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Schulz, Hugo [Bearb.]; Conradus <de Megenberg> [Bearb.]
Das Buch der Natur: die erste Naturgeschichte in deutscher Sprache — Greifswald, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.2070#0258
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Haupt, aus Furcht, dass ihr Gemeinschaft gefährdet werden könne,
wenn sie sich mehrere Führer erwählen. Desshalb wählen sie nur
den Besten. Ach Gott, wie wenig solcher Bienen giebt es zu
unserer Zeit! Alle Bienen sind zu Wespen und Hornissen geworden.
Um seines bitteren Todes und seiner unergründlichen Barmherzigkeit
willen wolle Gott seiuem Hause zu Hülfe kommen, das so sehr
verdirbt und verdorben ist. Du weisst wohl, was ich meine, barm-
herziger Gott, lass Deine Gnade erscheinen!

2. Von der Spinne.

Aranea heisst eine Spinne.*) Dieser Wurm besitzt die be-
sondere Eigenschaft, aus seinen Därmen Fäden spinnen und Netze
weben zu können, mit denen er die Fliegen fängt. Die Spinnen
haben nemlich in sich eine Wolle producirende Kraft, durch die sie
die Fäden hervorbringen. Es kommt häufig vor, dass die Spinne
sich bei ihrem Spinnen so ausdärmt, dass Nichts mehr in ihr bleibt
und sie zu Grunde gehen muss. Man sagt auch, die weiblichen
Spinnen spännen und webten die Netze, und die männlichen fingen
die Fliegen damit. Aus ihren Lenden bringen sie kleine Würmchen
hervor, die aussehen wie Eier, und die sie in den Netzen absetzen.
Auch ohne Begattung können Spinnen entstehen, aus verfaulten
Gegenständen wie auch aus dem feinen Staub, der in der Sonne
fliegt, falls er gefault ist, und endlich auch aus dem Speichel, den
der Mensch nach der Mahlzeit auswirft. Die Spinne webt, wenn
das Wetter hell ist, bei trübem nicht. Ein Naturforscher bemerkt,
dass die Spinne nicht eher neue Beute macht, bis sie die vorher
erlegte völlig aufgezehrt hat. Legt man Spinngewebe auf eine
frische Wunde, so schwillt und fault sie nicht. Die Spinnen leben
von Säften und Feuchtigkeiten und sterben desshalb nie vor Hunger.
Ziehen die Spinnen ihre Netze in die Höhe, so deutet es auf Regen.
Die Spinne hat die Gewohnheit, sich an einem Faden über dem
Kopf einer Schlange zu schaukeln, die im Schatten eines Baumes
ihren Kopf in die Höhe streckt. Dabei beisst sie die Schlange so
gewaltig, dass sie ihr bis auf das Gehirn kommt und sie so um-
bringt. Aristoteles giebt an, man solle ein Pflaster aus Fliegen
auf die, vom Biss einer Spinne herrührende, geschwollene und
schmerzhafte Stelle legen, dann werde es besser. Meister Michael

x) Die verschiedenen. Gewebe verfertigenden Spinnenarten: Tegenaria,
Segestria, Epeira u. s. w.
 
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