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Der Honig, den die Bienen von der Linde eintragen, ist besser und
wohlriechender wie jeder andere. Auch bekommt der Schatten
dieses Baumes den Menschen besser wie der jeden anderen Baums.

54. Vom Weinstock.

Vitis heisst ein Weinstock.2) Er ist auch eher eine Staude
wie ein Baum. Bringt man die Weinbeeren in einen warmen Ofen
und trocknet sie darin, so heissen sie lateinisch Uva passa, geröstete
Weinbeeren. Die Rebenblüten tödten die Schlangen, und der beim
Beschneiden ausfliessende Saft vertreibt die Krätze und ähnliche
Hautkrankheiten. Die gepulverte Wurzel beseitigt die Unsauberkeit
und den Eiter aus den Ohren. Ihr Saft zertrümmert den Blasen-
stein. Frisch abgeschnittene Weinreben werden am Feuer vor-
sichtig angeröstet, wieder herausgezogen uud der Saft ausgepresst.
Dieser Saft ist triefenden Augen und überhaupt kranken Augen
heilsam, wenn man ihn hiueinträufelt. Nach einer reichlichen Wein-
lese soll man wenig, und nach einer geringen ordentlich und mehr
trinken. Das ist so zu verstehen, dass man das Weinquantum,
welches man trinken will, nicht danach bemessen soll, ob man viel
oder wenig Wein hat, sondern man soll ihn zu eigenem Nutzen und
massig geniessen. Also trinke wenig in einem guten und reichlich
in einem schlechten Herbst. Der gewöhnliche Boden bringt mehr
Wein, das Gebirge aber bessere Qualität. Der Südwind, welcher
Auster genannt wird, veredelt durch seine Wärme den Wein in
den Reben; der, Aquilo genannte, Nordwind dagegen vermehrt wegen
Beines Wassergehaltes den WTein in den Stöcken, die er trifft. Die
Trauben sind gesunder zu essen drei Tage nach der Lese, weil sie frisch
gepflückt am ersten Tage blähend wirken. Ist dagegen der blähende
Dunst aus ihnen entwichen, so bekommen sie besser. Hängend
aufgehobene oder mit Honig und Zucker eingemachte, auf dem
Ofen getrocknete Weinbeeren sind ein gutes Nahrungsmittel. Die
Weinrebe ist dadurch charakterisirt, dass an der einen Seite derselben
aus einer Knospe das Weinblatt sich entwickelt und an der anderen
Seite die Traube. Dem kalten Winde ausgesetzt bringen die Reben
zwar viele Blätter aber wenig Trauben. Jakobus behauptet, der
Saft aus den Reben sei für giftige Thiere schädlich. Ein Wein
von mittlerer Stärke ist der beste, den soll man nach Belieben
trinken. Galen sagt, der Wein werde mit zunehmendem Alter

2) Vitis vinifera L.
 
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