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Thiel, Viktor
Papiererzeugung und Papierhandel vornehmlich in den deutschen Landen von den ältesten Zeiten bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. — 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2403#0023
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128 Papiererzeugung und Papierhandel.

Daniel Dier aus Reutlingen als erster Papierer auf der 1578 von der
Stadt Frankenberg in Hessen errichteten Papiermühle145).

Im Laufe des 16. Jahrhunderts mußte Frankfurt seine zentrale Stel-
lung im Buchhandel und hiemit auch im Papierhandel in zunehmendem
Maße an Leipzig abgeben. Schon im 15. Jahrhundert hatten geschäft-
liche Beziehungen der Papiermacher in Nürnberg, Augsburg, Ulm, Basel,
Bern und Reutlingen zur Büchermesse in Leipzig bestanden146), mit der
fortschreitenden Erschließung des Ostens für das deutsche Wirtschafts-
leben stieg die Bedeutung Leipzigs. Schon um 1600 betrieb es einen
umfangreichen Zwischenhandel nach Schlesien, Preußen und Polen147).
Wie sehr anfänglich auch in Leipzig süddeutsches Papier vorwog, läßt
die Nachricht erkennen, daß die vier Papiersorten, die 1563 ein Leipziger
Spezereihändler vorrätig hatte, überwiegend Ravensburger Herkunft
waren148). Der Leipziger Stadtrat bezog 1512 von Hans Keller zwei
Bällchen des besten Ravensburger Papiers und der Ratsherr Wolff Wie-
demann bestellte 1517 für die Ratskanzlei Papier aus Nürnberg. Daß
aber damals noch die Frankfurter Messe an Bedeutung jene in Leipzig
überragte, ist aus dem Umstände ersichtlich, daß der Leipziger Buch-
führer Melchior Lotter dem Rate in Leipzig in den Zwanzigerjahren des
16. Jahrhunderts alljährlich einen Ballen Ravensburger Papier von der
Frankfurter Messe mitbrachte. Hernach wurde auch die vorzügliche
Frankfurter Marke nach Leipzig geliefert; so fanden sich im Nachlasse
Christoph Brantmüllers in Leipzig (1555) „9 buch franckfordisch pappir".
Der Gewinn bei den Papierlieferungen aus Süd- und Mitteldeutschland
nach Leipzig war erheblich, schon durch den Unterschied in der Berech-
nung des Ballens, da man ihn im Süden zu 12, in Norddeutschland zu
10 Ries rechnete. In Leipzig galt der doppelte Papierpreis wie in Frank-
furt, was sich aus der Schwerfälligkeit des Transportes auf der Achse
erklärt149).

Als sich im Laufe des 16. Jahrhunderts die Papiererzeugung in den
Sudetenländern bedeutend hob, insbesondere in Böhmen, Lausitz und
Sachsen, war es vor allem der Leipziger Platz, dem sich ihre Erzeugnisse
zuwandten. Wie die Frankfurter Messen, wurden nunmehr auch die
Leipziger Messen als Zahlungstermine im Buch- wie im Papierhandel
gebraucht. 1517 ist der Kartenmacher Lorenz Kune in Leipzig dem Clau-
dio, Papiermacher in Prag, 17 fl. schuldig, worauf er jeden Leipziger
Markt 2 fl. abzahlen will; 1569 verpflichtete sich Ambros Fritsch in
Görlitz, dem Papiermacher Jonas Adam in Zittau eine Schuld von
80 Mark teils auf dem „nächsten Sitter kalten markt", teils zur Leip-
ziger Neujahrsmesse zu bezahlen150).

m) Hössle, Geschichte der alten Papiermühlen in Hessen, in: Der Papier-
fabrikant XXVI (1928) Heft 20. — B r iq uet Nr. 136ff. führt 81 alte Frankfurter
Wasserzeichen an. Über die Frankenberger Wasserzeichen ebd. Nr. 1922 und 8162 f.

U6) Albert Kirchhoff, Pantschmanns Buchhandel im „Archiv" XII, 76. —
Über die Entwicklung Leipzigs zur Zentrale des deutschen Buchhandels vgl. Kirch-
hof f im „Archiv" II, 33 ff. und XI, 183.

147) Kirchhoff, Aus den Akten des Stadtarchivs zu Leipzig, im „Archiv"
XII, 133; F. Herrn. Meyer, Johann Gottlob Immanuel Breitkopf, ebd. XIII, 200(1).

148) Schulte a. a. O. I, 623ff.

"9) F. Herrn. Mey e r a. a. O. im „Archiv" XI, 303, 318 f.
150) Kirchhoff, Geschichte der Preßmaßregelungen und des Verkehrs auf
den Büchermessen des 16. und 17. Jahrhunderts, im „Archiv" II, 62. — F. Herrn.
 
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