„Siehsle, Papa, warum hast du Mutti mitgenommen — jetzt
hat sie mir meinen feschen Kavalier schon ausgespannt."
WESHALB NUR IMMER NEGATIV?
Die Aspekte für das Jahr 1950 erscheinen
wenig günstig. Obschon nach dem Abbau des
Restbestandes an Uranerzen eine gewisse Be-
ruhigung und Entspannung der Weltlage ein-
treten dürfte, wird es wohl auch in diesem Jahr
an Konfliktstoffen dieser und jener Art kaum
mangeln. Immerhin: soll der durch vergangene
Leiden entmutigte Mensch auch weiterhin im
Gefühl einer Unsicherheit leben, das ihm be-
reits am Morgen, sobald er die Schlagzeile
seiner Zeitung überblickt, den Tag vergällt?
Weshalb nur immer negativ? Gibt es nicht auch
genug des Positiven, das unser Vertrauen
auf eine bessere Zukunft stärkt und einem er-
lahmenden Lebensgefühl zu neuem Auftrieb
verhilft? Verschiedene Ereignisse der letzten
Wochen können als erfreuliche Zeichen einer
Wandlung zum Positiven gedeutet werden.
Ein amerikanisches Fangboot hat in der Antark-
tis eine ungewöhnlich große Herde von Walen
gesichtet. Der Weltbedarf an Lebertran scheint
damit, allen Befürchtungen zum Trotz, für
dieses Jahr annähernd gedeckt.
Im Alter von 72 Jahren verschied der Taxi-
chauffeur Max Huglberger an einem Leber-
leiden. Der Fall berechtigt zu der erfreulichen
Hoffnung, daß selbst beim Taxigewerbe natür-
liche Todesursachen üblich werden könnten.
In Teisbach, Bez.-Amt Dingolfing, brachte die
Bäuerin Margarethe Sollereder bereits nach
vierwöchentlicher Ehe ein lebensfähiges Mäd-
chen zur Welt. Nachdem sich nicht nur in Nie-
derbayern, sondern auch in Indien derartige
Fälle ereignen sollen, scheint sich im weiblichen
Organismus eine Änderung vollzögen zu haben,
die sich automatisch dem raschen Tempo der
Zeit anpaßt.
Für das erstaunliche Sinken der Eierpreise
wurde bisher trotz aller Bemühungen keine ge-
nügende Erklärung gefunden. Erst neuerdings
gelang es festzustellen, daß die durch die Bom-
benabwürfe erzeugte Atomenergie die Frucht-
barkeit der Hennen in ungeahntem Maße ge-
fördert hat. Wieder einmal einer jener Fälle,
in dem ein zur Vernichtung ersonnenes Mittel
zum Segen der Menschen wird.
Nachdem bereits eßbare Postkarten hergestellt
werden, hat es eine Konditorei unternommen,
eßbare Bücher zu produzieren. Als erste Aus-
gabe erschien „Die Leiden des jungen Wer-
ther", mit erstklassiger Schokolade auf Karls-
bader Oblaten gedruckt. Dem kulturfördernden
Unternehmen gebührt der Dank der ganzen ge-
bildeten Welt, denn es bringt in unaufdring-
licher Weise das Buch dem Menschen wieder
näher und ruft von Oblate zu Oblate längst ver-
gessene Dichtungen in das Gedächtnis zurück.
In Hollywood konnte die Filmschauspielerin
Evelyn Blackpepper das sechswöchentliche Be-
stehen ihrer achten Ehe feiern. Ganz Amerika
befindet sich in einem Wettfieber darüber,
wann die Scheidung erfolgt. Präsident Truman
hat der Jubilarin einen Briefbeschwerer in Form
einer goldenen Turteltaube, der Papst die sil-
berne Tugendrose übersandt.
