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!133372707!; Königliche Akademie der Künste zu Berlin [Mitarb.]
Die Anfänge der Deutschen Kunst des neunzehnten Jahrhunderts: Rede zur Feier des allerhöchsten Geburtstages Seiner Majestät des Kaiser und Königs am 27. Januar 1907 in der öffentlichen Sitzung der Königlichen Akademie der Künste — Berlin: Ernst Siegfried Mittler und Sohn, Königliche Hofbuchhandlung, 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.70861#0009
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und Herzens umfaßte, nicht unempfunden bleiben. Winckel-
mann mochte, ganz erfüllt von der Vision der Kunst des
Altertums, sich über die Dürftigkeit der künstlerischen Gegen-
wart hinwegtäuschen. Aber wenn Goethe in ungestilltem
Bedürfnis nach lebendiger bildender Kunst von früh an
alles, was davon in seinen Bereich kam, lebhaft an sich zog,
so konnte ihm das doch keine Befriedigung gewähren: was
er und seine Weimarischen Kunstfreunde für bildende Kunst
zu tun und zu wirken suchten, war im letzten Grunde doch
immer durch den Wunsch und die Hoffnung auf eine reichere
Zukunft, durch den Glauben an eine auflebende und neu
aufstrebende deutsche Kunst bestimmt. Noch lebhafter tritt
das bei den Romantikern hervor. Die Phantasien eines kunst-
liebenden Klosterbruders sind ganz erfüllt von dem Durst
nach einer Kunst, die, aus der Fülle des Herzens geboren,
mit ihrer Herrlichkeit auch Geist und Herz zu erfüllen und
zu befriedigen vermöchte. Wenn hier Wackenroder und
Tieck in seinem Sternbald von Meistern der Vergangenheit,
wie Raphael und Dürer ein nach ihrer Art verklärtes Bild
zeichnen und es mit Künstlergestalten ihrer Erfindung um-
geben, so empfindet man deutlich, was sie in ihrer Zeit
schmerzlich vermissen und von der nächsten Zukunft er-
hoffen, ja fordern.
In ähnlichem Sinne gipfeln Friedrich Schlegels Pariser
Berichte über die von Napoleon zusammengeraubten Kunst-
werke in der Frage, ob es wahrscheinlich sei, daß »auch jetzt
in der gegenwärtigen Zeit noch von neuem ein rechter
Maler wieder entstehen und sich erheben werde.« Ebenso
läuft Schellings berühmte, gerade vor hundert Jahren ge-
haltene Rede über das Verhältnis der bildenden Kunst zu
der Natur in Worte aus, deren gläubige Zuversicht um so
tiefer wirkt, wenn wir die schwere Zeit bedenken, in der sie
gesprochen worden sind. Indem er bekennt, bei der Hoff-
 
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