laderampe und hollan-
deten pausenlos vom Wasser und von der Luft,
von der sie nicht so gut leben können, wie von
einer gutgehenden Kolonialwarenhandlung. Da
sie — wie gesagt — keine neuen Pointen ver-
schossen, antworteten ihnen naturgemäß nicht nur
Lachsalven. Das starke Stück ist noch nicht zu
Ende, und hinter den Kulissen wird eifrig über
K. J. Büsch: DER LANDESVATER
diese nach dem Julianischen Mob-Kalender ar-
beitende Regie(rung) verhandelt.
In Singapore warfen die über das ebenso nieder-
ländische wie -trächtige Vorgehen mit Recht
empörten Engländer inzwischen einen kleinen
Aufstand nieder. Sie sind darin Fachleute; die
Gegner waren nur Ma-Laien.
Auch im Lande der alten Griechen wurden zur
Jahreswende nur neue Rekruten, aber keineswegs
die Feindseligkeiten eingestellt. Das geschieht erst,
wenn die unseligen Feinde alle „seelig" sind. Und
deren gibt es so viele. Feinde ringsum. (Von
den hier nicht erwähnten Plätzen sprachen wir
bereits früher.)
Wie friedlich ging es dagegen innerhalb unserer
vier Pfähle zu, die uns im Fleische stecken. In
Deutschland kam es nur zu Zusammenstößen von
Wein-, Schnaps- und Sektgläsern (die Reihen-
folge richtet sich nach der D-Markationslinie!),
und alle anständigen Menschen waren voll — —
von Hoffnungen und Wünschen. Und wandten
den Blick einmal nach innen.
Das müssen wir uns leider versagen. Einer
muß immer am Ausguck Wache halten, um zu
beobachten, was draußen vorgeht. Man kann ja
nie wissen.
Vielleicht ist einmal eine Stimme der Vernunft
zu sehen, eine wirkliche Friedenstat zu spüren,
ein Hauch christlicher Nächstenliebe zu riechen
oder der Schweißtropfen einer edlen Bemühung
zu hören. Wir wollen es dann weitersagen.
In diesen Tagen allerdings ist nichts dergleichen
zu vermelden. Die Weihnachtsbotschaft des
Papstes haben wir im Original ja nicht hören
können. Die deutschen Sender waren übersehen
worden. Oder unser Stromnetz war noch allzu-
sehr „belastet". Dafür wurde uns ein Schulatlas
aus der französischen Zone beschert (ein Welt-
Atlas!), in dem das Wort „Deutschland" nicht
mehr vorkommt. So was kommt vor. Aber sonst
war er mit allem Komfort.
U»d so gab's noch manches andere, was sich
schwer einfügen läßt in das Bild einer Welt, die
vorgibt, besser zu sein als wir . . . verdienen.
Vom Ruhrstatut ganz zu schweigen.
So haben wir den Jahreswechsel, den Chronos
uns termingemäß präsentierte, zwar akzeptieren
müssen — aber wir fürchten, er geht eines Tages
doch zu Protest. Aber davon mal abgesehen,
geliebte Gemeinde, auch 1949 wird vorübergehen.
Soviel steht fest. Mehr aber auch nicht. Alles Gute!
BERLINER EINFÄLLE
Die Luftbrücke hat den beiderseitigen Interessenten
trotz aller Anstrengungen eine kostbare Atempause
verschafft. Man hört den Atem hüben und drüben
bereits rasseln.
*
Die Spannungsweite der Luftbrücke kann selbst un-
ter den ungünstigsten Verhältnissen niemals größer
sein als die Geduld der Träger, auf denen sie er-
richtet wurde.
An einem vcrclaydcten König hat niemand Freude.
Seitdem in der Viersektorenstadt der Ganeval be-
gonnen hat, stolpern die Dinge dort scheinbar im-
mer schneller einem vorzeitigen Aschermittwoch zu.
*
Die Einmarschbestimmungen zu den nächsten Ber-
liner Wahlen sollen in jedem Wahlbezirk öffentlich
ausgehangen werden. Adam Riese
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Der Simpl
Titel
Titel/Objekt
"Der Landesvater"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
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Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
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In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 4.1949, Nr. 2, S. 19.
Beziehungen
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Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg