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Werner, Anton von
Ansprachen und Reden des Direktors A. von Werner an die Studirenden der Königlichen Akademischen Hochschule für die Bildenden Künste zu Berlin und Verzeichniss der Lehrer, Beamten und Schüler derselben seit 1875 — 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.70876#0016

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konstatiren, dass der Handwerker wieder antängt Künstler
zu werden. Das muss für Sie ein Sporn sein, dieses Gebiet
in seinem vollem Umfange beherrschen zu lernen.
Nach Absolvirung dieser obligatorischen Studien des ersten
Cursus tritt im zweiten Cursus die Trennung der Studien nach
den verschiedenen Fächern, Maler, Bildhauer u. s. w. ein. Ich
sehe mit Befriedigung, dass das Studium der Natur und der
Antike bei Malern wie Bildhauern mit Ernst und Hingabe
betrieben wird und ich kann Ihnen nur rathen: lassen Sie
sich die drei oder vier Semester, welche Sie diesen Studien
etwa über die Durchschnittszeit hinaus widmen, nicht gereuen,
denn es ist ein Gewinn für Ihre ganze künftige Thätigkeit.
Bei den Arbeiten des Maler-Aktsaals dürfte die Zeich-
nung korrekter sein. Anzuerkennen sind die Copien nach
alten Meistern, welche seitens der Prämiirten bis jetzt geliefert
worden sind. Beim Studium der Natur möchte ich vor der
Auffassung warnen, dass jedes Abschreiben eines beliebigen
Stückes Natur an sich schon ein Kunstwerk ist. In dieser
Auffassung könnte eine Gefahr liegen. Aber Ihr Streben soll
allerdings sein, die Studien nach der Natur als abgerundete
Kunstwerke zur Erscheinung zu bringen.
Gegenüber dem befriedigenden Stande des Studiums
der Natur muss ich rügen, dass die Neigung zur eigenen
schöpferischen Thätigkeit, welche wir mit dem verpönten
Worte Komponiren bezeichnen, gering erscheint. Seitens der
Akademie kann hierbei durch Stellung von Aufgaben nur eine
Anregung gegeben und durch gemeinschaftliche Besprechung
der entstandenen Entwürfe eine Kritik an denselben geübt
werden, da ein positiver Unterricht kaum möglich ist, wenn die
Individualität des Einzelnen geschont und keine Schablonen-
arbeit erzielt werden soll.
Zweckmässig dürfte es sein, auf drei grosse Gruppen bei
den Kompositions-Uebungen hinzuweisen:
i. Scenen, welche die Darstellung menschlicher Leiden-
schaften als Zweck haben, und bei welchen die Frage
 
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