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Primäre Kübbungsschafställe mit Ankerbalkengefüge
Daß auch in Sittensen ein wichtiger Schaf-
markt gewesen sein muß, ergibt sich aus
Aufzeichnungen des Gutsbesitzers von Burg
Sittensen aus der Zeit um 1800 <177>:
„Die überzähligen Lämmer, die Absetzer-
Böcken und Even werden insgemein anfangs
September meistbietend in Groß Sittensen
verkauft. Sie werden vom Schäfer ausge-
sucht und dahin getrieben. Der Verkauf wird
in den benachbarten Kirchorten bekannt
gemacht. “
Wahrscheinlich hat der Schafmarkt hier sogar
recht lange seine Bedeutung behalten, da in
der Börde Sittensen bis in unser Jahrhundert
eine recht umfängliche Schafzucht erhalten
geblieben ist, wovon die zahlreichen noch
heute in der Feldmark anzutreffenden Ställe
zeugen. Es liegt auf der Hand, daß bei einer
erfolgreichen Schafwirtschaft im Hinterland
zunehmend größere Schafställe benötigt
wurden. Wie das Beispiel aus Schmalen-
felde gezeigt hat, konnte die Grundfläche
eines an sich schon nicht gerade kleinen
Wandständerstalles durch das beiderseitige
Anfügen von Kübbungen noch erheblich
vergrößert werden. So kann die Entwicklung
von Kübbungsschafställen unter dem Ge-
sichtspunkt des vermehrten Bedarfs an Stall-
raum gesehen werden. Zunächst wurden
vorhandene Gebäude entsprechend umge-
baut, und wenn später einmal ein ganz neuer
Schafstall erbaut wurde, so wurden schließ-
lich von vornherein Kübbungen mit ein-
geplant.
Allerdings ist zu bedenken, daß auch in
anderen Regionen unter ähnlichen wirt-
schaftlichen Gegebenheiten ein vermehrter
Raumbedarf für die Schafhaltung eingetreten
war, wobei aber andere Wege der Stallver-
größerung gewählt wurden. Sowohl in der
Länge, durch das Anfügen weiterer Fache,
wie auch in der Breite, mit einer entspre-
chenden Spannweite der Balkenlage, sind
sehr große Wandständer-Schafställe ge-
schaffen worden, wie die oben angeführten
Beispiele, etwa der Stall in Deepen, aber
, auch zahlreiche Ställe der Südheide, belegen.
Bei solchen Ställen imponiert der starke
Verbrauch von langem Bauholz, das in jenen
Gegenden ausreichend vorhanden gewesen
sein muß. Eichenholz wurde dort allerdings
nur für die konstruktiven Wandelemente
verwendet. Die Bohlenfüllungen wie auch
die eingehälsten Deckenbalken und die
langen Sparren waren fast immer Weichholz.
Ausreichende Bestände kräftigen Nadel-
holzes sind demnach als Voraussetzung für
die Errichtung großräumiger Wandständer-
schafställe anzusehen.
Diese Holzart fehlte jedoch in jener Zeit noch
fast vollständig in den weiter nördlich gele-
genen Gebieten mit ihren anmoorigen Boden-
verhältnissen. Recht eindrucksvoll schildert
Tamß < 178> die von zahlreichen Mißerfol-
gen begleiteten Versuche des Amtes Roten-
burg, Nadelhölzer - zunächst Tannen, später
Kiefern - anzusäen. Diese Versuche zogen
sich über das gesamte 18. Jahrhundert hin.
Die Entstehung von einigermaßen nutzbaren
Nadelholzbeständen hat im Rotenburger
Amtsbereich frühestens in der Mitte des 18.
Jahrhunderts stattgefunden. Eine entspre-
chende Entwicklung des Forstwesens im
Bereich Stade-Bremervörde ist anscheinend
noch stärker verzögert verlaufen; das läßt
sich jedenfalls aus dem überkommenen
Bestand an ländlichen Bauten ablesen. So
erfolgte der Übergang zur Verwendung von
Nadelhölzern im Dachbereich der Bauern-
häuser und der Nebengebäude im westlichen
Teil des Landkreises Harburg - in der Nach-
barschaft des Stuvenwaldes und der
Harburger Berge - immerhin schon in der
Mitte des 18. Jahrhunderts, im ehemaligen
Landkreis Bremervörde sowie in den Geest-
gebieten des Landkreises Stade dagegen
überwiegend erst im späten 19. Jahrhundert.
Wollte ein Hofbesitzer dieser Geest- und
Moorlandschaft bauen, so stand ihm dafür im
18. Jahrhundert wohl ausschließlich Eichen-
holz zur Verfügung; allenfalls konnte er auf
einige Buchen und noch seltener Eschen-
stämme zurückgreifen. Naturgemäß waren
die langsam wachsenden Holzarten recht
wertvoll, um so mehr, als die Bestände
in erster Linie der Eichen- und Buchenmast
dienten. Schon aus eigenem wirtschaftlichen
Interesse mußten die Dörfer ihre Holzungen
schonen. Darüber hinaus war jede Holz-
entnahme, auch das Fällen der Hofeichen,
seitens der Ämter genehmigungspflichtig und
wurde auch von dorther stark eingeschränkt.
