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Thiel, Viktor
Papiererzeugung und Papierhandel vornehmlich in den deutschen Landen von den ältesten Zeiten bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. — 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2403#0038
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Papiererzeugung und Papierhandel. 143

burgern gelang es, die Breslauer Kaufleute aus dem Papierhandel nach
Pommern, Preußen, Schweden und Dänemark zu verdrängen. Auf diese
Folgen verwiesen 1697 die schlesischen Stände, als sie die Aufhebung
des Zuschlages forderten214).

Auch in Sachsen wurde um diese Zeit ein „Imposto" auf Papier ge-
schlagen. Auf die Beschwerde der Buchhändler und Buchdrucker in
Leipzig, daß die Papiermacher und Papierhändler das Druckpapier
wegen des Aufschlages nicht mehr nach Leipzig, sondern auf Neben-
wegen in benachbarte Orte führen, verbot 1704 Kurfürst Friedrich August
ein solches Vorgehen215).

Zweifellos konnte ein Aufschlag nicht dazu dienen, die Papier-
erzeugung zu fördern. Und doch war dies schon im eigensten Interesse
der Staatsgewalten geboten, soferne sie ihre Amtsapparate ausreichend
mit guten heimischen Erzeugnissen versorgen wollten. So versuchte die
Wiener Hofkammer den Amtsbedarf in eigener Regie zu decken durch
Ausgestaltung der Papiermühle in Obereggersdorf bei Wiener-Neustadt,
die nach der Hinrichtung des Eigentümers, des Grafen Nadasdy, 1671
in staatliche Verwaltung gekommen war; doch war der Pächter nicht
imstande, Papier in jener Güte zu liefern, wie es bisher vom Linzer
Markte bezogen worden war. Auch die von der Stadt Wien 1732 erbaute
Papierfabrik in Rannersdorf entsprach den Erwartungen nicht216). Da
und dort wurden in Österreich Papiermühlen durch adelige Großgrund-
besitzer errichtet217); es scheint dies unter dem Einflüsse des Volks-
wirtschaftlers Freiherrn von Hochberg geschehen zu sein, der in seinem
Werke „Adeliches Landleben" (1687 in erster, 1716 in fünfter Auflage
erschienen) seinen Standesgenossen eindringlich industrielle Betäti-
gung, so auch die Errichtung von Papiermühlen empfahl.

Auch der Große Kurfürst von Brandenburg widmete seine Fürsorge
der Papiererzeugung. Zur Sicherung des Papierbedarfes der Staats-
kanzlei wurde schon 1673 die Errichtung einer Papiermühle in Hohen-
krug in Pommern anbefohlen, doch wurde sie erst 1691 erbaut. Unter
den französischen Reformierten, die 1687 nach Prenzlau einwanderten,
befand sich auch der Papiermacher Francois Fleureton aus Grenoble,
nach dessen Plänen auf Kosten der preußischen Kriegskasse 1694 die
landesfürstliche Papiermühle in Prenzlau erstand218).

Der scharfe politische Gegensatz zwischen Österreich und Preußen,
wie er sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts herausbildete,
bewirkte auch eine ungemein rege Tätigkeit auf allen Gebieten des
Innenlebens. Die Loslösung Schlesiens von Österreich, für dessen Wirt-
schaft es einen Grundpfeiler gebildet hatte, machte es nötig, die wirt-
schaftlichen Grundlagen der Monarchie neu zu gestalten. Ein neuer

2U) Grünhagen in: Abhandlungen der schlesischen Gesellschaft. Phil.-hist.
Abteil. 1873 S. 1—191, ferner A.Fechnera. a. O.

215) Ernst Hasse, Zur Geschichte des Papierhandels, im „Archiv" IV, 224.

216) Thiel, Geschichte der Papiererzeugung und des Papierhandels in Nie-
derösterreich.

217) So baute Josef Graf Waldstein 1680 oder 1696 die Papiermühle in Bieley
(Bele) in Böhmen (Zuman in: Casopis XXVII), 1698 Ferdinand Fürst Schwar-
zenberg eine solche in Pols bei Murau in Steiermark (Thiel a. a. O. S. 15).

218) Kirchner, Die Papierfabrikation in den Ländern der Sektion X der
Papiermacher-Berufsgenossenschaft S. 7 u. 14. (S. A. aus dem „Wochenblatt für
Papierfabrikation" 1911.)
 
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