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Kallmorgen, Friedrich; Königliche Akademie der Künste zu Berlin [Contr.]
Zur Entwicklung der Landschaftsmalerei: Rede zur Feier des allerhöchsten Geburtstages seiner Majestät des Kaisers und Königs am 27. Januar 1918 in der öffentlichen Sitzung der Königlichen Akademie der Künste — Berlin: Ernst Siegfried Mittler und Sohn, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.70944#0013
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und Landschaft. Er kommt der Natur näher, und in dem
Haupt der Venezianer Schule, Tizian, der 1576 als 99 jäh-
riger starb, finden wir einige Werke, auf denen die Figur
eine ganz untergeordnete Rolle spielt, die nichts anderes als
Landschaften sein wollen. Sie zeigen eingehendes Natur-
studium, wir erkennen die Berge seiner Heimat Pieve di
Cadore, und mit seiner großen Auffassung der Natur kann
er wohl als Vorläufer dei- heroischen Landschaftsmalerei
gelten.
Um 1600 malen die Brüder Annibale und Agostino
Caracci Landschaften in einfachen großen Formen und mit
starker Wirkung. Die religiösen und mythologischen Stoffe
verlieren im Bilde ihre Bedeutung zugunsten einer großen
Naturauffassung. Salvator Rosa (1615 —1673) malt die Ein-
öden, malt, wie der Sturm die Eichen in wilden Gebirgs-
schluchten zerzaust und wie drohende Gewitterwolken über
den Wildnissen lagern. Nicolaus Poussin, der Normanne, und
sein Schwager Gaspar Dughet, auch Poussin genannt, schaffen
aus starkem Empfinden und der Anregung römischer Natur
ernste, feierliche Werke. Claude, der Lothringer, erfüllt die
Natur mit Geist und Empfindung. Eine ruhige, heitere
Schönheit strahlt aus von denBaumgruppendesVordergrundes,
von den Hügeln des Mittelgrundes mit ihren antiken Bau-
werken und von den fernen Bergen, alles ist schwungvolle
Linie, ist Harmonie in der Gliederung, der geistige Gehalt
geht über die Technik, die doch in hohem Grade gemeistert
wird, das malerische Gefühl wird zur Naturandacht. Viele
Bilder dieser klassischen Künstler sind von verschiedenen
Stechern in einer großen Anzahl von Stichen wiedergegeben
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