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Thiel, Viktor
Papiererzeugung und Papierhandel vornehmlich in den deutschen Landen von den ältesten Zeiten bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts. — 1932

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https://doi.org/10.11588/diglit.2403#0008
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Papiererzeugung und Papierhandel. 113

Karte zu Ravensburg die Jahreszahl 1312. Schon wiederholt ist diese
Ansicht von kritischen Darstellern als haltlos abgelehnt worden32), wobei
auf die 1846 gemachte Feststellung Sotzmanns33) verwiesen wurde, daß
erst 14 0 7 die Papierer Kunrat, Peter und Stengeli ein Haus zu Schorn-
reuth (Weiler bei Ravensburg), das vormals eine Mühle gewesen, er-
kauft und ein „papierhuss" erbaut haben. Von anderer Seite wurde die
Papiermühle in Leesdorf bei Baden in Niederösterreich als schon 1356
bestehend angenommen. Obwohl der Archivar des Stiftes Heiligenkreuz,
Weiß, schon 1859 nachwies, daß sie erst 1513 für Papiererzeugung ein-
gerichtet worden sei, hat diese Annahme auch noch in der Folgezeit An-
hänger gefunden34). Auch die Meinung, daß Karl IV. zwei italienische
Papiermacher nach Böhmen kommen und durch sie die Papiermühle in
Eger erbauen ließ, ist quellenmäßig bisher nicht belegt worden35). Wie
der Egerer Stadtarchivar Dr. Karl Siegl wiederholt36) aufmerksam ge-
macht hat, ist die Egerer Papiermühle erst 1540 erbaut worden. Die
erste sichere Nachricht über Papiererzeugung in Deutschland stammt
aus dem Jahre 1389; die Stadt Nürnberg hat die Ehre, daß auf ihrem
Gebiet die älteste deutsche Papiermühle erstanden ist. Nürnberg, das
war so recht der günstige Boden für die Entwicklung technischen Fort-
schrittes. Nicht nur die Überlegenheit seiner Metallarbeiter war schon
im Mittelalter gerühmt, auch die Geschicklichkeit der Nürnberger im
Holzbau war weithin bekannt37).

Ulman Stromer, der in Nürnberg als Kauf- und Ratsherr hoch-
angesehen war, erzählt in der von ihm verfaßten Familienchronik („Puchl
von meim gesiecht und von abentewr", Or. im Germanischen National-
museum, hrsg. von C. Hegel, Städtechroniken B. 1), daß er am 4. De-
zember 1389 mit drei Italienern, Franciscus de Marchia, Marcus, dessen
Bruder, und Bartolomeus, dessen Knecht, einen Vertrag wegen Errich-
tung einer Papiermühle abgeschlossen hatte. Die Italiener hatten schwö-
ren müssen, „in allen deutschen landen diesseit des lombardischen birgs

32) So von Briquet a. a. O. III, 455; IV, 762; ferner von Below, Probleme
der Wirtschaftsgeschichte S. 560; jüngst von Klemens Löffler in seinem Refe-
rate über Bogeng im Zentralblatt für Bibliothekswesen 47. Band (1930) S. 184 f.

33) Die älteste Geschichte der Fabrikation von Linnenpapier, in: Serapeum,
VII (1846) S. 107 und 278 Anm. 36. — Bogeng setzt aut die Karte zu Köln die
Jahreszahl 1320, wobei ihm als Quelle eine 1805 in Nürnberg erschienene Schrift
Bodmanns dient. Löffler a. a. O. zeigt diese Annahme als völlig unbegründet.

34) Hierüber verweise ich auf meine demnächst erscheinende Arbeit Ge-
schichte der Papiererzeugung und des Papierhandels in Niederösterreich.

35) Frantisek Zum an, Ceske filigräny XVI. stoleti (Böhmische Wasserzeichen
des 16. Jahrhunderts), in: Pamätky archeologicke (Archäologische Denkmäler)
XXXIII, 277 führt die Literatur über das Alter der Papiermühlen in Eger an; die
Meinung, daß sie schon 1370 gegründet worden sei, geht auf die 1849 erschienene
Geschichte der Industrie in Böhmen, von Hübsch, zurück, der jedoch seine Quelle
nicht nennt; diese Notiz ist mehrfach in die böhmischen Geschichtsdarstellungen
übergegangen und auch von Blanchet, L'histoire du papier, Paris 1903, und
von C. de Witte, L'histoire du papier et les filigranes, in: Le musee du livre
fasc. 21 f. (1912) übernommen worden.

36) So in der Zeitschrift „Unser Egerland" 1925 (29. Jahrg. 1. Heft).

37) Als 1571 am Werkgaden der Papiermühle in Leuzendorf bei Graz eine
schwierige Ausbesserung vorzunehmen war, wurde ein Meister aus Nürnberg be-
rufen, da die Zimmerleute im Lande nicht die nötigen Kenntnisse hatten. (Thiel,
Geschichte der Papiererzeugung und des Papierhandels in Steiermark S. 5.) Vgl.
auch Schulte a. a. O. I, 661.

Archivalische Zeitschrift. 3. Folge. VIII. Band. 8
 
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