Ein Kunde hatte in einem Lebensmittelgeschäft
seine, einen Fünfzigmarkschein enthaltende
Brieftasche vergessen. Als er nach einer Mi-
nute zurückkam, lag die Tasche noch an der
gleichen Stelle. Wenn auch der Geldschein
darin fehlte, so kann der Fall doch als ein höchst
erfreuliches Zeichen einer im Ansteigen be-
griffenen Ehrlichkeit gedeutet werden.
Im Garten des Bundeskanzlers Adenauer ent-
kroch bereits am 22. Januar ein Maikäfer dem
Boden. Soll uns das Beispiel des Tierchens nicht
ermutigen, auch unsere Köpfchen aus der
Düsternis dem Licht entgegenzustrecken und
von Zeit zu Zeit mit voller Zuversicht nach
Bonn zu blicken? A. Wisbeck
ZIEL: PRÄSENTIERMARSCH
Haben Sie schon einmal eine Photographie von
einem König gesehen, der in Zivil auf seinem
Throne sitzt? Könige in Gala sind nur in Uni-
formen denkbar. Eine Uniform aber ohne dazu-
gehörige Armee wäre ein Unding. — Wer sich
daher einen König wünscht, wünscht sich auch
gleichzeitig Militär.
Dem königlichen Oberbefehlshaber der Truppen
(deren Montur er in feinster Ausfertigung trägt)
stehen die Unterbefehlshaber zur Seite. Diese
bilden das Offizierskorps. Es liegt in der Natur
der Sache, daß dessen Elite aus dem Adel des
Landes bestehen wird. — Wer daher für einen
König eintritt, tritt gleichzeitig für eine erhöhte
Macht der Adligen und Offiziere ein.
Ein modernes Heer bedarf eines hochentwickel-
ten Rüstungspotentials, um überhaupt als Waffe
zu gelten. Ohne Panzerwerkstätten, Munitions-
und Flugzeugfabriken wäre eine Streitmacht
lediglich eine kostümierte Schar von Umzugs-
teilnehmern. Dazu käme heute noch die Not-
wendigkeit, Laboratorien für Atomforschung
einzurichten, Uran zu schürfen oder zu impor-
tieren, sowie Zyklotrone zu bauen . . . Wer sich
zur Monarchie bekennt, muß auch einer ange-
messenen Wiederaufrüstung mit all ihren Kon-
sequenzen zustimmen.
Gewiß, nicht jeder König ist ein Kriegsanstifter,
und nicht jeder Kriegsanstifter ist ein König.
Wo aber eine „schlagkräftige" Armee vorhan-
den ist, ist der Anreiz, Militärbündnisse mit
anderen einzugehen, verlockend. Die Gefahr
eines Krieges wächst in dem Maße, als Mittel
zur Hand sind, ihn zu führen. „Si vis pacem
para bellum"; dieser Satz hat sich immer und
überall als Trugschluß erwiesen. „Si vis pacem
para pacem", sollte es heißen. — Dazu aber
brauchen wir keinen König. Eher schon einen
Ghandi . . .
Die Soldaten eines Königs können nicht, wie
die Amerikaner, um Sold dienen. Nicht nur der
preußischen, auch der bayerischen Auffassung
von Ehre ist es gemäß, daß sie unentgeltlich
zur Verfügung stehen. In die Praxis umgesetzt
heißt dies: Allgemeine Militärdienstpflicht! —
Wer also dienen will, der unterstütze die baye-
rischen Heimat- und Königsbünde des Prof.
Dr. Brrrr oder des Freiherrn Gänsewein von
Schmarretin. Er wird dann in absehbarer Zeit
Gelegenheit haben, zum Stiefelappell antreten
zu können. Noch später wird er (oder sein Sohn)
vielleicht herausfinden, daß man einen König
hauptsächlich dazu braucht, um zu bestimmter
Stunde „Mit Gott für ihn und das Vaterland"
sterben zu dürfen ... W. F. K.
34
hat sie mir meinen feschen Kavalier schon ausgespannt."
WESHALB NUR IMMER NEGATIV?
