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Schulz, Hugo [Oth.]; Conradus <de Megenberg> [Oth.]
Das Buch der Natur: die erste Naturgeschichte in deutscher Sprache — Greifswald, 1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.2070#0325
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20. Von der arabischen Myrrhe.

Myrrha Arabiae heisst arabische Myrrhe.1) Isidorus be-
schreibt sie als einen, etwa 10 Ellen hohen Baum, voller Bornen
und Stacheln und mit sehr harter Rinde. Das Harz des Baumes-
ist grün und sehr bitter. Der freiwillig- ausgeflossene Saft ist besser
wie der, durch Einschnitte in die Rinde gewonnene. Wirft man
die Zweige des Baumes in's Feuer, so ist Das für die am Feuer
sich aufhaltenden Leute sehr schädlich. Sie verfallen durch den
sich entwickelnden Rauch in unheilbares Siechthum, wenn sie nicht
schleunigst den Geruch des Baumes einathmen, der Storax genannt
wird und nachher noch besprochen werden soll. Die gesammelten
und an der Sonne getrockneten Blätter und Blüten des Baumes
wirken kräftigend und zusammenziehend. Sie sind gut gegen Un-
verdaulichkeit, Durchfall und Blutfluss. Die Myrrhuli, deutsch
Myrrhen, genannten Früchte sind indessen wirksamer, ebenso auch
das Harz. Die Blätter gleichen denen des Oelbauraes, sind aber
etwas krauser, haben einen gezähnelten Rand und sind in ihrer
ganzen Gestalt etwas rundlicher. Der Saft oder das Harz des-
Baumes wird auch Myrrha genannt, ist zuweilen ganz hell gefärbt,
uud es ist dies die beste Sorte. Die röthlich oder dunkel gefärbten
Stücke sind nicht so gut. Das Harz wirkt erhitzend, austrocknend
und eröffnend, entfernt die Gasansammlungen aus dem Darm und
den Gliedern. Der beim Verbrennen des Harzes aufsteigende Rauch
verhält sich ebenso. Indessen trocknet er die zu feuchten Glieder
in kürzerer Zeit und angenehmer Art, ohne Beissen und Nagen.
Das Harz ist arzneikräftig und wird desshalb starken und energisch
wirkenden Arzneien zugesetzt. Es wirkt so stark fäulnisswidrigr
dass es einen Leichnam vor der Verwesung, jeglicher Veränderung
und fauligem Geruch schützt, besonders wenn es mit Aloe2) zu-
sammen angewandt wird, von der wir schon gesprochen haben.
Das wusste Joseph von Arimathia wohl, der Aloe und Myrrhe kaufte,,
als er unseren Herrn begraben wollte. Schon die drei Könige
deuteten es an, dass Christus begraben werden sollte, als sie ihm
Myrrhen opferten. Die Myrrhe entfernt weiterhin die rohe, über-
flüssige Feuchtigkeit und beseitigt den übelen Geruch aus dem
Munde, macht ihn vielmehr angenehm. Eine Salbe aus Myrrhe,
Eiweiss und Wein, in die Achselhöhlen und die Regio pubica ein-'

*) Balsamodendron myrrha N.
2) Das Aloeholz ist gemeint.
 
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