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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Die Schafställe der Nordheide — Hameln: Niemeyer, Heft 10.1994

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Schafställe mit einseitiger Kübbung
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https://doi.org/10.11588/diglit.51141#0094
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Schafställe mit einseitiger Kübbung

Im Innern hat die Umwandlung vom Schaf-
stall zum Häuslingshaus ebenfalls zu einem
typischen Umbau geführt. Die die Decke
tragenden Balken lagen im Ursprungsbau mit
ca. 1 m Abstand recht eng; zu jedem Balken
gehörte ein Innenständer. In einem Schafstall
mag diese enge Ständerstellung wenig gestört
haben, als man aber die schmale Kübbung zu
einem Rindviehstall im Häuslingshaus um-
nutzen wollte, hat man diese Ständerreihe
verändert. Einerseits wurden die Ständer in
das Innere der „Diele“ gerückt, um die
Kübbungen zu verbreitern, und andererseits
wurde ein kräftigeres „Unterrähm“ hinzuge-
fügt, so daß nur noch jeder zweite Balken
von einem Ständer unterstützt werden mußte;
die Abstände zwischen den Ständern hatte
man somit verdoppelt.
Der Vorgang der Umnutzung vom Schafstall
zum Häuslingshaus ist in diesem Fall aber
nicht nur durch die gefügekundliche Analyse,
sondern auch noch durch die Hofakten be-
legt, da der Bauantrag aus dem Jahr 1902
noch vorhanden ist < 155>. Auch dieser
Schafstall hatte die Konstruktion der
Verkämmung des Balkens auf den breiten,
das Rähm durchstoßenden Ständerzapfen und
den kopfbandgestützten ca. 80 cm weiten
Balkenüberstand an der Innenständerreihe.
An weiteren Beispielen von Ställen mit
einseitiger Kübbung, bei denen es sich übri-
gens in dieser Region fast ausschließlich um
Hofschafställe handelt, sind zu nennen:
Wintermoor (Abb. 69), Gilmerdingen und
Lünzen (Abb. 70).


Abb. 69: Wintermoor, Lkrs. Soltau-Fallingbostel,
Hofschafstall, zu Wohnzwecken umgebaut

Bei diesen drei Gebäuden ist die ursprüng-
liche Funktion als Schafstall wegen der
Umnutzung zu Häuslingshäusern und späte-
ren Wohnnutzung auch der „Diele“ kaum
noch zu erkennen. Da auch die Überlieferung
hier keine sichere Auskunft gibt - die Ein-
wohner wissen nichts anderes zu sagen, als
daß das Gebäude „schon immer das lütte Hus
war“ -, bedarf es dann einer eingehenden
Gefügeanalyse, um Klarheit zu bekommen.


Abb. 70: Lünzen, Lkrs. Soltau-Fallingbostel, Schaf-
stall an der Hofauffahrt, zu Wohnzwecken erweitert

Es wundert nicht, daß solche asymmetrischen
Gebäude besonders in der älteren Haus-
forschung zu falschen Schlußfolgerungen
über die Entwicklungsstufen des niederdeut-
schen Hallenhauses beziehungsweise über
seine Variationsmöglichkeiten geführt haben.
Man vergleiche die Abbildungen 164 bis 168
bei Lindner und seine diesbezüglichen Aus-
führungen über „eine besondere Bauart von
Kätnerhäusern“. Es heißt da - bezeichnend
für die frühere, vorwiegend von der Raum-
struktur ausgehende und die Gefügemerk-
male nur in groben Zügen berücksichtigende
Bauernhausforschung - unter anderem
<156>: „In der Geest, namentlich südlich
von Bremen, in Gegenden, die, bis heute
wenig berührt, besonders altertümliche
Bauernhäuser kennen, hat sich für kleine
Kätnerhäuser ein besonderer Grundriß
erhalten. Das Alter der Gebäude läßt sich
nicht feststellen, da bei jedem Mangel an
Schmuck Jahreszahlen fehlen; nach der
Stärke der Hölzer und nach der ganzen
Erscheinung zu urteilen, müssen sie vielfach
zu dem Ältesten gerechnet werden, was das
Land noch kennt. Ein etwa gleichseitiger
 
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