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Ausstellung Chinesische Malerei der Gegenwart <1934, Berlin; Düsseldorf> [Editor]; Preussische Akademie der Künste [Contr.]; Gesellschaft für Ostasiatische Kunst [Contr.]
Ausstellung Chinesische Malerei der Gegenwart: veranstaltet unter Förderung durch die Regierung der Chinesischen Republik von der Gesellschaft für Ostasiatische Kunst und der Preußischen Akademie der Künste Berlin. 20. Januar bis 4. März — Berlin: Würfel, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.66378#0015
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digkeit und klare Verständigkeit. Daß nämlich Geist und Seele, Ge-
fühl und Gedanke des Künstlers und sein ihm vom Himmel ver-
liehener Charakter blitzartig in seinem Werk aufleuchten. Kuo Jo-Hsü
hat gesagt: Ch'i-Vün muß von Geburt an da sein; daher läßt eö sich
nicht durch Geschicklichkeit und Sorgfalt erwerben; auch kommt es
nicht mit den Jahren. In schweigender Hingabe erwacht das seelische
Verständnis, ohne zu wissen, wie es geschieht, ist eö da. Tung Ch'i-
ch'ang hat gesagt: Das Ch'i-Vün kann man nicht lernen; es muß an-
geboren sein, es ist eine vom Himmel verliehene Gabe. Hierin ist das
Grundelement der Kunst gegeben. Wenn das Werk kein Ch'i-Vün hat,
was unterscheidet eö dann von der Photographie? Die Photographie
hat keine Spur von Ch'i-Vün. Sie ist nur ein mechanisches Produkt,
eine blinde Kopie der äußeren Erscheinung der Natur. Wer aber mag
wohl sein Auge zur Glaslinse und seinen Kopf zur Dunkelkammer
werden lassen! Was hat ein Gebilde, bei dem der Verfertiger sich
lediglich die Aufgabe stellt, die äußere Erscheinung zu kopieren, noch
für einen Vorzug gegenüber der Photographie! Erst, wenn man über
die konkrete Erscheinung hinweg aus eigenem Genius die
Schaffenöweise der Natur befolgt, sich befreit aus dem Bann des
sklavischen Kopierens und eintritt in das eigentliche Gebiet der Kunst,
dann erst kann man bei den so geschaffenen Werken davon sprechen,
daß sie Ch'i-Vün besitzen. Je mehr man sich von der konkreten Wirk-
lichkeit entfernt, um so mehr steigert sich das Ch'i-Vün. Die Maler der
Südschule verzichteten größtenteils auf die Farbe und kamen so dazu,
sich von der konkreten Gestalt zu lösen. Wenn sie sich lediglich der
Tusche bedienten als des technischen Hauptmittels, so wollten sie da-
durch dem Ch'i-Vün den Vorrang geben, beseelt von dem Wunsche,
jedes hemmende Element für dessen Entfaltung aus dem Wege zu
räumen. Das ist auch der Grundgedanke von Hsieh Ho und Wang-
 
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