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ist schön und ansehnlich in seinem Aeusseren und doppelt so gross
wie die anderen Bienen. Es hat aber kürzere Flügel wie die anderen,
seine Beine sind gestreckter, und in seinem Gang ragt es vor den
übrigen Bienen hervor. An der Stirn trägt es einen weissen Büschel,
womit die Natur es vor den andern Bienen ausgezeichnet hat. Es
wird behauptet, der Bienenkönig habe keinen Stachel, um damit zu
stechen, im Gegensatz zu den übrigen Bienen, weil er durch die
ihm eigene Gewalt hinlänglich geschützt sei. Ambrosius sagt jedoch,
dass er zwar einen Stachel führe, aber nicht mit ihm steche, weil
ei von Natur so milder Art sei. Das einzelne Bienenvolk theilt sich
in drei Gruppen. Die erste bilden die Mutterbienen, die edeler und
auch grösser sind, wie die anderen. Die zweite Gruppe wird ge-
bildet von kleineren aber sehr kräftigen Bienen, die emsig schaffen,
wie ein Volk unter einem Meister. Diese Bienen sind den Müttern
untergeben und gehorsam, thun auch Nichts ohne das Geheiss der
grösseren. Die dritte Gruppe besteht aus den Bienen, die im
Lateinischen Fuci1) genannt werden. Es sind unvollkommene
Bienen, sie haben keinen Stachel, und sind die Diener der richtigen
Bienen der ersten Gruppe. So lange der Bienenkönig jung ist,
pflegen die Bienen ihm stets und emsig zu folgen, wohin er auch
fliegt oder geht. Ihre Wohnung bauen sie wie eine Burg und lassen
die obersten drei Zellen leer von Honig, damit der Honig nicht
gleich auf den ersten Blick Jemanden einlade, der ihnen schaden
könnte. Die übrigen Zellen füllen sie aber mit Honig an. Die
Bienen schlafen in ihrem Korbe bis zum Morgen um die Mettenzeit,
bis eine von ihnen bei Sonnenaufgang zwei oder dreimal gebrummt
oder gesummt hat, grade wie ein Wächter, der mit dem Heerhorn
den Tag anbläst. Die Bienen besitzen nemlich die Fähigkeit, vorher
zu merken, ob der Tag gelinde oder schön werden wird. Dann
fliegen sie aus und sammeln Gut und Schätze. Droht aber Regen
und Wind, so halten sie sich in ihrem Korbe zusammen. Wenn sie
bei der Arbeit sind, sammeln sie an ihren Füssen Blütenstaub, so
dass es aussieht, als hätten sie Hosen an. Andere sammeln das
süsse Thauwasser in ihrem Munde und in ihrem ganzen Pelz und
tragen es in ihren Bau. Ambrosius sagt: Man sieht die Bienen
immer wetteifern in der Thätigkeit für ihren Besitz. Einige sind
besonders wachsam und bemüht, Futterplätze zu suchen. Andere

J) So nennt Virgil die Drohnen.
 
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