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Werner, Anton von
Ansprachen und Reden des Direktors A. von Werner an die Studirenden der Königlichen Akademischen Hochschule für die Bildenden Künste zu Berlin und Verzeichniss der Lehrer, Beamten und Schüler derselben seit 1875 — 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.70876#0179
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grössten technischen Raffinement. Alles Uebrige für den
angehenden Künstler bot diese gewissermaassen undefinir-
bare Luft „die künstlerische Atmosphäre“ von Paris, deren
Zauber jeder empfand, der sie einmal geathmet hatte, und
mit welcher Berlin nicht konkurriren konnte. Die Stagnation
an der Berliner Akademie war also meines Erachtens weniger
den an ihr lehrenden und maassgebenden Künstlern, als ganz
anderen Umständen zuzuschreiben.
Als nach dem Friedensschlüsse von 1871 und der Schaffung
des Deutschen Reiches unsere Stellung gegenüber Frankreich
eine wesentlich andere geworden war, als vor 1870, mussten
die vorhererwähnten Verhältnisse in der Kunst auch einen be-
sonderen Einfluss auf die Frage ausüben, was nunmehr bei
uns in dieser Richtung zu geschehen habe, nachdem Ruhe
und Mittel dafür zur Verfügung standen. Die Reorganisation
der Akademie vom Jahre 1875 sollte dies anstreben.
Niebuhr hatte, als er in einem Bericht vom 5. Juni 1819
P. Cornelius zum Direktor der Düsseldorfer Akademie vor-
schlug, geschrieben: „Die Kunstakademien, wie sie allgemein
eingerichtet sind, scheinen den Zweck zu haben, die Kunst,
abgesehen von der Erscheinung grosser, für sie geborner
Genies und von dem geistigen Einfluss der Zeit und des all-
gemeinen und einzelnen Seelenlebens, zu erhalten.“ Cornelius
glaubte die Aufgabe der Akademien, an deren Spitze er als
Direktor in Düsseldorf und München berufen worden war,
lediglich in der Pflege der monumentalen, vor Allem der
Fresko-Malerei, zu erkennen. Die deutschen Künstler, welche
nach Paris und Antwerpen gingen, glaubten aber, dass die
Kunstausübung doch nicht lediglich darauf — in unserer
modernen Zeit — sich beschränken liesse, umsomehr, als die
Blüthezeit der niederländischen, wie sogar der venezianischen
Kunst, eine monumentale Malerei im Cornelius’schen Sinne
garnicht gekannt hatte.
Bei der Reorganisation von 1875 erschien es nun als das
Nothwendigste und Zunächstliegende, alle jene Lücken in

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