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Kallmorgen, Friedrich; Königliche Akademie der Künste zu Berlin [Contr.]
Zur Entwicklung der Landschaftsmalerei: Rede zur Feier des allerhöchsten Geburtstages seiner Majestät des Kaisers und Königs am 27. Januar 1918 in der öffentlichen Sitzung der Königlichen Akademie der Künste — Berlin: Ernst Siegfried Mittler und Sohn, 1918

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https://doi.org/10.11588/diglit.70944#0020
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das konservativste Land der Welt — und weil wir so das
dichterische Empfinden, die poetische Verklärung in den
Bildern der Besten der Zeit ebenso heute noch nachempfinden
können. Diese holländischen Meister versenken sich mit
gemütvoller Beschaulichkeit in ihre heimatliche Landschaft.
Nicht das Außergewöhnliche, Große, Fremdartige suchen sie,
das Alltägliche, Heimatliche durchdringen sie mit ihrem
Gemüt. Sie belauschen die Naturseele in ihrem Wesen und
Walten und geben ihr eigenes Herz in der Stimmung der
Landschaftsbilder wieder. Ihnen ist nicht mehr, wie den älteren
Meistern, die Natur ein Chaos von Einzelheiten, ihnen ist der
Zauber der Landschaft aufgegangen, sie fühlen die Natur als
eine Einheit, eine Offenbarung, eine Spiegelung der Gottheit.
Auch auf diesem Gebiete ist Rembrandt die stärkste
künstlerische Persönlichkeit, und ich möchte die Worte des
Wiener Kunstgeschichtsprofessors Moritz Thausing hier an-
führen, der in seinen Wiener Kunstbriefen die Entwicklung
der Landschaftsmalerei mit folgenden schönen Worten
charakterisierte: »Van Eyk stellte Blumen und Bäume sorg-
fältig in seine Bilder hinein, wie es Kinder mit ihren schönen
Sachen tun. Dürer untersucht ihre Wurzeln und Blätter
und läßt sie dann in seine Bilder hineinwachsen, Rembrandt
nimmt eines Blickes die ganze leblose Landschaft in seinen
Geist auf, teilt ihr davon mit und haucht sie dann, wie ein
lebendiges Ganzes, wieder auf die Leinwand.«
Nach der wunderbaren Blüte der holländischen Kunst
begann der Verfall. Die französische Kultur zur Zeit Lud-
wigs XIV. und Ludwigs XV. macht sich geltend mit ihrem
Glanz und Schimmer, ihrer oberflächlichen Effekthascherei.
 
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