Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Baum, Julius
Die württembergische Kunst im Zeitalter Eberhards im Bart — Stuttgart, 1912

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2042#0002
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Die württembergische Kunst
im Zeitalter Eberhards im Bart

Von Julius Baum

Mit 10 Textabbildungen und 5 Tafeln (IX bis XIII)

Eine württembergische Kunst im engeren Sinne, als einen selbständigen Bestandteil der schwäbischen,
gibt es seit der Erstarkung der Grafschaft Württemberg im 14. Jahrhundert. Ihre erste Blüte
erlebt sie im Gefolge des hohen politischen und wirtschaftlichen Aufschwungs, der zur Erhebung des
Landes zum Herzogtum führt.

Im Jahre 1434 vermählt sich Graf Ludwig der Ältere mit Mechtild, der Tochter des Pfalzgrafen
Ludwig III. des Bärtigen, die ihm schon in der Wiege verlobt worden war. Mit ihr zieht eine Fürstin
in Württemberg ein, deren Liebe in gleicher Weise allen Kulturgebieten, am meisten jedoch den Künsten
und der Wissenschaft, zugewendet ist. Ihr Beispiel mag in dem 1450 jung verstorbenen Gemahl nicht
minder wie in dem Schwager Ulrich dem Vielgeliebten, vor allem aber in ihrem Sohne Eberhard die
Kunstliebe entfacht und gefördert haben. Auch die Teilung Württembergs im Jahre 1441 42, nach
der Ludwig (f 1450) die oberen Gebiete mit der Hauptstadt Urach behält, während Ulrich (1441—1480)
das untere Land mit der Hauptstadt Stuttgart übernimmt, ist mit seinen zwei Hofhaltungen, zu denen
sich nach Mechtilds zweiter Vermählung (mit Albrecht VI. von Vorderösterreich) 1452 in unmittelbarer
Nachbarschaft noch deren Residenz Rottenburg, die Hauptstadt der Herrschaft Hohenberg, gesellt, der
Ausbreitung der Kunst förderlich. Im Jahre 1482, da Eberhard im Bart, seit 1459 Herrscher in Urach,
wieder ganz Württemberg in seiner Hand vereinigt, ist das vorher kunstarme Land mit hervorragenden
Werken der Architektur, Plastik und Malerei angefüllt, großartige Schöpfungen gehen der Vollendung
entgegen, und gar manches schöne Stück wird von Eberhard (f 1496) während seiner übrigen Regierungs-
zeit dem reichen Kunstbestand noch eingefügt.

Die lebhafte Bautätigkeit setzt bereits in der Zeit der gemeinsamen Regierung Ludwigs des Älteren
und Ulrichs des Vielgeliebten (1433—1441) ein. Graf Ludwig legt 1436 den Grundstein zum Neubau
der Stuttgarter Stiftskirche, errichtet an der gerade im Bau befindlichen Herrenberger Kirche ein Stift
und 1439 bei Urach an Stelle eines älteren Zisterzienser-, dann Benediktinerklosters die Karthause
Güterstein, die auf das reichste ausgeschmückt wird und während der nächsten Zeit als Grablege des
württembergischen Fürstenhauses dient. Graf Ludwig und Gräfin Mechtild, zwei junge verstorbene Söhne,
Andreas und Ludwig, sowie die 1530 gestorbene Prinzessin Anna, eine Tochter des Herzogs Ulrich, werden
hier beigesetzt1); 1552—1554 werden Kloster und Kirche abgebrochen und die Steine für die Neubauten
auf Hohenneuffen und Hohenurach verwendet, die Gräber in die Tübinger Stiftskirche übergeführt. Unter
Ludwigs Profanbauten ist vor allem das 1443 begonnene Uracher Schloß mit seiner dreischiffigen
gewölbten Dürnitz zu nennen, gleich der Karthause Güterstein von Eberhard ausgebaut und verschönert.
Noch bedeutender als die Kunstschöpfungen Ludwigs des Älteren sind die Werke, deren Ent-
stehung seiner Witwe Mechtild2) zu danken ist. Sie hatte während ihrer Kindheit in Heidelberg die
segensreiche Wirkung der Universitätsstudien erfahren. Wie sie fortan den literarischen Bestrebungen
besonders zugeneigt blieb, so war sie doch kaum minder eine eifrige Förderin aller Wissenschaften.
Als Gattin Albrechts VI. nimmt sie lebhaften Anteil an der Gründung der Universität Freiburg i. B.
(eröffnet 1460), und hauptsächlich ihrem Einfluß auf den geistesverwandten Sohn aus ihrer ersten
Ehe, Eberhard, ist auch die Stiftung der Universität Tübingen im Jahre 1477 zuzuschreiben. Hieran
erinnert das schöne Relief in der Kirche zu Sindelfingen, früher am Eingang zum Kloster aufgestellt, das

i) Vgl. Beschreibung des OA. Urach, 2. Aufl. 1909, S. 590, 601; ferner Demmler, Die Grabdenkmäler des württ. Fürsten-
hauses, Straßburg 1910, S. 14 fif.

2) Über ihre literarische Tätigkeit vgl. Strauch, Pfalzgräfin Mechtild in ihren literarischen Beziehungen. Tübingen 1883.

14
 
Annotationen