KRUM
Wenn Sie sich über die Titel-
seite dieses Heftes geärgert
haben, so ist das sehr erfreu-
lich, falls Sie sich darüber ge-
freut haben sollten, dann war
es auch nicht richtig, weil es
nämlich solche schwarze Her-
ren gibt, und das ist sehr ärgerlich. Nichts gegen
Gefärbtes und nichts gegen die Schwarzen! Sie
würden uns fehlen und es ginge ohne sie auf
dieser Welt um einiges weniger bunt zu. Auch
nichts gegen ein offenes Wort von der Kanzel!
Von geweihtem Mund abgekanzelt zu werden,
hat schon manchem Sympathien eingebracht.
Aber bei den schwarzen Kanz(e)leien kann es
sogar einem Simpl mitunter zu bunt werden.
Doch urteilen Sie selbst:
LESEZIRKELBEILAGE FOLGE 10
Herausgeber: LESEZIRKEL und WERBEDIENST
Verantwortlich: Helmut Heinelt, Fulda, Severiberg 5.
Ein sauberer Zeitgenosse.
Ab 1. Oktober 1949 müssen wir uns von der Zeit-
schrift .Der Simpl" verabschieden, obwohl diese
sicher manchem einen interessanten und in vielen
Fällen einen besonders tretlenden und .würzigen"
Lesestott geboten hat und wir diesen Schritt iür die
Freunde dieser Illustrierten besonders bedauern. —
Wir singen keinesfalls ein Loblied .zu edle Ge-
müter" treilender Veröffentlichungen, denn wie wii
uns wahrhaftig anstoßerregender und unsittlichei
Lektüre gegenüber stellen, haben wir bereits mehr
als einmal unter Beweis gestellt, was wir unseren
Lesern nicht erst zu betonen brauchen.
In diesem Falle gilt jedoch unser Kampf .besonders
sauberen Zeitgenossen", nicht weil sie sich an der
Veröffentlichung gewisser Zeichnungen im Simpl
Nr. 18 gestoßen haben, sondern weil die Methoden
ihres Einschreitens gegen diese Bilder jeder Be-
schreibung spotten. Wir sind die letzten, die nicht
ein Ohr für die Meinungen unserer Leser haben, um
etwaige Mängel abzustellen. — Aber in diesem
Falle wendet man sich nicht an uns, die wir dieser
Sache am nähesten stehen, sondern unterbreitet
meinen Lesestoff (davon natürlich das, was am ge-
eignetsten erscheint) anonym dem Hochwürdigen
Herrn Bischof, so daß uns von zwei katholischen
Häusern ultimativ unterbreitet wurde, entweder
diese Zeitschrift aus unserem Lesestoff zu entfernen
oder unseren Verleih, der sich notgehorchender-
weise vorerst noch in einem dieser Häuser ab-
wickelt, dort einzustellen. — Mag dieser anonyme
Schreiber an die oberste Kircheninstanz hier in
Fulda nun die Genugtuung besitzen, „anstoß-
Blätter vom Baume der Erkenntnis
In einem Fußballbericht im Münchner Merkur
fand sich der schöne Satz „Das schlug dem Faß
die Krone ins Gesicht". Ob dem Berichterstatter
dabei nicht das Faß in die Krone gefahren war?
*
In München wurde unlängst eine 66jäLrige
Dirne überfallen von einem jungen Kunden,
der sie zu raubmorden, gedachte. Nun, das
kommt vor, jeder Stand hat seine Last. Inter-
essant war nur die zugehörige polizeiliche Mel-
dung, wonach die 66jährige, die seit ihrem
21. Lebensjahr der gewerbsmäßigen Unzucht
nachging, von jedermann für eine 45jährige ge-
halten wurde. Das schlägt den Erkenntnissen
moderner Kosmetik ins Gesicht, wonach bei
üblem Lebenswandel schon eine 21jährige wie
eine 45jährige aussehen müßte. Und man müßte
den Fall bei neuen Untersuchungen über „Wege
zu Kraft und Schönheit" zweifellos ernster Be-
trachtung für wert halten.
