Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kallmorgen, Friedrich; Königliche Akademie der Künste zu Berlin [Mitarb.]
Zur Entwicklung der Landschaftsmalerei: Rede zur Feier des allerhöchsten Geburtstages seiner Majestät des Kaisers und Königs am 27. Januar 1918 in der öffentlichen Sitzung der Königlichen Akademie der Künste — Berlin: Ernst Siegfried Mittler und Sohn, 1918

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.70944#0009
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
1

beschränkt auf die Küsten des Ägäischen Meeres und die
Inseln und in ihrer Enge zu höchster Blüte gelangt, breitet
sich aus über die weiten Ländergebiete im Osten, Kleinasien,
Ägypten, Syrien, über das heutige Mesopotamien bis zum
Indus. Sie gab damit den Partikularimus auf, der ihre na-
tionale Eigentümlichkeit groß gemacht hatte und wurde im
gewissen Sinne international. Sie nahm fremde, orientalische
Elemente und Anschauungen in sich auf, andersgeartete
Landschaften traten in ihren Gesichtskreis, der Charakter
der Großstädte wie Alexandria, Seleukia, Antiochia, die
500000 Einwohner gehabt haben sollen, ließ die Bewohner die
Landschaft suchen; durch den Vergleich der Physiognomien
verschiedener Gegenden wurde das Interesse an denselben
wach, der polytheistische Glaube, der in jeder landschaft-
lichen Erscheinung eine mythische Personifikation sah,
verschwand — kurz, alle diese Umstände begünstigten die
Entwicklung eines landschaftlichen Natursinnes. Wir wissen
das aus den Schriftstellern der Zeit; in der Poesie tritt bei
Theokrit die Idylle auf, ein Epigramm des Aesop sagt sogar
wörtlich: »Das einzig Angenehme, was das Leben bietet, sind
die Naturschönheiten.« Auch bei den römischen Schrift-
stellern zeigt sich der Sinn für die Landschaft, wenngleich
hier das Nützlichkeitsprinzip sich mehr geltend macht. Den
praktischen Römern war die Landschaft weniger eine Stätte
geistigen Genusses, als ein Stätte körperlicher Stärkung und
Erholung, wie denn die Begabung für Naturgefühl auch noch
heute die schwache Seite ihrer Stammesgenossen, der Ita-
liener, ist, Wir wissen von Tafelbildern, die Philostrat be-
schreibt und Wandbilder sind uns in den vom Vesuv ver-
 
Annotationen