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Bernhard, Jakob
Kurpfälzer Sagenborn: alte und neue Sagen aus der rechtsrheinischen Pfalz mit besonderer Berücksichtigung der Heidelberger Gegend sowie der angrenzenden Gebiete des Neckartals, des Odenwaldes und des Kraichgaues, der Bergstraße und der Rheinebene — Heidelberg, 1933

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https://doi.org/10.11588/diglit.4086#0091
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Doin Weihergrund bei Eschelbronn.

In einem Seitentülchen ber Schwarzbach gegen Hoffenheim
zu liegt das auf drei Seiten von Wald umgebene Gewann
„Weihergrund". Seinen Namen hat es daher, daß ehedem ein
kleiner See oder Weiher in seinem Gebiete lag. Mitten im
Wasser aber ragte eine Infel empor, auf der ein Prächtiges
Schloh stand. Längst sind die Mauern verschwunden und dem
Erdboden gleichgemacht, und lange kannte man den Plah nicht,
auf dem es gestanden. Da stieß eines Tages ein Bauer beim
Pflügen auf eine Anzahl größerer Fundamentsteine. Er wollte
sie freilegen und heben, aber es fehlte ihm das Werkzeug dazu.
Da ging er des andern Tages wieder hinaus und nahm ein star--
kes Hebeisen mit. Er grub und grub; doch alle seine Be-
mühungen waren umsonst. Zu allem Anglück rutschte ihm das
Eisen aus der Hand und verschwand in der Tiefe. Er stand rat-
los da. Wohin mag das Werkzeug gefallen sein? War's eine
Erdspalte oder ein Keller, wer wollte das feststellen? Der
Vauer erschrak so sehr, dah er nichts mehr anrührte und so rasch
wie möglich nach Hause lief. Die Geschichte wurde rasch in der
ganzen Gegend bekannt. — Dah es im „Weihergrund" schon im-
mer nicht geheuer gewesen, ist auch der folgenden Begebenheit
zu entnehmen: Einmal hackte ein Bauer mit seinem Gesinde
Dickrüben auf jenem Feld. Weil die Zeit drängte — die Pflan-
zen waren schon ziemlich groß — so blieben die Arbeiter auch
über Mittag draußen. Bei aller Llrbeit machten sie auch kleine
Scherze. Im Äbermut riefen die jungen Burschen: „Bummerle"
(Hund), „Bummerle", komm! Sie hatten noch nicht recht den
Mund zu, da kam auch schon ein Hund, einen Schlüsselbund um
den Hals gehängt, direkt auf die Rufer zu. Eine solche Äber-
raschung hatten sie nicht erwartet. So laut sie vorher geschrien,
so still wurden sie jeht, kreidebleich vor Angst und Schrecken.
Woher mag das Tier so plötzlich gekommen sein, und weshalb
hatte es die Schlüssel anhängen? Die Grohmäuler brachten auch
nicht mehr ein Sterbenswörtlein über die Lippen. Hätten sie
den Mut gefunden, dem Hunde die Schlüssel abzunehmen. so
wäre das verschwundene Schloh wieder zum Borschein ge-
kommen.

So aber mußten sie beschämt nach Hause gehen und hatten
zu ihrem Schreck obendrein noch Hohn und Spott zu erdulden.

W. Sambel.
 
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