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Dubout

„Sagen Sie, Gär tner, f ehlt da nicht eine Blume?"

IMMUN SOLLTE MAN SEIN!

Auf einen Vorschlag des SPD-Abgeordneten
Dr. Hoegner hin soll das Bayerische Justizministe-
rium möglichst umgehend seinen Beamten Unter-
richt in bayerischem Verfassungsrecht erteilen.
Nein, nein, nicht wie Sie meinen, wegen des Falles
Kastner in Tegernsee, wo im Rahmen einer Zivil-
sache an zwei Frauen eine gynäkologische Leibes-
visitation durch eine Hebamme in Gegenwart von
zwei Gerichtsvollziehern vorgenommen wurde, die
dabei sich nicht wegdrehten, da sie, ihrem Aus-
spruch nach, erstens im Dienst und zweitens ver-
heiratet waren. Dieser Fall wurde viel einfacher
durch ein Dementi seitens der Justiz erledigt. Aber
das Amtsgericht Landsberg hat sich — der „Süd-
deutschen Zeitung" zufolge — ein viel schlimmeres
Vergehen zuschulden kommen lassen, einen Faux-
pas, bei dem sich dem schlichten Steuerzahler alle
Haare sträuben. Es hat einem CSU-Abgeordneten,
der ein Stopzeichen überfahren hat, einen Straf-
befehl über fünf Mark zugeschickt, vermutlich in
der volksfremden Vorstellung befangen, vor den
Verkehrsvorschriften seien alle Bürger gleich.
Selbstverständlich hat der Herr Abgeordnete die-
sen Strafbefehl unter Hinweis auf seine Immunität
zurückgewiesen — hoffentlich auch mit all der ihm
zu Gebote stehenden inneren Entrüstung — wor-
auf das im Verfassungsrecht (siehe oben) noch un-
belehrte Amtsgericht kindlicherweise den Antrag
auf Aufhebung der Immunität stellte, um dem Ver-
kehrssünder zu seiner Strafe und dem Polizei-
säckel zu seinen fünf Mark zu verhelfen. Dieses
Ansinnen rief beim „Geschäftsordnungsausschuß
des Landtags" Staunen und Mißbilligung hervor,
verhalf der Behörde zu einem Rüffel und Herrn
Dr. Hoegner zu seinem obenerwähnten Antrag, der
„den Leuten von der Behörde nachträglich zum Be-
wußtsein bringen sollte, daß sie gegenüber Ab-
geordneten vorsichtig sein müßten".
An dieser Notwendigkeit wurde im allgemeinen
nie gezweifelt. Abgeordnete sind schon im nor-
malen Zustand nicht immer ganz ungefährlich, be-

drohlich aber werden sie in gereiztem. Nur erhebt
sich für den unbefangenen Betrachter, der mit
stiller Ehrfurcht zu seinen Landesvätern aufzublik-
ken bereit ist, die bange Frage, was er, bei aller
Anerkennung ihrer Immunität sozusagen für
seine eigene Unverletzlichkeit in des Wortes
wahrster Bedeutung tun kann. Woran erkennt er
auf weite Sicht die gefährlichen Abgeordneten?
Wenn für Regierungsmitglieder die simplen Ver-
kehrsvorschriften nicht gelten und wenn sie, wie
manchmal im Farbspiel des politischen Lebens,
auch die Farben der Verkehrsampeln verwechseln
(oder wechseln dürfen) — was hindert sie, den
respektvoll über die freigegebene Straße wandern-
den Kleinfußgänger mit ihrem Dienstomnibus in
jenen Boden hineinzustampfen, aus dem er unvor-
sichtigerweise sein Haupt zu heben wagte? Zu-
mindest kann er, als Staatsbürger ohne Immunität,
verlangen, daß die Parlamentarier weithin sicht-
bar gekennzeichnet sind, damit nicht nur Behörden,

SPÄTSOMMER

Von Elisabeth Langgässer

Hat auch die Made verrostet
Pflaume und Spilling wie toll —
da sie, von Wahnsinn umglostet,
selbst sich im Fruchtfleisch gekostet,
war sie der Pfeil des Apoll.

Mochte das Eichhorn die Schalen,
knisternder Nußkerne voll,
scharf wie durch Feuer zermahlen —
zuckend im Laubwerk, dem fahlen,
war es der Blitz des Apoll.

Spilling und Nüsse und Pflaumen,
ach, wie es pochte und scholl:
Spinnweb läuft bald übern Daumen,
Süßigkeit löst sich vom Gaumen
und von der Erde Apoll!

sondern auch verletzbare Wegebenutzer ihnen die
nötige Vorsicht widmen können. Es wäre eine
schöne Aufgabe für die Parlamente, hier Embleme
der Immunität entwerfen und von einem dem Kul-
tusministerium genehmen Künstler ausführen zu
lassen — etwa drei dicke schwarze Quadersteine
im weiß-blauen Feld mit der rosaroten Umschrift
„Garantiert immun". Dies würd< den Leuten erstens
zeigen, mit wem sie's zu tun haben, und ihnen
zweitens dartun, wie unermüdlich unsere Abge-
ordneten im Dienstauto unterwegs sind. Gott sei
Dank, denn wenn sie — wie der Bundespräsident
der Schweiz — mit der Trambahn führen, könnte
ihnen doch leicht einer auf die pp. Hühneraugen
treten, die vielleicht nicht ganz so immun wären,
wie ihre hehren Besitzer. Und dann fielen ihnen
vielleicht im ersten Schmerz neue Verordnungen
und Gesetze ein, deren Übertretungen streng be-
straft würden. Im Falle einer nicht dagegen immun
ist, versteht sich! Vim

FRÜHHERBST

Von Betty Longwayer

Hat auch die Made verrostet

das gute Obst wie toll,

hat sie, von Wahnsinn umglostet,

sich selbst in das Sitzlleisch gekostet,

war's nicht die Schuld des Apoll.

Und ist auch der Wurm in der Pllaume,

und ist der Apiel auch ab,

spuckt auch das Eichhorn vom Gaumen

Nußkerne über den Daumen

aui den Apoll herab,

greift der nur lächelnd zur Stirne
und denkt, des Staunens voll:
„Wie spinnwebl es im Hirne
so mancher reifen (weichen?) Birne
der Jünger des Apoll!"

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Sagen Sie, Gärtner, fehlt da nicht eine Blume?"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES

Objektbeschreibung

Objektbeschreibung
Bildunterschrift: "Sagen Sie, Gärtner, fehlt da nicht eine Blume?"

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Dubout, Albert
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 4.1949, Nr. 20, S. 239.

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