Die Aspekte für das Jahr 1950 erscheinen
wenig günstig. Obschon nach dem Abbau des
Restbestandes an Uranerzen eine gewisse Be-
ruhigung und Entspannung der Weltlage ein-
treten dürfte, wird es wohl auch in diesem Jahr
an Konfliktstoffen dieser und jener Art kaum
mangeln. Immerhin: soll der durch vergangene
Leiden entmutigte Mensch auch weiterhin im
Gefühl einer Unsicherheit leben, das ihm be-
reits am Morgen, sobald er die Schlagzeile
seiner Zeitung überblickt, den Tag vergällt?
Weshalb nur immer negativ? Gibt es nicht auch
genug des Positiven, das unser Vertrauen
auf eine bessere Zukunft stärkt und einem er-
lahmenden Lebensgefühl zu neuem Auftrieb
verhilft? Verschiedene Ereignisse der letzten
Wochen können als erfreuliche Zeichen einer
Wandlung zum Positiven gedeutet werden.
Ein amerikanisches Fangboot hat in der Antark-
tis eine ungewöhnlich große Herde von Walen
gesichtet. Der Weltbedarf an Lebertran scheint
damit, allen Befürchtungen zum Trotz, für
dieses Jahr annähernd gedeckt.
Im Alter von 72 Jahren verschied der Taxi-
chauffeur Max Huglberger an einem Leber-
leiden. Der Fall berechtigt zu der erfreulichen
Hoffnung, daß selbst beim Taxigewerbe natür-
liche Todesursachen üblich werden könnten.
In Teisbach, Bez.-Amt Dingolfing, brachte die
Bäuerin Margarethe Sollereder bereits nach
vierwöchentlicher Ehe ein lebensfähiges Mäd-
chen zur Welt. Nachdem sich nicht nur in Nie-
derbayern, sondern auch in Indien derartige
Fälle ereignen sollen, scheint sich im weiblichen
Organismus eine Änderung vollzögen zu haben,
die sich automatisch dem raschen Tempo der
Zeit anpaßt.
Für das erstaunliche Sinken der Eierpreise
wurde bisher trotz aller Bemühungen keine ge-
nügende Erklärung gefunden. Erst neuerdings
gelang es festzustellen, daß die durch die Bom-
benabwürfe erzeugte Atomenergie die Frucht-
barkeit der Hennen in ungeahntem Maße ge-
fördert hat. Wieder einmal einer jener Fälle,
in dem ein zur Vernichtung ersonnenes Mittel
zum Segen der Menschen wird.
Nachdem bereits eßbare Postkarten hergestellt
werden, hat es eine Konditorei unternommen,
eßbare Bücher zu produzieren. Als erste Aus-
gabe erschien „Die Leiden des jungen Wer-
ther", mit erstklassiger Schokolade auf Karls-
bader Oblaten gedruckt. Dem kulturfördernden
Unternehmen gebührt der Dank der ganzen ge-
bildeten Welt, denn es bringt in unaufdring-
licher Weise das Buch dem Menschen wieder
näher und ruft von Oblate zu Oblate längst ver-
gessene Dichtungen in das Gedächtnis zurück.
In Hollywood konnte die Filmschauspielerin
Evelyn Blackpepper das sechswöchentliche Be-
stehen ihrer achten Ehe feiern. Ganz Amerika
befindet sich in einem Wettfieber darüber,
wann die Scheidung erfolgt. Präsident Truman
hat der Jubilarin einen Briefbeschwerer in Form
einer goldenen Turteltaube, der Papst die sil-
berne Tugendrose übersandt.
Ein Kunde hatte in einem Lebensmittelgeschäft
seine, einen Fünfzigmarkschein enthaltende
Brieftasche vergessen. Als er nach einer Mi-
nute zurückkam, lag die Tasche noch an der
gleichen Stelle. Wenn auch der Geldschein
darin fehlte, so kann der Fall doch als ein höchst
erfreuliches Zeichen einer im Ansteigen be-
griffenen Ehrlichkeit gedeutet werden.
