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Bernhard, Jakob
Kurpfälzer Sagenborn: alte und neue Sagen aus der rechtsrheinischen Pfalz mit besonderer Berücksichtigung der Heidelberger Gegend sowie der angrenzenden Gebiete des Neckartals, des Odenwaldes und des Kraichgaues, der Bergstraße und der Rheinebene — Heidelberg, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.4086#0017
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Das Mahl zu Heidelberg.

Kurfürst Friedrich I., dcr Siegreiche, von seinen Feinden der
böse Fritz genannt, hatte sich gegen den Willen des Kaisers
zum Kurfürsten erhoben. Das mutzte er bitter büßen. Der Kai--
ser bestrafte ihn, indem er ihn in die Reichsacht tat. Da wehrte
sich der Kurfürst aufs äuherste: er lieh u. a. am Gaisberg einen
festen Turm bauen, den er Trutzkaiser nannte. Dadurch zog er
sich freilich auch die Feindschaft der Rachbarfürsten zu. Diese
fielen in der Pfalz ein und verwüsteten überall das schöne Land.
Friedrich rückte seinen Feinden entgegen. und es kam 1462 bei
Seckenheim zur Schlacht.

2n kurzer Zeit besiegte der Kurfürst seine Gegner. Er
führte sie im Triumph nach Heidelberg. Jn einem finstern
Turm des Schlosses, den man den Seltenleer nennt, wurden die
Besiegten (der Markgraf von Baden, der Graf von Württem»
berg und der Bischof von Metz) gefangen gehalten. Schon am
ersten Tage ihres Aufenthaltes lud der Sieger die Gefangenen
zu einem Mahle ein. Speisen und Trank wurden in Hülle und
Fülle dargeboten. aber die hungrigen Gäste vermißten eines,
das ihnen als das Wichtigste erschien: das Brot.

2lls einer der Herren darnach fragte, öffnete der Gastgeber
das Fenster und zeigte ihnen die vielen brennenden Dörfer, die
verwüsteten Felder und die zerstörten Mühlen. Da sahen die
Herren ein, dah ihnen das Drot mit Recht verweigert wurde.
Der Kurfürst forderte die Gäste auf, Saatgetreide aus ihren
Fruchtkammern zu schicken und sich zu gedulden, bis die Zeit der
Ernte herangenaht sei.

Ein volles 2ahr muhten die Fürsten als Gefangene auf
dem Heidelberger Schloh verharren. (Rach Kahser)

Schinderhannes.

Hast du schon gehört, daß Heidelberg einen berühmten Räu-
berhauptmann beherbergt? Der Schinderhannes ist's, der sich
das Anatomische Museum der Aniversität als Mterssitz gewählt
hat. Du brauchst freilich keine Angst zu haben vor dem Halun-
ken, denn nur sein Totenschädel grinst dir entgegen, und sein
Skelett sowie die Köpfe einiger seiner Spießgesellen, die ihm
Gesellschaft leisten, werden dir ein bißchen Gruseln verursachen.

»Hannes Durchdenwald", wie er sich selber nannte, lebt noch
heute in der Erinnerung mancher Leute als ein Art Held wei-
ter. Er stammte von überm Rhein, wo er im Mosel-, Rahe-
und Saargebiet sein Anwesen trieb. Mit Borliebe hielt er sich
 
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