*
Nach in- und ausländischen Pressemeldungen
setzt Marschall Tschiangkaischek große, wenn
nicht alle Hoffnungen auf einen dritten Welt-
krieg. Hatte er nicht schon einmal versprochen,
Selbstmord zu begehen, wenn das Kriegsglück
sich gegen ihn wendete? Man sagt immer, den
Chinesen fiele das Sterben so leicht. Das Ster-
ben anderer, scheint es, fällt auch ihnen noch
leichter. Vim
ME WEGE
erregende Lektüre" aus meinem Lesezirkel aus-
geschaltet zu haben, würden wir uns doch freuen,
unseren unbekannten .Freund" einmal näher ken-
nenzulernen, zumal wir ihm in unserer Lesezirkel-
beilage gern genügend Raum für eine Antwort zur
Verfügung stellen.
Alle Offenheit in Ehren, in der man sich Unsittlich-
keiten in Veröffentlichungen widersetzt, aber der
Versuch, einen Namen zu Unrecht herabzuwürdigen,
wird jedenfalls von unserer Seite aus entsprechend
quittiert, denn wir bleiben keinem eine Antwort
schuldig. Ich stelle dieses Handeln dem Kampfe
gleich, der ebenfalls im Dunkeln gegen die Plakat-
aushänge der Damenringkampfveranstaltungen ge-
führt wurde, die wir trotz ausgesprochener sport-
licher Leistung ebenfalls nicht gutheißen. Ein reich-
lich schlechter Kampf für einen guten Zweckll!
Wir machen unsere verehrten Lesefreunde darauf
aufmerksam, daß der .Simpl" Folge 20 für jeden
Interessenten bei uns aufliegt, und ohne daß er in
den Mappen erscheint, jederzeit auf Wunsch per-
sönlich ausgehändigt wird.
Diesen Artikel werden wir dem Freitag-Verlag in
München zur weiteren Verwendung überreichen
und von diesem ebenfalls eine Stellungnahme er-
bitten, die wir dann auch veröffentlichen werden.
Trotz allem verbleiben wir weiterhin
Ihr
LESEZIRKEL u. WERBEDIENST.
Nimm unseren simplen Dank, lieber Helmut
Heinelt, denn Du bist mutig und Deine Lese-
zirkelbeilagen sprechen das, was die Presse
täglich von neuem zu verwässern bemüht ist,
nämlich die nackte Wahrheit. Aber hüte Dich,
gerade diese „Nacktheit" erregt bei den schwar-
zen Herren mehr Anstoß, als sämtliche ge-
rasterten und gedruckten Busen und Schenkel
der Welt.
Neben Dir stehen noch etwa zwei Dutzend
braver Kollegen, die, vor eine ähnliche Frage
gestellt, den Simpl stillschweigend abbestell-
ten. Einige erfanden Ausflüchte, nur vereinzelte
teilten uns vertraulich mit, was vorgefallen war.
Kein Wunder, daß sich unsere Simplgemeinde
verkleinert hat in einer Zeit noch dazu, wo
allerorten Wunder geschehen. Es wäre ja zu
schön, wenn es gerade im „Heiligen Jahr" ge-
länge, den Simpl auf diese Weise zu Grabe zu
tragen. Es wäre auch sinnig und zugleich eine
Machtkundgebung.
Unsere Stellungnahme? Die bleibt! Die schwar-
zen Kanzleien werden es so noch weit treiben,
über ganz Europa hinweg. Na, und dabei wer-
den sie uns auch zwangsläufig wieder an unse-
rem „Astloch" begegnen. DER SIMPL
M. Radier
„Ich glaube, das Loch ist noch zuviel Natur!"
SIMPL-BRIEF KASTEN
Mildernde Umstände? Ein Taschendieb, der aus-
gerechnet die Brieftasche eines Kunstmalers stiehlt,
kann selbstverständlich den Paragraph 51 für sich
in Anspruch nehmen, da er im Augenblick der Tat
offensichtlich schwer geistesgestört war.
Schwere Depressionen. Unverständlich, Ihre trau-
rige Gemütslage. Es kann doch nicht an Ihrer
geschäftlichen Pleite, der Untreue Ihrer Frau und
der plötzlichen Abreise Ihrer Schwiegermutter lie-
gen? Nehmen Sie an einer der Vorlesungen über
Humor teil, die an der Volkshochschule in Rothen-
burg o. d. Tauber abgehalten werden, wo sie ver-
mutlich den Doktor humoris causa erwerben kön-
nen, wie es deutscher Gründlichkeit und deutschem
Ernst auf allen Gebieten der Heiterkeit entspricht.
Teure Kohlen. Ja, billig sind die Kohlen freilich
nicht — vor allem aber sind die billigen Sorten
grundsätzlich nicht am Lager.
Geldsorgen? Unsinn, kaufen Sie ruhig alles, was
Sie sich wünschen auf Abzahlung. Sie haben damit
keinerlei Belastung, trotz mehrmonatigen Gebrauchs
nehmen die Geschäfte rührenderweise alles wieder
zurück, ohne Sie lange mit Abrechnungen über Ihre
geleisteten Zahlungen zu behelligen. Die werden
schlicht als Leihgebühr einbehalten.
Rationelles Arbeiten? Selbstverständlich ist Ein-
sparung mit das wichtigste, was es für Behörden
und Wirtschaft geben kann. Nur darf es Ihnen mit
der Rationierung nicht so gehen, wie dem Münch-
ner Stadtrat, dessen Rationierungsfachmann nach
blendenden Sparvorschlägen von der Stuttgarter
Polizei bei Nacht verhaftet wurde, weil er in den
großen Stuttgarter Entnazifizierungsskandal ziemlich
unsparsam verwickelt sei. Vor solchen Enttäuschun-
gen muß man sich hüten, schon um den vielen, vom
Rationierungsfachmann zum Abbau vorgeschlage-
nen Dienststellenleitern und Beamten die aufregende
Freude über solche Nachrichten zu ersparen, die in
manchen Ämtern in München zu Veitstänzen und
Herzkollapsen geführt haben soll.
Trauriges Gefühl. Wir verstehen gut, daß es
Ihnen nach zehnjährigem Zusammensein schwer
fällt, so plötzlich von den Lebensmittelmarken Ab-
schied zu nehmen. Aber seien Sie getrost: irgend-
welche Wapperl wird es immer geben, mit denen
der Staat sich unserer versichert und irgend etwas
— und seien es Nippes oder Klosettbrillen — wird
er sicher von einer Bezugserlaubnis abhängig
machen, erstens weil wahrscheinlich noch Druck-
aufträge für Karten laufen und zweitens, weil sonst
der Schwarze Markt endgültig und völlig verschwin-
den würde, was im Interesse musealer und histo-
rischer Kulturbetrachtung sehr bedauerlich wäre.
Ist das richtig? Das Buch von Oberkorrektor Al-
fred Jasper „Schreibe richtig deutsch!" müßte natür-
lich heißen „Schreib' richtig deutsch!" Aber es soll
darin ja auch nicht Grammatik, sondern Rechtschrei-
bung gelehrt werden und da kommt's auf einen
kleinen Lapsus der Sprache weiter nicht an.
Übertragungen im Bach-Jahr? Da wird Ihnen das
Trommelfell sauber bleiben. Die westdeutschen Rund-
funkintendanten lehnten Bach-Ubertragungen aus
Leipzig im Rahmen des Bach-Jahres ab, da die Gefahr
eines Mißbrauchs zu politisch-propagandistischen
Zwecken bestünde. Sie werden daher den Thomaner-
chor am besten über ausländische Sender hören, die
weniger ängstlich sind vor musikalischer Propaganda.
Fußgängerjagd. Sie sind aber wirklich empfind-
lich, wenn Sie sich über die zunehmende Rücksichts-
losigkeit der Kraftfahrer beschweren. Sie müssen
eben mehr für Ihre Gelenkigkeit tun, morgens und
abends fleißig Gymnastik mit eingelegtem Hoch- und
Weitsprung treiben, um sich im „flüssigen" Straßen-
verkehr jedesmal rechtzeitig von Rad und Kotflügel
retten zu können. Dem Kraftfahrer gehört nun mal
die Erde, dem Fußgänger allenfalls — der Himmel.
Heilige Mode? Nein — nur der Pariser Mode-
künstler Jacques Fath hat bei seiner Rückkehr aus
Rom erklärt, er habe sich dort nur für ein dem Sinn
des Heiligen Jahres entsprechendes „Kleidmodell"
anregen lassen. So sucht eben mancher bei seiner
Romfahrt noch einen — Schnitt zu machen.
Einzelmensch im Doppelzimmer. Sie werden selber
einsehen, daß die Hotelleitungen bei der Ein-
richtung von Doppelzimmern von der tiefen Er-
kenntnis geleitet wurden: es ist nicht gut, daß der
Mensch allein sei. Für diese Erkenntnis hat der
Mensch Nacht für Nacht den doppelten Zimmerpreis
zu zahlen. Aber bleiben Sie nur länger in irgend-
einem Hotel, durch Zaubermacht wird nach zwei bis
drei Tagen ein Einzelzimmer frei, während es für
die erste bis dritte Übernachtung unmöglich ist,
ohne menschenleeres Nebenbett zu schlafen. Die
Zusammenhänge des Doppelbettes mit der Notlage
des Fremdenverkehrs sind noch nicht ganz geklärt.
DER SIMPL erscheint Jeden zweiten Donnerstag
Bezugspreis pro Monat DM 1.— zuzügl. 6 Pfg. Zustellgebühr. Unsere Zeitschrift dart in Lesemappen nur mit ausdrückt. Zustimmung des Verlages geführt werden. Verlag „DER SIMPL" (Freitag-Verlag),
München 23, Werneckstr. 15a. Fernruf 362072. — Herausgeber n. allein verantwortlicher Chefredakteur: Willi Ernst Freitag. — Redaktion: M. Schrimpf. — Sprechstunden- Dienstag u. Donnerstag von 9 bis
12 uhr._Für unverlangt eingesandte Manuskripte u. Zeichnungen wird keine Gewähr übernommen. Freiumschlag ist beizulegen. — Anzeigen nach Preisliste Nr. 3 v. 1.1.1950. Anzeigen-Verwaltung: Neue
Haasenstein & Vogler Gesellschaft für Wirtschaftswerbung m.b.H., München 1, Roman-Mayr-Haus (Kaufingerstr. 1/2). Tel. 20388. Klischees: Graphische Kunstanstalt Osins, München 5 — Druck und Vertrieb:
Süddeutscher Verlag. München 2, Sendlinger Str. 80, Telefon 28 4 51. Postscheckkonto München 5541. Bankkonto: Bayerische Bank für Handel und Industrie. Depositenkasse, Sonnenstraße 13, Nr. 74107.
Wenn Sie sich über die Titel-
seite dieses Heftes geärgert
haben, so ist das sehr erfreu-
lich, falls Sie sich darüber ge-
freut haben sollten, dann war
es auch nicht richtig, weil es
nämlich solche schwarze Her-
ren gibt, und das ist sehr ärgerlich. Nichts gegen
Gefärbtes und nichts gegen die Schwarzen! Sie
würden uns fehlen und es ginge ohne sie auf
dieser Welt um einiges weniger bunt zu. Auch
nichts gegen ein offenes Wort von der Kanzel!
Von geweihtem Mund abgekanzelt zu werden,
hat schon manchem Sympathien eingebracht.
Aber bei den schwarzen Kanz(e)leien kann es
sogar einem Simpl mitunter zu bunt werden.
Doch urteilen Sie selbst:
LESEZIRKELBEILAGE FOLGE 10
Herausgeber: LESEZIRKEL und WERBEDIENST
Verantwortlich: Helmut Heinelt, Fulda, Severiberg 5.
Ein sauberer Zeitgenosse.
Ab 1. Oktober 1949 müssen wir uns von der Zeit-
schrift .Der Simpl" verabschieden, obwohl diese
sicher manchem einen interessanten und in vielen
Fällen einen besonders tretlenden und .würzigen"
Lesestott geboten hat und wir diesen Schritt iür die
Freunde dieser Illustrierten besonders bedauern. —
Wir singen keinesfalls ein Loblied .zu edle Ge-
müter" treilender Veröffentlichungen, denn wie wii
uns wahrhaftig anstoßerregender und unsittlichei
Lektüre gegenüber stellen, haben wir bereits mehr
als einmal unter Beweis gestellt, was wir unseren
Lesern nicht erst zu betonen brauchen.
In diesem Falle gilt jedoch unser Kampf .besonders
sauberen Zeitgenossen", nicht weil sie sich an der
Veröffentlichung gewisser Zeichnungen im Simpl
Nr. 18 gestoßen haben, sondern weil die Methoden
ihres Einschreitens gegen diese Bilder jeder Be-
schreibung spotten. Wir sind die letzten, die nicht
ein Ohr für die Meinungen unserer Leser haben, um
etwaige Mängel abzustellen. — Aber in diesem
Falle wendet man sich nicht an uns, die wir dieser
Sache am nähesten stehen, sondern unterbreitet
meinen Lesestoff (davon natürlich das, was am ge-
eignetsten erscheint) anonym dem Hochwürdigen
Herrn Bischof, so daß uns von zwei katholischen
Häusern ultimativ unterbreitet wurde, entweder
diese Zeitschrift aus unserem Lesestoff zu entfernen
oder unseren Verleih, der sich notgehorchender-
weise vorerst noch in einem dieser Häuser ab-
wickelt, dort einzustellen. — Mag dieser anonyme
Schreiber an die oberste Kircheninstanz hier in
Fulda nun die Genugtuung besitzen, „anstoß-
Blätter vom Baume der Erkenntnis
In einem Fußballbericht im Münchner Merkur
fand sich der schöne Satz „Das schlug dem Faß
die Krone ins Gesicht". Ob dem Berichterstatter
dabei nicht das Faß in die Krone gefahren war?
*
In München wurde unlängst eine 66jäLrige
Dirne überfallen von einem jungen Kunden,
der sie zu raubmorden, gedachte. Nun, das
kommt vor, jeder Stand hat seine Last. Inter-
essant war nur die zugehörige polizeiliche Mel-
dung, wonach die 66jährige, die seit ihrem
21. Lebensjahr der gewerbsmäßigen Unzucht
nachging, von jedermann für eine 45jährige ge-
halten wurde. Das schlägt den Erkenntnissen
moderner Kosmetik ins Gesicht, wonach bei
üblem Lebenswandel schon eine 21jährige wie
eine 45jährige aussehen müßte. Und man müßte
den Fall bei neuen Untersuchungen über „Wege
zu Kraft und Schönheit" zweifellos ernster Be-
trachtung für wert halten.
*
Nach in- und ausländischen Pressemeldungen
setzt Marschall Tschiangkaischek große, wenn
nicht alle Hoffnungen auf einen dritten Welt-
krieg. Hatte er nicht schon einmal versprochen,
Selbstmord zu begehen, wenn das Kriegsglück
sich gegen ihn wendete? Man sagt immer, den
Chinesen fiele das Sterben so leicht. Das Ster-
ben anderer, scheint es, fällt auch ihnen noch
leichter. Vim
ME WEGE
erregende Lektüre" aus meinem Lesezirkel aus-
geschaltet zu haben, würden wir uns doch freuen,
unseren unbekannten .Freund" einmal näher ken-
nenzulernen, zumal wir ihm in unserer Lesezirkel-
beilage gern genügend Raum für eine Antwort zur
Verfügung stellen.
Alle Offenheit in Ehren, in der man sich Unsittlich-
keiten in Veröffentlichungen widersetzt, aber der
Versuch, einen Namen zu Unrecht herabzuwürdigen,
wird jedenfalls von unserer Seite aus entsprechend
quittiert, denn wir bleiben keinem eine Antwort
schuldig. Ich stelle dieses Handeln dem Kampfe
gleich, der ebenfalls im Dunkeln gegen die Plakat-
aushänge der Damenringkampfveranstaltungen ge-
führt wurde, die wir trotz ausgesprochener sport-
licher Leistung ebenfalls nicht gutheißen. Ein reich-
lich schlechter Kampf für einen guten Zweckll!
Wir machen unsere verehrten Lesefreunde darauf
aufmerksam, daß der .Simpl" Folge 20 für jeden
Interessenten bei uns aufliegt, und ohne daß er in
den Mappen erscheint, jederzeit auf Wunsch per-
sönlich ausgehändigt wird.
Diesen Artikel werden wir dem Freitag-Verlag in
München zur weiteren Verwendung überreichen
und von diesem ebenfalls eine Stellungnahme er-
bitten, die wir dann auch veröffentlichen werden.
Trotz allem verbleiben wir weiterhin
Ihr
LESEZIRKEL u. WERBEDIENST.
Nimm unseren simplen Dank, lieber Helmut
Heinelt, denn Du bist mutig und Deine Lese-
zirkelbeilagen sprechen das, was die Presse
täglich von neuem zu verwässern bemüht ist,
nämlich die nackte Wahrheit. Aber hüte Dich,
gerade diese „Nacktheit" erregt bei den schwar-
zen Herren mehr Anstoß, als sämtliche ge-
rasterten und gedruckten Busen und Schenkel
der Welt.
Neben Dir stehen noch etwa zwei Dutzend
braver Kollegen, die, vor eine ähnliche Frage
gestellt, den Simpl stillschweigend abbestell-
ten. Einige erfanden Ausflüchte, nur vereinzelte
teilten uns vertraulich mit, was vorgefallen war.
Kein Wunder, daß sich unsere Simplgemeinde
verkleinert hat in einer Zeit noch dazu, wo
allerorten Wunder geschehen. Es wäre ja zu
schön, wenn es gerade im „Heiligen Jahr" ge-
länge, den Simpl auf diese Weise zu Grabe zu
tragen. Es wäre auch sinnig und zugleich eine
Machtkundgebung.
Unsere Stellungnahme? Die bleibt! Die schwar-
zen Kanzleien werden es so noch weit treiben,
über ganz Europa hinweg. Na, und dabei wer-
den sie uns auch zwangsläufig wieder an unse-
rem „Astloch" begegnen. DER SIMPL
M. Radier
„Ich glaube, das Loch ist noch zuviel Natur!"
SIMPL-BRIEF KASTEN
Mildernde Umstände? Ein Taschendieb, der aus-
gerechnet die Brieftasche eines Kunstmalers stiehlt,
kann selbstverständlich den Paragraph 51 für sich
in Anspruch nehmen, da er im Augenblick der Tat
offensichtlich schwer geistesgestört war.
Schwere Depressionen. Unverständlich, Ihre trau-
rige Gemütslage. Es kann doch nicht an Ihrer
geschäftlichen Pleite, der Untreue Ihrer Frau und
der plötzlichen Abreise Ihrer Schwiegermutter lie-
gen? Nehmen Sie an einer der Vorlesungen über
Humor teil, die an der Volkshochschule in Rothen-
burg o. d. Tauber abgehalten werden, wo sie ver-
mutlich den Doktor humoris causa erwerben kön-
nen, wie es deutscher Gründlichkeit und deutschem
Ernst auf allen Gebieten der Heiterkeit entspricht.
Teure Kohlen. Ja, billig sind die Kohlen freilich
nicht — vor allem aber sind die billigen Sorten
grundsätzlich nicht am Lager.
Geldsorgen? Unsinn, kaufen Sie ruhig alles, was
Sie sich wünschen auf Abzahlung. Sie haben damit
keinerlei Belastung, trotz mehrmonatigen Gebrauchs
nehmen die Geschäfte rührenderweise alles wieder
zurück, ohne Sie lange mit Abrechnungen über Ihre
geleisteten Zahlungen zu behelligen. Die werden
schlicht als Leihgebühr einbehalten.
Rationelles Arbeiten? Selbstverständlich ist Ein-
sparung mit das wichtigste, was es für Behörden
und Wirtschaft geben kann. Nur darf es Ihnen mit
der Rationierung nicht so gehen, wie dem Münch-
ner Stadtrat, dessen Rationierungsfachmann nach
blendenden Sparvorschlägen von der Stuttgarter
Polizei bei Nacht verhaftet wurde, weil er in den
großen Stuttgarter Entnazifizierungsskandal ziemlich
unsparsam verwickelt sei. Vor solchen Enttäuschun-
gen muß man sich hüten, schon um den vielen, vom
Rationierungsfachmann zum Abbau vorgeschlage-
nen Dienststellenleitern und Beamten die aufregende
Freude über solche Nachrichten zu ersparen, die in
manchen Ämtern in München zu Veitstänzen und
Herzkollapsen geführt haben soll.
Trauriges Gefühl. Wir verstehen gut, daß es
Ihnen nach zehnjährigem Zusammensein schwer
fällt, so plötzlich von den Lebensmittelmarken Ab-
schied zu nehmen. Aber seien Sie getrost: irgend-
welche Wapperl wird es immer geben, mit denen
der Staat sich unserer versichert und irgend etwas
— und seien es Nippes oder Klosettbrillen — wird
er sicher von einer Bezugserlaubnis abhängig
machen, erstens weil wahrscheinlich noch Druck-
aufträge für Karten laufen und zweitens, weil sonst
der Schwarze Markt endgültig und völlig verschwin-
den würde, was im Interesse musealer und histo-
rischer Kulturbetrachtung sehr bedauerlich wäre.
Ist das richtig? Das Buch von Oberkorrektor Al-
fred Jasper „Schreibe richtig deutsch!" müßte natür-
lich heißen „Schreib' richtig deutsch!" Aber es soll
darin ja auch nicht Grammatik, sondern Rechtschrei-
bung gelehrt werden und da kommt's auf einen
kleinen Lapsus der Sprache weiter nicht an.
Übertragungen im Bach-Jahr? Da wird Ihnen das
Trommelfell sauber bleiben. Die westdeutschen Rund-
funkintendanten lehnten Bach-Ubertragungen aus
Leipzig im Rahmen des Bach-Jahres ab, da die Gefahr
eines Mißbrauchs zu politisch-propagandistischen
Zwecken bestünde. Sie werden daher den Thomaner-
chor am besten über ausländische Sender hören, die
weniger ängstlich sind vor musikalischer Propaganda.
Fußgängerjagd. Sie sind aber wirklich empfind-
lich, wenn Sie sich über die zunehmende Rücksichts-
losigkeit der Kraftfahrer beschweren. Sie müssen
eben mehr für Ihre Gelenkigkeit tun, morgens und
abends fleißig Gymnastik mit eingelegtem Hoch- und
Weitsprung treiben, um sich im „flüssigen" Straßen-
verkehr jedesmal rechtzeitig von Rad und Kotflügel
retten zu können. Dem Kraftfahrer gehört nun mal
die Erde, dem Fußgänger allenfalls — der Himmel.
Heilige Mode? Nein — nur der Pariser Mode-
künstler Jacques Fath hat bei seiner Rückkehr aus
Rom erklärt, er habe sich dort nur für ein dem Sinn
des Heiligen Jahres entsprechendes „Kleidmodell"
anregen lassen. So sucht eben mancher bei seiner
Romfahrt noch einen — Schnitt zu machen.
Einzelmensch im Doppelzimmer. Sie werden selber
einsehen, daß die Hotelleitungen bei der Ein-
richtung von Doppelzimmern von der tiefen Er-
kenntnis geleitet wurden: es ist nicht gut, daß der
Mensch allein sei. Für diese Erkenntnis hat der
Mensch Nacht für Nacht den doppelten Zimmerpreis
zu zahlen. Aber bleiben Sie nur länger in irgend-
einem Hotel, durch Zaubermacht wird nach zwei bis
drei Tagen ein Einzelzimmer frei, während es für
die erste bis dritte Übernachtung unmöglich ist,
ohne menschenleeres Nebenbett zu schlafen. Die
Zusammenhänge des Doppelbettes mit der Notlage
des Fremdenverkehrs sind noch nicht ganz geklärt.
DER SIMPL erscheint Jeden zweiten Donnerstag
Bezugspreis pro Monat DM 1.— zuzügl. 6 Pfg. Zustellgebühr. Unsere Zeitschrift dart in Lesemappen nur mit ausdrückt. Zustimmung des Verlages geführt werden. Verlag „DER SIMPL" (Freitag-Verlag),
München 23, Werneckstr. 15a. Fernruf 362072. — Herausgeber n. allein verantwortlicher Chefredakteur: Willi Ernst Freitag. — Redaktion: M. Schrimpf. — Sprechstunden- Dienstag u. Donnerstag von 9 bis
12 uhr._Für unverlangt eingesandte Manuskripte u. Zeichnungen wird keine Gewähr übernommen. Freiumschlag ist beizulegen. — Anzeigen nach Preisliste Nr. 3 v. 1.1.1950. Anzeigen-Verwaltung: Neue
Haasenstein & Vogler Gesellschaft für Wirtschaftswerbung m.b.H., München 1, Roman-Mayr-Haus (Kaufingerstr. 1/2). Tel. 20388. Klischees: Graphische Kunstanstalt Osins, München 5 — Druck und Vertrieb:
Süddeutscher Verlag. München 2, Sendlinger Str. 80, Telefon 28 4 51. Postscheckkonto München 5541. Bankkonto: Bayerische Bank für Handel und Industrie. Depositenkasse, Sonnenstraße 13, Nr. 74107.
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Der Simpl
Titel
Titel/Objekt
"Ich glaube, das Loch ist noch zuviel Natur!"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Der Simpl: Kunst - Karikatur - Kritik
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-11-5 Folio RES
Objektbeschreibung
Objektbeschreibung
Bildunterschrift: "„Ich glaube, das Loch ist noch zuviel Natur!""
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
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Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
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Der Simpl, 5.1950, Nr. 4, S. 44.
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Universitätsbibliothek Heidelberg