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Werner, Anton von
Ansprachen und Reden des Direktors A. von Werner an die Studirenden der Königlichen Akademischen Hochschule für die Bildenden Künste zu Berlin und Verzeichniss der Lehrer, Beamten und Schüler derselben seit 1875 — 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.70876#0068

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Kunstthätigkeit gelten können, so bieten sie doch immerhin
hoch interessante Fingerzeige dafür.
Zunächst sehen wir die Spanier und Italiener, die Belgier
und Holländer, die ungarischen und polnischen Künstler in
einer Vollzähligkeit, wie nie zuvor bei uns, und sind im
Stande, das Charakteristische ihrer Kunst zu würdigen, vor
allem wenigstens, so weit es die Malerei betrifft. Imponiren
uns die Spanier durch die Kraft und Wucht ebenso, mit
welcher sie historische Scenen, sowohl ihrem Inhalte nach,
als auch koloristisch zur Darstellung bringen, wie auch durch
den Zauber eleganter Kleinmalerei, welcher die Nachfolger
Fortuny’s auszeichnet, so erfreuen uns die Italiener anderer-
seits fast ausschliesslich durch die sonnige Heiterkeit ihres
Naturells, dem Charakter ihres schönen Vaterlandes ent-
sprechend. Gewissenhaftigkeit und Strenge des Studiums
der Natur ebenso wie eine imponirende Unmittelbarkeit des
Schaffens, unbeirrt durch doktrinäre Anschauungen oder
Schulzwang, ist für die Künstler beider Nationen charakte-
ristisch.
Aehnlich erscheinen uns die ungarischen und polnischen
Künstler, wenngleich beide das Gebiet ihrer Darstellungen
vorwiegend nur aus ihrem malerisch interessanten Volks-
leben schöpfen.
Bei den Belgiern macht sich mehr ein Tasten und Suchen
nach einer vielleicht verloren gegangenen oder nicht mehr
modernen Tradition geltend, man fühlt, dass die Leys,
Gallait, Wappers und de Biefve nicht mehr Herrscher in der
Belgischen Kunst sind und ein Ersatz noch nicht ge-
funden ist.
Die modernen Holländer wird man schwerlich als die
Nachkommen der Rembrandt und Franz Hals, Terburg und
Mieris, Ruisdael und Wouvermann ansprechen können, um
so weniger, als ihre Thätigkeit sich vorwiegend mit wenigen
Ausnahmen, wie z. B. Israels, Martens u. A., auf dem Gebiete
der Landschaft bewegt.

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