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ersättlich, wie der Wolf und seines Gleichen, und bei den Vögeln
der Pelikan und der Taucher, der lateinisch Mergus heisst. So
sind auch die Menschen mager an guten Werken, die Gottes Wort
gleich wieder fahren lassen und vergessen. Wie Mancher spricht:
Ach welch gute Predigt der Pfarrer heute gehalten hat! und frage
ich: Was hat er gesagt? so ist die Antwort: Wahrlich, ich weiss
es nicht! Der Mensch hat acht Rippen, zuweilen auch zehn. Die
gehörnten Thiere haben dreizehn, die Schlangen dreissig. Plinius
giebt an, dass Thiere, die von Natur lange leben, auch längere
Zeit im Leibe der Mutter verweilen. Man könnte die Frage auf-
werfen, warum einige Thiere nicht wiederkäuen? Der Grund ist
der, dass einige Thiere einen sehr heissen Magen haben, der das
Futter leicht verdaut und zur Aufnahme durch den Organismus
passend macht. Solche Thiere käuen nicht wieder, wie das Schwein,
der Hund und diesen ähnliche. Andere aber haben einen kalten
Magen, die müssen wiederkäuen und ihre Nahrung zweimal zer-
kleinern, damit sie verdaut werden kann. Hierhin gehören die
Rinder, der Hirsch und diesen ähnliche Thiere. Ferner ist zu be-
achten, dass das Fett dieser Thiere trockner und härter und der
Talg stärker angebildet ist, wie bei denen mit heissem Magen.
Diese letzteren sind das Ebenbild sinnreicher Schüler, die zum
Lernen die rechte Hitze und Liebe zeigen. Sie machen sich die
Kost der heiligen Schrift gar leicht zu eigen. Die kalten Thiere
aber sind ein Sinnbild der Schüler, die zum Lernen träge sind und
die heilige Schrift nur schwierig in sich aufnehmen. Denn in die
bösen, zur Leichtfertigkeit geneigten Seelen zieht die Weisheit nicht
ein, wie Salomo spricht. Sie haben härteres Fett wie die anderen,
das heisst, sie leben ihren Genüssen und ihrer Wollust ohne gött-
liche Andacht, sie dienen der Nacht und nicht dem Tage, sie fallen
leicht auf ihr Gesäss, denn sie vergessen der künftigen Seligkeit
und ergeben sich irdischer Ueppichkeit. Jedoch ist zu bemerken,
dass das Schaf zwar einen heissen Magen hat, gleichwohl aber
wiederkäut. Dies rührt daher, dass es schlechte Zähne hat und
desshalb das Futter nicht ordentlich zerkleinern kann. So handeln
die klugen Meister und Schüler, die Das sehr oft wieder lesen,
was sie vorher wohl wussten, denn es fehlen ihnen die scharfen
Zähne, mit denen sie der Welt Ueppichkeit geniessen könnten.

Ich habe nun über die Thiere im Allgemeinen gesprochen.
Jetzt wollen wir von jedem einzelnen insbesondere handeln, und

Schulz. Konrad von Megenberg's Buch der Natur. i
 
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