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W.Schäfer: DAS DENKMAL DES UNBEKANNTEN VATERS

SAARKASTISCHES

Böse schaut der Mensch aufs Vieh,

weil es nicht hat, so wie es,
einen Knäuel Komplexe
übeinander, umeinander,
Konkave und konvexe.

Das Vieh „benimmt sich", wie es will;
es läßt sich ungern stören.
Mit List lehrt nun der edle Mensch
dem armen Tier das Hören,

dem Hund das elegante Betteln,
dem Pierde das Marschieren,
dem Gnu das Stehn auf einem Bein,
statt auf allen Vieren.

Er liebt das Kind als Papagei

und das Weib als Affen —

und wird selbst zum Untervieh,

steckt man ihn in Waffen. Ken Kaska

ZUZUG NACH BAYERN

Die Frage der Zulassung Grönings als Heilprak-
tiker überschattet ein Problem, dem viel zu wenig
Beachtung geschenkt wird: das des Zuzugs nach
Bayern. Vom rassischen Standpunkt der Bayern-
partei aus gesehen ist Gröning, horribele dictu,
einwandfrei Norddeutscher, Preuße, ja sogar West-
preuße, eine rassisch besonders tief stehende Species
Mensch. Wieso duldet es die Bayernpartei, daß
Gröning mit sattsam bekannter, typisch preußi-
scher Unverfrorenheit ohne Zuzugsgenehmigung,
ja ohne den Zuzug überhaupt zu beantragen, sich
und seine ebenfalls preußische Begleitung in Bayern
einnistet? Warum duldet sie. daß er sogar tausende
von Einheimischen ins preußische Schlepptau nimmt
und an ihnen Heilungen vornimmt, die, weil preu-
ßisch, gar keine echten Heilungen sein können?
Warum erheben sich die Wähler der Bayernpartei
nicht wie ein Mann, um derartige Eindringlinge in
die preußischen Fichtenwälder zurückzujagen? Wir
heischen Antwort! Kuppel

Sommerliche Stilblütenlese

Gesammelt und kommentiert von H. Hartwig

Mannheimer Morgen, 24. 6. 49:

„In der Nacht vom 1. auf 16. März erwies sich

dann .. ."

Die Nacht der langen Zeit-Messer. Diese Nacht
vergeß ich nie . ..

Schwäbische Landeszeitung, 6. 7. 49:
„Wir bieten Lagermöglichkeit für 1000 qm ein-
gezäunte Fläche."

Sie wird hochkant ins Regal geschoben. Eine
Art Konzentrationslager für geometrische Fi-
guren.

Schwäbische Landeszeitung, 29. 6. 49:

„Bank sucht nach Schulschluß weibl. Lehrling."

Eine kleine Bank im Park vermutlich.
Stuttgarter Zeitung, 17. 6. 49:

Kinoanzeige: „Von 10.00 vorm. fortwährend bis
1 nachts kühl und frisch Blutrache".

Warum so hitzig? Frisch gerächt ist halb ge-
blutet.

Westialen-Zeitung, 16. 6. 49:

„Die WZ gratuliert... Unbekannte Täter entwen-
deten in der Nacht zum Dienstag aus dem Schaufen-
ster des Uhrmachermeisters C. Damen-, Herren-
und Taschenuhren im Werte von ca. 900 DM."

Da kann man wirklich nur gratulieren. Wir

schließen uns an.

Stuttgarter Nachrichten, 19. 6. 49:

„Suche tüchtigen Kaufmann im Alter von 35—40

Jahren, led., ev., für meinen Teigwarenbetrieb.

Demselben ist Gelegenheit geboten zur Einheirat."
Ich empfehle dem Teigwarenbetrieb eine alte
Schrippe. Er kann ihr ja später Hörnchen auf-
setzen.

Neue Württembergische Zeitung, 5. 6. 49:

„Die drei ersten Sieger enthielten wertvolle Preise

und je einen Siegerkranz."

Ein Glück. Sonst hätte man erst alle Teilnehmer
öffnen müssen.

Mannheimer Morgen, 18. 6. 49:
„Schwrz. Wolfshund mit gelb-braun. Pfoten ent-
laufen."

Womit denn sonst?

Ludwigsburger Zeitung, 19. 6. 49:
„Jg. Mädchen für Haus und Küche, sowie jg. Bedie-
nung, die sich auch in der Küche verwenden läßt,
iof. gesucht."

Vielleicht als Suppengrün oder junges Gemüse.

Seitdem die saarländische Bevölkerung ihre demo-
kratischen Parteien gewählt hat und mit ihnen
gleichzeitig eine Verfassung, die sie im Wortlaut
gar nicht kannte, obgleich sie in wenigen Exem-
plaren bei den Bürgermeistern zur gefl. Ansicht
auslag, ist das Land mit seinen 900 000 Einwoh-
nern ein souveräner Staat geworden. Böswillige
behaupten allerdings, die Regierung übe keine
echte Staatsgewalt aus, weil — außerhalb der
Ministerien — an vielen wichtigen Posten Fran-
zosen sitzen und den Saarländern der Besuch ihrer
Verwandten in der Trizone so gut wie unmög-
lich ist.

Zugegeben, daß es noch keine groß-saarländische
Wehrmacht gibt. Zugegeben, daß das Saarland als
einziges Kulturland keine einzige Goethefeier ver-
anstaltet hat (Schuld des Altmeisters selber, der
wahrscheinlich nie in einem saarländischen Gasthof
übernachtet hat). Zugegeben, daß im offiziellen
Sprachgebrauch das Wort „deutsch" ganz unkom-
pliziert durch „nicht französisch" ersetzt worden
ist. Alles zugegeben. Aber worin drückt sich am
sinnfälligsten aus, daß eine Regierung auch eine
Staatsgewalt besitzt? Erraten! Indem man Zeit-
schriften verbietet. Zum Beispiel den satirischen
„Tintenfisch". Er hat nämlich gewagt, die Regie-

rung „in den Nummern 7 bis 18 lächerlich zu
machen", statt — wie sich das für ein satirisches
Blatt gehört — ihre Weisheit und Vollkommen-
heit zu preisen. Und gleich auf vier Monate ver-
boten, weil die französische Presseordnung nur
drei Monate als Höchstmaß vorsieht.

Das war erstens. Und zweitens dokumentiert
eine Regierung ihre Staatsgewalt durch eine rege
außenpolitische Tätigkeit. Indem der saarländische
Ministerpräsident Hoffmann a) in Straßburg den
tumben Europa-Rat-Journalisten ein richtiggehen-
des Weißbuch vorlegt, das trotz der Verstrickungen
(siehe oben) von einem vorbildlichen Staats-
wesen spricht, und b) feierlich verkündet: wenn
erst das große Saarreich Mitglied des Europa-
Rates ist, wird es sich selbstverständlich dafür ein-
setzen, daß die kleine Bundesrepublik Deutschland
mit ihren lächerlichen 47 Millionen Einwohnern
ebenfalls Mitglied wird.

Die Bundesregierung sollte nicht versäumen, mit
der saarländischen Regierung schleunigst inter-
nationale Beziehungen anzuknüpfen. Denn was
dem britischen Sonntagsmaler Winston Churchill
nicht gelang, wird natürlich dem saarländischen
Ministerpräsidenten Hoffmann eine Kleinigkeit
sein. L. K.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Denkmal des unbekannten Vaters"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Schäfer, Wolfgang
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 4.1949, Nr. 20, S. 235.

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