Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
•f etzt ist uns vieles klar. Bei der Tagung des Inter-
nationalen Roten Kreuzes (internationale Tagun-
gen sind immer ein Kreuz, wenn die Roten
dabei sind) gingen die Meinungen darüber, was
eigentlich unter „Krieg" zu verstehen sei, „weit
auseinander", wie es heißt.

Die Delegierten selber gingen noch nicht auseinan-
der. Sie erklärten zunächst: Es ist nicht alles Krieg,
was erklärt wird. Das leuchtet ein. Es ist ja auch
keineswegs alles Frieden, was so aussieht. Es gibt
eben recht friedliche Kriege und manchen sehr
kriecherischen Frieden. In welchem dieser mög-
lichen Zustände w i r uns derzeit befinden, ist
daher schwer zu sagen. Wer es uns erklären will,
hat die Wahl, eine Friedens- oder eine Kriegs-
Erklärung abzugeben. Wir nehmen alles an. Von
Angebern wurden wir zu Annehmern. Das ist
zwar nicht seliger — und vor allem nicht im
Sinne der Seligen — aber die einzig mögliche
Haltung zwischen Krieg und Frieden.
Die Japaner, die zwischen den gleichen Stühlen
sitzen, erklären jetzt, das atomisierte Hiroshima
gleichzeitig als Kriegsdenkmal und Friedensmahn-
mal so stehen lassen zu wollen, wie es darnieder-
liegt. Keine gute Idee. Da alte Ruinen bisher
niemand davon abgehalten haben, neue Trümmer-
verfahren zu erfinden, dürfte auch die Erhaltung
zerstörter Städte die Zerstörung erhaltener kaum
verhindern. Nein, man soll den Schrecken nicht
konservieren!

Trotzdem beschlossen die Preußen des Balkans,
wie sich die Bulgaren einst gern nennen hörten,
ihren toten Staats-Chef einzubalsamieren und ihn
in einem gläsernen Sarge beizusetzen. Wie Schnee-
wittchen. So weiß wie Schnee, so rot wie Blut
und so schwarz wie Ebenholz. Eben: Dimitroff.
Womit keine Anspielung auf einen vergifteten
Apfel gemacht werden soll. Wenn ihn niemand
aufweckt, soll sich der eingeweckte Diktator 1000
Jahre lang halten. Ich bin skeptisch. Wegen der
Zahl. Das tausendjährige Reich hielt sich bekannt-
1 ich nur kurz. Bei der tausendjährigen Leich' muß
man's abwarten. Wir werden zu gegebener Zeit
darüber berichten.

Wie dem auch sei: Wer in solch einem Glashause
sitzt, soll und kann nicht mehr mit Steinen werfen
— auch wenn Scherben an sich Glück bringen.
Glück ohne Scherben und Sterben hatte ein anderes
Staatsoberhaupt: Der König der Bamangwato-
Mämme in Britisch Betschuanaland. Er fand bei

einem Besuch in London seine Herzenskönigin
und damit eine weiße Landesmutter in der Steno-
typistin Ruth Williams. Ruth hatte richtig „ge-
tippt" und sich mit der rechten Walze an den
schwarzen King herangetastet. Hoffentlich be-
kommt ihr die Umschaltung vom Londoner Bett-
schuh auf die Strohsandale der Betschuanas.
Mit Königen muß man vorsichtig sein. Das erfuhr
Antoun Saadi, der Führer der all-syrischen Natio-
nalpartei, der seine Freundschaft mit den Achsen-
Häuptern jetzt mit dem eigenen Haupt bezahlen
mußte. Er wurde in Beirut hingerichtet. Bei Ruth
steht das nicht zu befürchten; die Bamangwatos
sind friedliche Wilde.

Der Häuptling aller roten Häuptlinge, Josef
Stalin, hat dagegen wieder Angst vorm Sterben.
Man spricht davon, daß er sich regelmäßig ein
Verjüngungs-Serum .einspritzen' läßt. O serum,

serum, serum . . . Das kann gut werden. Vielleicht
muß er bald wieder in die Schule gehen oder
gar gewindelt werden. Die Wiege des Marxismus
ist noch erhalten.