Bauholz war also vor allem dort, wo Nadel-
holz nicht zur Verfügung stand, knapp
Primäre Kübbungsschafställe mit Ankerbalkengefüge
Daß auch in Sittensen ein wichtiger Schaf-
markt gewesen sein muß, ergibt sich aus
Aufzeichnungen des Gutsbesitzers von Burg
Sittensen aus der Zeit um 1800 <177>:
„Die überzähligen Lämmer, die Absetzer-
Böcken und Even werden insgemein anfangs
September meistbietend in Groß Sittensen
verkauft. Sie werden vom Schäfer ausge-
sucht und dahin getrieben. Der Verkauf wird
in den benachbarten Kirchorten bekannt
gemacht. “
Wahrscheinlich hat der Schafmarkt hier sogar
recht lange seine Bedeutung behalten, da in
der Börde Sittensen bis in unser Jahrhundert
eine recht umfängliche Schafzucht erhalten
geblieben ist, wovon die zahlreichen noch
heute in der Feldmark anzutreffenden Ställe
zeugen. Es liegt auf der Hand, daß bei einer
erfolgreichen Schafwirtschaft im Hinterland
zunehmend größere Schafställe benötigt
wurden. Wie das Beispiel aus Schmalen-
felde gezeigt hat, konnte die Grundfläche
eines an sich schon nicht gerade kleinen
Wandständerstalles durch das beiderseitige
Anfügen von Kübbungen noch erheblich
vergrößert werden. So kann die Entwicklung
von Kübbungsschafställen unter dem Ge-
sichtspunkt des vermehrten Bedarfs an Stall-
raum gesehen werden. Zunächst wurden
vorhandene Gebäude entsprechend umge-
baut, und wenn später einmal ein ganz neuer
Schafstall erbaut wurde, so wurden schließ-
lich von vornherein Kübbungen mit ein-
geplant.
Allerdings ist zu bedenken, daß auch in
anderen Regionen unter ähnlichen wirt-
schaftlichen Gegebenheiten ein vermehrter
Raumbedarf für die Schafhaltung eingetreten
war, wobei aber andere Wege der Stallver-
größerung gewählt wurden. Sowohl in der
Länge, durch das Anfügen weiterer Fache,
wie auch in der Breite, mit einer entspre-
chenden Spannweite der Balkenlage, sind
sehr große Wandständer-Schafställe ge-
schaffen worden, wie die oben angeführten
Beispiele, etwa der Stall in Deepen, aber
, auch zahlreiche Ställe der Südheide, belegen.
Bei solchen Ställen imponiert der starke
Verbrauch von langem Bauholz, das in jenen
Gegenden ausreichend vorhanden gewesen
sein muß. Eichenholz wurde dort allerdings
nur für die konstruktiven Wandelemente
verwendet. Die Bohlenfüllungen wie auch
die eingehälsten Deckenbalken und die
langen Sparren waren fast immer Weichholz.
Ausreichende Bestände kräftigen Nadel-
holzes sind demnach als Voraussetzung für
die Errichtung großräumiger Wandständer-
schafställe anzusehen.
Diese Holzart fehlte jedoch in jener Zeit noch
fast vollständig in den weiter nördlich gele-
genen Gebieten mit ihren anmoorigen Boden-
verhältnissen. Recht eindrucksvoll schildert
Tamß < 178> die von zahlreichen Mißerfol-
gen begleiteten Versuche des Amtes Roten-
burg, Nadelhölzer - zunächst Tannen, später
Kiefern - anzusäen. Diese Versuche zogen
sich über das gesamte 18. Jahrhundert hin.
Die Entstehung von einigermaßen nutzbaren
Nadelholzbeständen hat im Rotenburger
Amtsbereich frühestens in der Mitte des 18.
Jahrhunderts stattgefunden. Eine entspre-
chende Entwicklung des Forstwesens im
Bereich Stade-Bremervörde ist anscheinend
noch stärker verzögert verlaufen; das läßt
sich jedenfalls aus dem überkommenen
Bestand an ländlichen Bauten ablesen. So
erfolgte der Übergang zur Verwendung von
Nadelhölzern im Dachbereich der Bauern-
häuser und der Nebengebäude im westlichen
Teil des Landkreises Harburg - in der Nach-
barschaft des Stuvenwaldes und der
Harburger Berge - immerhin schon in der
Mitte des 18. Jahrhunderts, im ehemaligen
Landkreis Bremervörde sowie in den Geest-
gebieten des Landkreises Stade dagegen
überwiegend erst im späten 19. Jahrhundert.
Wollte ein Hofbesitzer dieser Geest- und
Moorlandschaft bauen, so stand ihm dafür im
18. Jahrhundert wohl ausschließlich Eichen-
holz zur Verfügung; allenfalls konnte er auf
einige Buchen und noch seltener Eschen-
stämme zurückgreifen. Naturgemäß waren
die langsam wachsenden Holzarten recht
wertvoll, um so mehr, als die Bestände
in erster Linie der Eichen- und Buchenmast
dienten. Schon aus eigenem wirtschaftlichen
Interesse mußten die Dörfer ihre Holzungen
schonen. Darüber hinaus war jede Holz-
entnahme, auch das Fällen der Hofeichen,
seitens der Ämter genehmigungspflichtig und
wurde auch von dorther stark eingeschränkt.
Bauholz war also vor allem dort, wo Nadel-
holz nicht zur Verfügung stand, knapp