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11SSBALLBERICHT

Von Hans Reimann

60 000 Anwesende waren versammelt, um an-
gesichts der in sattem Grün prangenden Spielfläche
dem Entscheidungskampf von ,Eintracht OO'-Pforz-
bronn (gelbe Trikots) gegen die Seniorenliga der
Hohenstaufer Kickers (steife Hüte) entgegenzu-
fiebern. Kaum war der Anpfiff des besonnen als
Schiedsrichter waltenden Generals a. D. Kampen-
dorff verhallt, als Brenneis, der spurtgewandte
Rechtsaußen der diesmal sichtlich in höchster Form
angetretenen Pforzbronner, den hohenstaufischen
Tormann vermittels eines trockenen Hakens zu-
sammenschlug. Nach einer Verwarnung, die Sport-
arten nicht zu vermengen, begann das reguläre
Spiel, das rasch typischen Pokalstil annahm. Die
Kickers, sämtlich mit Bärten ausgestattet, in wel-
chen graue Strähnen als Anzeichen längst über-
schrittener Maienblüte dominierten, hatten den
Anstoß und zogen sofort vom Leder. Nach weni-
gen Minuten fiel um Haaresbreite der erste Tref-
fer, indem der leicht zu unfairen Mitteln grei-
fende Bopfinger in seiner Eigenschaft als halblinker
Stürmer knapp zur Mitte flankte und einen
meisterhaften Schuß an die Innenlatte lenkte, wel-
cher dem Erbgrafen Chlodwig, dem bejahrten
rechten Läufer der Kickers, das Nasenbein kostete.
Exzellenz Kampendorff, geistesgegenwärtig ein-
greifend, lockte den Ball geschickt zur Ecke. Aber
das Spiel war keine weiteren fünf Minuten alt,
als Schwitzgäbele, welcher den infolge eines ver-
beulten Sitzknorrens an aktiver Teilnahme ver-
hinderten Mittelstürmer der Eintrachtler vertrat,
den Weg ins Finale dadurch zu erzwingen suchte,

daß er einen bildschönen Bombenschuß abfeuerte,
der wie ein von der Sehne geschnellter Pfeil ins
Aus rollte. Prinz Moritz, bewährter Innenstürmer
von klassischem Format, dribbelte sich daraufhin
an der verdutzten Abwehr der Pforzbronner bis
zur Strafraumlinie durch und schlug Leberle, den
gelben Tormann, so heftig in den Boden, daß der
große Stopper, welcher bis dahin mit der Sonne
im Rücken wie ein Fels in der Brandung gestanden
hatte, mit einer totalen Sehnenzerrung vom Platz
getragen werden mußte, um alsbald verbandagiert
auf der Bildfläche wieder aufzutauchen. Das Stadion
tobte weitgehendst vor Begeisterung. Die erste
Halbzeit war vorüber, es wurden die Seiten ge-
wechselt.

Es darf als gelungener Einfall der Veranstaltungs-
leitung bezeichnet werden, daß sie die zweite
Halbzeit durch eine gefleckte Dogge aus dem Ge-
stüt der Technischen Hochschule Bichl zu beleben
bestrebt war. Das 89 cm Schulterhöhe aufweisende
Tier spritzte mit wahrhaft berserkerhafter Wut
zwischen die infolgedessen plan- und systemlos
umherkickenden Mannschaften, die nicht genügend
Reaktionsfähigkeit an den Tag legten, um Träger
der Offensivkraft zu bleiben, sondern, nur noch
auf persönliche Sicherung bedacht, mitsamt dem
Schiedsrichter in Deckung gingen und nach Quel-
len der Dena ins Schwimmen gerieten. Immerhin
erreichte es Fürst Siegismund als linker Läufer,
nach der Dogge zu hechten und dieselbe zeitweise
aus dem Feld zu schlagen. Schwitzgäbele, der
wieselflinke Nachwuchsmittelstürmer der Eintracht-
ler, lief daraufhin zu großer Form auf, indem er
einen Alleingang startete und das gefährlich um
sich schnappende Tier mit dem Kopf glatt über

den gegnerischen Balken drehte. Brenneis war
unterdessen _ nicht müßig gewesen, sondern köpfte
ein bis dahin sorgfältig verborgen gehaltenes Re-
serveleder in das menschenleere Tor der Kickers,
welche sich teils auf zügelloser Flucht vor der
Dogge befanden, teils vollkommen gehandicapt
und hart angeschlagen den Boden bedeckten, um
ihr Service abzugeben und gemeinsam mit dem
unbezähmbaren Vierbeiner in den Stall getragen
zu werden.

Nun beherrschte ,Eintracht 00', mit zwei Bällen
spielend, spielend das Feld. Tragisch, daß gerade
in diesem Augenblick ein bombiger Flachschuß den
seinen Kneifer suchenden General so scharf an den
Wurmfortsatz traf, daß derselbe unter allseitigen
Ausrufen des Bedauerns ebenfalls in die Kabine
ziehen mußte! Dies war Wasser auf die Mühle
der Eintrachtler, deren Schüsse wie reife Früchte
vom Baum fielen. Ihr Einfädeln und blendendes
Zusammenkombinieren ließ die Spannungsmomente
laufend auf höchsten Touren laufen, bis die er-
regten Zuschauer auf den Triumph der auf der
Siegerstraße wallenden Gelben schwörten, was kein
Druckfehler ist, sondern eine Errungenschaft der
Neuen Zeitung. Unaufhaltsam zappelten die bei-
den Leder bald hier, bald dort im Netz, und als
die 120 Spielminuten verstrichen waren, lagen sich
die Eintrachtler in den Armen und weinten gegen-
seitig vor Rührung und vor Freude, war ihnen
doch geglückt, durch unerhörte Durchbrüche immer
wieder die eigene stabile Deckung zu durchbrechen
und das Endergebnis auf 29:29 zu stellen.
Unter rasantem Jubel marschierte die siegreiche
Pforzbronner Elf an der atemlosen Tribüne vor-
über.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Alles tanzt Samba"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Wisbeck, Jörg
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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Creditline
Der Simpl, 4.1949, Nr. 18, S. 211.

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