Zunächst werden aber nur die Engländer trocken-
gelegt. Auf ihren Inseln herrscht eine Dürre, wie
sie seit 30 Jahren nicht beobachtet wurde. Dagegen
leidet Osteuropa unter Regenfällen, die Über-
schwemmungen verursachen. So verteilt der Him-
mel seine Gaben höchst ungerecht und ohne Rück-
sicht auf die eigentlichen Bedürfnisse. Aber schließ-
lich ist er ja keine Bedürfnisanstalt und überläßt
uns Menschen, die Folgen des Klimas zu regeln.
Dementsprechend soll Rußland jetzt eine Million
Tonnen Getreide nach England liefern. Vielleicht
folgt dieser wirtschaftlichen Ver-mehlung auch
eine politische Hoch-Zeit mit anschließender Wie-
dergeburt der Vernunft? Jedenfalls sollten wir
froh sein, daß die Engländer künftig nicht nur
Phrasen, sondern auch guten russischen Weizen
dreschen. Sie werfen quasi die Flinte ins Korn —
und es ist besser, sich darüber anzuvisieren, als
über die Kimme.

Wir selber geben diese Nachricht ohne Gewehr.
Denn unser Astloch ist keine Schießscharte, son-
dern nur ein friedliches Kiekindiewelt. Obwohl,
wie eingangs erwähnt, selbst Experten nicht genau
definieren können, wo der Frieden aufhört und
wo der llrieg anfängt. Und umgekehrt.

GANZ UNTEll UNS!

Wird im Film eine Straße mit Publikum gezeigt,
so bewegt sieb das Publikum, als ob es gefilmt
würde — so verlogen leger. Nie putzt einer die
Nase, nie liest einer die Zeitung, nie zerrt eine
feine Dame ihr ungeratenes Balg hinter sich her,
nie ist einer mit Paketen beladen; und gar
Hinkende oder ärmlich Gekleidete werden dem-
selben Publikum vorenthalten, das sich da oben
sieht, sich aber nicht richtig sehen darf, weil sonst
der Film kein Film wäre, sondern bloß Wochen-
schau, und auch da mogeln sie ganz hübsch.

Ihre Wirtin verbot der Annemarie Korff, sich eine
Katze zu halten; denn so war's ausgemacht im
Mietvertrag.

Die Korff schaffte das Tierchen ab.

Erdgeschoß klingt kriegerisch, ist aber nur die

Verdeutschung von Parterre. Nun, die Korff
wohnte parterre, und zwar maß das Zimmer
4 Meter in der Länge und 2,5 in der Breite.
Nachdem sie mit sich und einem Anwalt zu Rate
gegangen war, erwarb die Korff (leihweise) ein
Reitpferd und stellte es neben ihr Bett. Von einem
Pferd war nichts ausgemacht im Vertrag.

Edward Harkneß starb bettelarm. Das können
andere auch. Aber er hatte den Kaugummi er-
funden. (Dann allerdings seine Erfindung an Wil-
liam Wrigley verkauft, der sie zunächst als
7.ugabe lieferte, bald jedoch als Hauptartikel her-
stellte, dem er nichts zugäbe).
Wer Gummi kaut, denkt weder an Wrigley, noch
an Harkneß. Er denkt nicht mal daran, daß er
sein Gegenüber langsam verrückt macht. H. R.

C. Suu-tzkopi

Neuerdings wird Westdeutschland von einer Welle sittlicher Entrüstung
überflutet. Dieses Neu-Muckertum hat schon zu Strafprozessen gegen
Magazine geführt und zu weltanschaulich verankerten Badeordnungen,
über die man bereits um die Jahrhundertwende lachte. Aber es sind nur ...

NEBEL, DIE VORÜBERZIEHEN!

185
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Nebel, die vorüberziehen!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Sturtzkopf, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 4.1949, Nr. 16, S. 185.

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
 
Annotationen