IV.
VORWÄRTS IN DER ARCHITEKTUR
Von Thomas E. Tallmadge.
Zweimal in letzter Zeit haben mich Äußerungen über Architek-
tur überrascht und angeregt.
Zuerst in London. Ein bedeutender Architekt, Mitglied der
König!. Gesellschaft britischer Architekten, Mitleiler einer der an-
gesehensten Kunstschulen Englands, führte mich durch die wunder-
baren Kirchen der Stadt. Von der ehrwürdigen Kapelle St. Johns
im Tower, deren normannische Bögen Erinnerungen an Wilhelm den
Eroberer flüstern — zu St. Bartholomew’s, zur Austin Friars —
wer nennt die Namen — bis in die neuere Stadt, aus deren flutendem
Leben die schlanken hellen Türme der Wren’schen Kirchen —
St. Mary-le-Bow, St. Bride’s, St. Peler’s —, St. Veda’s —, zum
Himmel weisen; zum Himmel, wo, wie jeder Londoner und jeder
ordentliche Architekt weiß, der große Sir Christopher ganz nahe
beim Throne Gottvaters seinen Platz hat. Ich sagte so etwas, welch
starker Einfluß von Christopher Wien auf die moderne britische
Architektur ausgehen müsse. Wir standen im Schalten von St. Paul.
Da wandte sich mein Freund und sagte kurz: „Den größten Einfluß
auf britische Architektur haben heul die Vereinigten Staaten.“
Dann in Chicago. Im Chicago Art Institut gab es eine Aus-
stellung neuer amerikanischer Malerei und Plastik. — Ein mir be-
freundeter Künstler führte. Einer von den seltsamen Leuten, denen
es Schmerz bereitet, ein Bild von sich zu verkaufen, und die davon
überzeugt sind, daß es vollkommen genügt, wenn ein Bild nur ge-
malt wird. Die Unterhaltung streifte allerlei: „Sieht hier nicht vieles
aus wie Chaos? Nähern wir uns dem Augenblick, wo unsere künst-
lerische Erfindung erschöpft ist, wie unsere Kohlenvorkommen?
Wollen diese Leute bestreiten, daß es auch in der Kunst certi firtes
gibt? Auch Siimmungsausdruck will geleint sein. Die Leute malen
ja gar nicht mehr für das Volk — sie malen für sich und für die
Jury.“ Plötzlich wandte sich mein Freund und sagte: „Ich beneide
Sie.“ „Wieso,“ fragte ich, „meine letzten Flaschen sind leider....“
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VORWÄRTS IN DER ARCHITEKTUR
Von Thomas E. Tallmadge.
Zweimal in letzter Zeit haben mich Äußerungen über Architek-
tur überrascht und angeregt.
Zuerst in London. Ein bedeutender Architekt, Mitglied der
König!. Gesellschaft britischer Architekten, Mitleiler einer der an-
gesehensten Kunstschulen Englands, führte mich durch die wunder-
baren Kirchen der Stadt. Von der ehrwürdigen Kapelle St. Johns
im Tower, deren normannische Bögen Erinnerungen an Wilhelm den
Eroberer flüstern — zu St. Bartholomew’s, zur Austin Friars —
wer nennt die Namen — bis in die neuere Stadt, aus deren flutendem
Leben die schlanken hellen Türme der Wren’schen Kirchen —
St. Mary-le-Bow, St. Bride’s, St. Peler’s —, St. Veda’s —, zum
Himmel weisen; zum Himmel, wo, wie jeder Londoner und jeder
ordentliche Architekt weiß, der große Sir Christopher ganz nahe
beim Throne Gottvaters seinen Platz hat. Ich sagte so etwas, welch
starker Einfluß von Christopher Wien auf die moderne britische
Architektur ausgehen müsse. Wir standen im Schalten von St. Paul.
Da wandte sich mein Freund und sagte kurz: „Den größten Einfluß
auf britische Architektur haben heul die Vereinigten Staaten.“
Dann in Chicago. Im Chicago Art Institut gab es eine Aus-
stellung neuer amerikanischer Malerei und Plastik. — Ein mir be-
freundeter Künstler führte. Einer von den seltsamen Leuten, denen
es Schmerz bereitet, ein Bild von sich zu verkaufen, und die davon
überzeugt sind, daß es vollkommen genügt, wenn ein Bild nur ge-
malt wird. Die Unterhaltung streifte allerlei: „Sieht hier nicht vieles
aus wie Chaos? Nähern wir uns dem Augenblick, wo unsere künst-
lerische Erfindung erschöpft ist, wie unsere Kohlenvorkommen?
Wollen diese Leute bestreiten, daß es auch in der Kunst certi firtes
gibt? Auch Siimmungsausdruck will geleint sein. Die Leute malen
ja gar nicht mehr für das Volk — sie malen für sich und für die
Jury.“ Plötzlich wandte sich mein Freund und sagte: „Ich beneide
Sie.“ „Wieso,“ fragte ich, „meine letzten Flaschen sind leider....“
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