Im Garten des Bundeskanzlers Adenauer ent-
kroch bereits am 22. Januar ein Maikäfer dem
Boden. Soll uns das Beispiel des Tierchens nicht
ermutigen, auch unsere Köpfchen aus der
Düsternis dem Licht entgegenzustrecken und
von Zeit zu Zeit mit voller Zuversicht nach
Bonn zu blicken? A. Wisbeck
ZIEL: PRÄSENTIERMARSCH
Haben Sie schon einmal eine Photographie von
einem König gesehen, der in Zivil auf seinem
Throne sitzt? Könige in Gala sind nur in Uni-
formen denkbar. Eine Uniform aber ohne dazu-
gehörige Armee wäre ein Unding. — Wer sich
daher einen König wünscht, wünscht sich auch
gleichzeitig Militär.
Dem königlichen Oberbefehlshaber der Truppen
(deren Montur er in feinster Ausfertigung trägt)
stehen die Unterbefehlshaber zur Seite. Diese
bilden das Offizierskorps. Es liegt in der Natur
der Sache, daß dessen Elite aus dem Adel des
Landes bestehen wird. — Wer daher für einen
König eintritt, tritt gleichzeitig für eine erhöhte
Macht der Adligen und Offiziere ein.
Ein modernes Heer bedarf eines hochentwickel-
ten Rüstungspotentials, um überhaupt als Waffe
zu gelten. Ohne Panzerwerkstätten, Munitions-
und Flugzeugfabriken wäre eine Streitmacht
lediglich eine kostümierte Schar von Umzugs-
teilnehmern. Dazu käme heute noch die Not-
wendigkeit, Laboratorien für Atomforschung
einzurichten, Uran zu schürfen oder zu impor-
tieren, sowie Zyklotrone zu bauen . . . Wer sich
zur Monarchie bekennt, muß auch einer ange-
messenen Wiederaufrüstung mit all ihren Kon-
sequenzen zustimmen.
Gewiß, nicht jeder König ist ein Kriegsanstifter,
und nicht jeder Kriegsanstifter ist ein König.
Wo aber eine „schlagkräftige" Armee vorhan-
den ist, ist der Anreiz, Militärbündnisse mit
anderen einzugehen, verlockend. Die Gefahr
eines Krieges wächst in dem Maße, als Mittel
zur Hand sind, ihn zu führen. „Si vis pacem
para bellum"; dieser Satz hat sich immer und
überall als Trugschluß erwiesen. „Si vis pacem
para pacem", sollte es heißen. — Dazu aber
brauchen wir keinen König. Eher schon einen
Ghandi . . .
Die Soldaten eines Königs können nicht, wie
die Amerikaner, um Sold dienen. Nicht nur der
preußischen, auch der bayerischen Auffassung
von Ehre ist es gemäß, daß sie unentgeltlich
zur Verfügung stehen. In die Praxis umgesetzt
heißt dies: Allgemeine Militärdienstpflicht! —
Wer also dienen will, der unterstütze die baye-
rischen Heimat- und Königsbünde des Prof.
Dr. Brrrr oder des Freiherrn Gänsewein von
Schmarretin. Er wird dann in absehbarer Zeit
Gelegenheit haben, zum Stiefelappell antreten
zu können. Noch später wird er (oder sein Sohn)
vielleicht herausfinden, daß man einen König
hauptsächlich dazu braucht, um zu bestimmter
Stunde „Mit Gott für ihn und das Vaterland"
sterben zu dürfen ... W. F. K.
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Der Simpl
Titel
Titel/Objekt
"Siehste, Papa"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Bildunterschrift: "Siehste, Papa, warum hast du Mutti mitgenommen - jetzt hat sie mir meinen feschen Kavalier schon ausgespannt."
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Der Simpl, 5.1950, Nr. 3, S. 34.
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg