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Adreßbuch der Stadt Heidelberg: Adreßbuch der Stadt Heidelberg für das Jahr 1885 — Heidelberg, 1885

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https://doi.org/10.11588/diglit.2470#0246
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F 6. Dienstboten haben sich allen, ihren Kräften und dem Jnhalte dcs Dienst-
vertrages entsprechenden Verrichtungen nach Anordnung der Tienstherrschaft zu unter-
ziehen und sich der Ordnung des Hauses zu unterwersen. Die Dienstboten sind nicht
berechtigt, sich in den ihnen aufgetragenen Berrichtungen vertreten zu lassen. Sie müssen,
selbst wenn sie nur zu gewissen Diensten angeno»nmeii sind, nötigenfalls und vorüber-
gehend auch anderweite ihren Verhältnissen nicht unangcmesiene Verrichtungen nach An-
ordnung der Dienstherrschaft übernehmen. Für Schaden, welchen der Dienstbote der
Herrschaft zugefügt, hat er nach Maßgabe der allgememen landrechtlichen Bestimmungen
Uber Schadenerfatzpflicht Ersatz zu leisten.

8 7. Die Dienstherrschaft ist verpflichtet zur Leistung des Lohnes und Unterhalts
des Dienstboten in Kost und Wohnung, wie solche für Dienstboten der gleichen Art
llblich sind. — Die Ausbezahlung des Lohnes erfolgt am Ende der Dienstzeit. Wird
nach Ablauf der Dienstzeit der Vertrag sortgesetzt, so darf die Zahlung der Hälfte des
verfallenen Lohnes um vier Wochen verschoben werden. DaS auf die Dauer eines
Jahres gemietete Gesinde tann verlangen, daß ihm nach vier Monaten der Dienstzeit
ein Viertel, nach acht Monaten ein weiteres Viertcl des Jahreslohnes ausbezahlt werde.

§ 8. Wird ein Dienstbote ohne eigenes grobes Verschulden krank, so bat die Dienst-
herrschaft ihn acht Tage lang zu vcrpflegen und die Kosten für den Arzt und die Arz-
neien zu übernehmen. Sie ist indessen berechtigt, den Kranken in ösientlichen Kranken-
anstaltcn unterzubringen.

8 9. Stirbt ein Dienstbote, so können seine Erben den Lohn nur für die Zeit
bis zum Eintritt der Erkrankung fordern. Dic Begräbniskosten fallen dem Dienstherrn
nicht zur Last.

8 19. Die Dienstherrschaft ift berechtigt, das Gesinde ohnc Aufkündigung sofort
zu entlasicn:

wegen völliger Unfähigkeit zu den übernommencn Dienstleistungen, sswie wegen
Verhinderung an deren Besorgung, insoferne solches durch eigenes Verschulden des
Dienstboten veranlaßt wurde oder bei zufälliger Entstehung Uber 14 Tage andauerte,
wegen Untreue, hartnäckigen Ungehorsams, wegen Unsittlichkeit, Uberhaupt wcgen solcher
Handlungen, welche nach ihrem Wesen mit dcm für das Dienstbotenverhältnis erforder-
lichen Vertrauen, oder mit der häuslichcn Ordnung unvcreinbarlich sind.

8 11. Tas Gcsinde ist befugt, den Dienst ohne Aufkündigung sosort zu verlasien :

wenn der Dienstbote durch schwere Grkrankung zur Forts.tzung des Dienstes un-
vermögend ist, wenn die Dienstherrschaft in Gant gerät, wenn sie dcn Wohnort blci-
bend verändert oder den Dienstboten nötigen will, längere Reisen in entfernte Gegen-
den mitzumachen;

wenn sie den Dienstboten mißhandelt, ihm Unsittliches ansinut oder ihn vor solchen
Zumutungen Anderer, die zur Familie gehörcn oder im Hause regelmäßigen Zutritt
haben, nicht schützen konnte oder wollte;

wenn sie dem Dienstboten den Lohn über die Versallzeit vorenthält oder ihm den
nötigen Unterhalt verweigert, sowie Uderhaupt wegen solcher Handlungen der Dienst-
herrschaft, welche, wie die angeführten mit den vom Gesinde gcgenüber der Herrschaft
nach dem Dienstbotenverhältnisse zustehenden Anfordernngen unvereinbarlich sind.

8 12. Der auf länger als ein Vierteljahr abgcschlossenc Vertrag kann vor Ablauf
der Dienstzeit mit Frist von 6 Wochen aufgekündet werden, wenn das Haupt der Fa»
milie oder das Mtglied derselben stirbt, für desien besonderc Bedienung das Gesinde
gemietet worden ist.

8 13. Wenn der Dienstbote während der Dienstzeit gemäß 8 10 entlassen wird
oder austritt, so kann er nur nach Maßgabe der Dauer des Vertragsverhältnisics An-
spruch auf die Gegenleistungen des Dienstherrn erheben.

Das Gleiche gilt in den Fällen des 8 12.

8 14. Wenü ein Dienstbote vertragswidrig den Dienst nicht antritt, unbefugt aus-
tritt, oder gemäß 8 10, und zwar in Folge cigenen Berschuldens, entlasien wird, so kann
der Dienstherr, ohne daß eine gerichtliche Auflösung des Vertrags, eine Verzugssetzung
oder der BeweiS deS Eintritts und Betrags des Schabens nötig fällt, statt der Erfül-
lung des VertragS eine Entschädigung verlangen oder in Aufrechnung bringen, welche
sich auf die Hälfte des Vierteljahreslohnes beläuft. Wenn Dienstboten für landwirtschast-
liche Geschäfte in der Zeit vom Juni bis einschließlich Oktober vertragsbrüchig oder ent-
lasien werden, so erhöht sich die Entschädigung auf den vierten Teil dcs Jahreslohnes.
 
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