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Schulz, Hugo [Bearb.]; Conradus <de Megenberg> [Bearb.]
Das Buch der Natur: die erste Naturgeschichte in deutscher Sprache — Greifswald, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.2070#0006
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VIII

gäuger, denen er seine Angaben entlehnen musste, hatten es nicht
besser gemacht, und die irrigen Angaben vererbten sich einfach
vom Einen auf den Andern. Wir finden manche Aeusserung durch
Anführung eines berühmten Namens illustrirt, dessen Träger an
der Sache ganz unschuldig war, einzelne Namen sind auch ganz
verkehrt wiedergegeben. So ist der oft genannte Adelinus mit
Aldhelmus identisch. Wer der jüdische Gelehrte Tethel gewesen
ist, habe ich, trotz vielfachen Suchens und Nachfragens nicht her-
ausbekommen können.

Zwei Punkte sind es, die uns Megenbergs Buch besonders an-
ziehend und werthvoll machen. Es unterscheidet sich zunächst von
allen ähnlichen Erscheinungen der damaligen Zeit dadurch, dass es
in deutscher Sprache seinen umfassenden Inhalt auch dem, des
Lateins unkundigen Laien, zugänglich machte. So konnte sich Jeder,
der die Kunst des Lesens erlernt hatte, aus Konrads Naturgeschichte
über Das, was ihm wissenswerth dünken mochte, unterrichten. Die
grosse Anzahl der noch heute vorhandenen Handschriften zeigt,
dass Konrad von Megenberg schon hierdurch allein einem Bedürf-
nisse Rechnung getragen hat, das, von weiteren Kreisen gefühlt,
in dem scholastischen Latein seine Befriedigung nicht finden konnte.

Wir haben in Konrad von Me£'enberu:s Buch der Natur die
erste deutsche Naturgeschichte!

Der zweite und für uns heute das Interesse beim Lesen des
Buches in ganz besonderer W^eise erregende Umstand ist dieser:
Die einzelnen Angaben und Mittheilungen, die uns in ihm entgegen-
treten, sind nicht einfach fremden Quellen entlehnt und abgeschrieben!
Ueberall begegnet uns das Bestreben Konrads, sein Material, wo es
irgend angeht, kritisch zu bearbeiten. Erscheint es ihm nothwendig,
so beleuchtet er die fremden Angaben näher, prüft sie auf ihre
Richtigkeit, macht auf Unwahrscheinlichkeiten aufmerksam, versucht
die Beweisführung der Berechtigung seiner abweichenden Anschauung
und zensiert manche ehrwürdige Ueberlieferung einfach mit den
kurzen Worten: Das glaube ich nicht! Konrad steht dadurch
wesentlich höher da wie die grosse Anzahl von Schriftstellern jener
Zeitepoche, die über ein blosses Zusammentragen älterer Berichte
eigentlich nicht hinauskamen. Weiterhin versteht es Konrad, an
passender Stelle selbst Erlebtes und Beobachtetes einzuflechten.
Dadurch gewinnt sein Buch noch mehr den originellen Charakter,
der für mich ein Hauptmoment gewesen ist, obwohl nicht Germanist
 
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