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zeigt sich erschreckend erst bei den Sperontiden. Da am
deutlichsten in der Geraer Handschrift der »Zeumerin«. Bei
Sperontes wird eine sehr hübsche, wahrscheinlich von Seb.
Bach herrührende Murky-Melodie von einem Bruder Lustig
auf die Worte: »Ich bin nun, wie ich bin — und bleib’ bei
meiner Mode — wie Hans in seinem Sode — nennt es auch
Eigensinn —- ich bin nun wie ich bin« gesungen. Die
»Zeumerin« bringt denselben Satz mit dem Text: »O Seele
ruhe doch — hat hier dein Leib viel Plagen — sollst du doch
nicht verzagen — Gott nimmt dein Kreuzesjoch — O Seele
ruhe doch!« Da wird also die geistige Dichtung sperontisiert
und damit stehen wir am Ende der Vernunft im Liedgesang.
Die Berliner Schule hat das deutsche Lied aus diesen
Nöten erlöst, aber erst nach langen, langen Mühen, die sich
fast durch die ganze Regierungszeit Friedrichs des Großen
hinziehen. Auch sie, die mit Berufung auf französische
Bauern, die Begleitung beim Lied wieder abschaffen wollte,
setzte sich das Ziel anfangs zu niedrig, sie streift, als ihr
durch Joh. Ad. Hiller vom Theater aus ganz Deutschland,
auch der bis dahin stumme Süden, mit Österreich und der
Schweiz, erobert war und alle Stände von einem wahren
Singfieber ergriffen wurden, mit ihren »Liedern für Ammen«
und anderen Kuriositäten zuweilen die Grenze der Lächer-
lichkeit; aber durch Peter Abraham Schulz, Friedrich
Reichardt und Karl Zelter kam sie doch noch auf den rechten
Weg. »Des Jahres letzte Stunde«, das» »Haidenröslein«, der
»König von Thule« sind bleibende Paradigmen einer volks-
tümlich einfachen und doch gehaltvollen Liedmusik. Der
Berliner Schule verdankt das Lied noch einen Karl Löwe,
einen Felix Mendelssohn, einen Robert Franz und auf ihren
Liederboden hat sich, wenn auch nicht immer, auch Franz
Schubert gestellt. Ähnlich wie in der Lutherzeit sind aber
auch bei der Berliner Schule das Bedeutendste die Fern-
zeigt sich erschreckend erst bei den Sperontiden. Da am
deutlichsten in der Geraer Handschrift der »Zeumerin«. Bei
Sperontes wird eine sehr hübsche, wahrscheinlich von Seb.
Bach herrührende Murky-Melodie von einem Bruder Lustig
auf die Worte: »Ich bin nun, wie ich bin — und bleib’ bei
meiner Mode — wie Hans in seinem Sode — nennt es auch
Eigensinn —- ich bin nun wie ich bin« gesungen. Die
»Zeumerin« bringt denselben Satz mit dem Text: »O Seele
ruhe doch — hat hier dein Leib viel Plagen — sollst du doch
nicht verzagen — Gott nimmt dein Kreuzesjoch — O Seele
ruhe doch!« Da wird also die geistige Dichtung sperontisiert
und damit stehen wir am Ende der Vernunft im Liedgesang.
Die Berliner Schule hat das deutsche Lied aus diesen
Nöten erlöst, aber erst nach langen, langen Mühen, die sich
fast durch die ganze Regierungszeit Friedrichs des Großen
hinziehen. Auch sie, die mit Berufung auf französische
Bauern, die Begleitung beim Lied wieder abschaffen wollte,
setzte sich das Ziel anfangs zu niedrig, sie streift, als ihr
durch Joh. Ad. Hiller vom Theater aus ganz Deutschland,
auch der bis dahin stumme Süden, mit Österreich und der
Schweiz, erobert war und alle Stände von einem wahren
Singfieber ergriffen wurden, mit ihren »Liedern für Ammen«
und anderen Kuriositäten zuweilen die Grenze der Lächer-
lichkeit; aber durch Peter Abraham Schulz, Friedrich
Reichardt und Karl Zelter kam sie doch noch auf den rechten
Weg. »Des Jahres letzte Stunde«, das» »Haidenröslein«, der
»König von Thule« sind bleibende Paradigmen einer volks-
tümlich einfachen und doch gehaltvollen Liedmusik. Der
Berliner Schule verdankt das Lied noch einen Karl Löwe,
einen Felix Mendelssohn, einen Robert Franz und auf ihren
Liederboden hat sich, wenn auch nicht immer, auch Franz
Schubert gestellt. Ähnlich wie in der Lutherzeit sind aber
auch bei der Berliner Schule das Bedeutendste die Fern-