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sehen wir, und nicht zum wenigsten bei den Künstlern, die
am lautesten gepriesen werden, dafs kümmerliche, verwachsene
Themen durch eine raffinierte Harmonik und durch ein
schillerndes Orchestergewand interessant gemacht werden
sollen; durch alle Tonarten geht die rastlose Jagd, und dem
Zuhörer ist am Ende zumute wie einem Menschen, der von
Stadt zu Stadt, von Land zu Land gehetzt wird, ohne irgendwo
eine Heimat zu finden. Solche Erscheinungen sind Krankheits-
symptome. Aber selbst der gesundeste Organismus hat ge-
legentlich Krankheiten zu bestehen, und ohne allen Zweifel
wird auch unsere deutsche Musik diese Anfechtungen kräftig
überwinden, und sie wird es um so eher, je fester unsere Ton-
künstler ihre Blicke auf Mozart richten, je mehr sie ihm zu
folgen sich bestreben, nicht etwa durch Nachahmung seiner
Ausdrucksweise und Formsprache — das wäre das Ver-
kehrteste, was geschehen könnte —, sondern, indem sie das
Ewiggültige seiner Kunst begreifen und es durch Umdeutung
für die Zwecke der modernen Musik dienstbar machen.
Es ist keine seltene Erscheinung, dafs ein Genie bei seinen
Lebzeiten mehr befehdet als bewundert wird, und wäre das
auch bei Mozart der Fall, so dürften wir darüber nicht be-
sonders erstaunt sein. Aber, wenn sein Schaffen vielleicht auch
nicht immer verstanden wurde, so war doch im allgemeinen
die Zustimmung gröfser als der Widerstand gegen die neuen
Gesichte, die er seine Zeit schauen liefs. Umsomehr zu ver-
wundern ist die ungewöhnliche Gleichgültigkeit, mit der Mozarts
Zeitgenossen, bei aller Anerkennung seiner Musik, sich seiner
materiellen Lage gegenüber verhielten, denn in einer Zeit, wo
eigentlich jeder bedeutende Tonkünstler einem fürstlichen
Herrn diente, konnte Mozart trotz aller Bemühungen keinen
Dienst und keine feste Stellung finden, die ihn von der Sorge
um das tägliche Brot befreit hätte. In der Jugend war er
sehen wir, und nicht zum wenigsten bei den Künstlern, die
am lautesten gepriesen werden, dafs kümmerliche, verwachsene
Themen durch eine raffinierte Harmonik und durch ein
schillerndes Orchestergewand interessant gemacht werden
sollen; durch alle Tonarten geht die rastlose Jagd, und dem
Zuhörer ist am Ende zumute wie einem Menschen, der von
Stadt zu Stadt, von Land zu Land gehetzt wird, ohne irgendwo
eine Heimat zu finden. Solche Erscheinungen sind Krankheits-
symptome. Aber selbst der gesundeste Organismus hat ge-
legentlich Krankheiten zu bestehen, und ohne allen Zweifel
wird auch unsere deutsche Musik diese Anfechtungen kräftig
überwinden, und sie wird es um so eher, je fester unsere Ton-
künstler ihre Blicke auf Mozart richten, je mehr sie ihm zu
folgen sich bestreben, nicht etwa durch Nachahmung seiner
Ausdrucksweise und Formsprache — das wäre das Ver-
kehrteste, was geschehen könnte —, sondern, indem sie das
Ewiggültige seiner Kunst begreifen und es durch Umdeutung
für die Zwecke der modernen Musik dienstbar machen.
Es ist keine seltene Erscheinung, dafs ein Genie bei seinen
Lebzeiten mehr befehdet als bewundert wird, und wäre das
auch bei Mozart der Fall, so dürften wir darüber nicht be-
sonders erstaunt sein. Aber, wenn sein Schaffen vielleicht auch
nicht immer verstanden wurde, so war doch im allgemeinen
die Zustimmung gröfser als der Widerstand gegen die neuen
Gesichte, die er seine Zeit schauen liefs. Umsomehr zu ver-
wundern ist die ungewöhnliche Gleichgültigkeit, mit der Mozarts
Zeitgenossen, bei aller Anerkennung seiner Musik, sich seiner
materiellen Lage gegenüber verhielten, denn in einer Zeit, wo
eigentlich jeder bedeutende Tonkünstler einem fürstlichen
Herrn diente, konnte Mozart trotz aller Bemühungen keinen
Dienst und keine feste Stellung finden, die ihn von der Sorge
um das tägliche Brot befreit hätte. In der Jugend war er