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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]; Institut für Denkmalpflege [Hrsg.]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Forschungsprojekt Wandmalerei-Schäden — Hannover: Niedersächsisches Landesverwaltungsamt, Heft 11.1994

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Petersen, Karin: Überlegungen zur Auswirkung restauratorischer Maßnahmen auf die mikrobielle Besiedlung von Wandmalereien
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https://doi.org/10.11588/diglit.51142#0136
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Überlegungen zur Auswirkung restauratorischer Maßnahmen auf die
mikrobielle Besiedlung von Wandmalereien
Karin Petersen

Abstract
In this article restoring activities with regard to their effect on
microbial Colonisation are discussed based on the knowledge
of the deterioration mechanisms induced or influenced by
microorganisms.
The input of humidity was investigated as well as the applica-
tion of natural and synthetic polymers as Substrates. It also was
proved that cleaning methods on enzymatic base can be pro-
vide easily available Substrates to the microorganisms.
Finally possibilities and limits of the inhibition of microbial in-
fluenced deterioration are discussed.
Abstract
In dem vorliegenden Artikel werden basierend auf der Kennt-
nis der wesentlichen durch Mikroorganismen induzierten oder
beeinflußten Schadensmechanismen restauratorische Maß-
nahmen im Hinblick auf deren Wirkung auf mikrobielle Be-
siedlung diskutiert.
Es wurden sowohl das Einbringen von Feuchte wie die Zufuhr
von verwertbaren Substraten in Form natürlicher und syntheti-
scher Polymere untersucht. Ebenso wurde geprüft, ob Reini-
gungsmaßnahmen auf enzymatischer Basis die Makromole-
küle für Mikroorganismen als Substrate nutzbar machen.
Abschließend werden die Möglichkeiten und Grenzen der
Hemmung mikrobiell beeinflußter Schäden diskutiert.
Zusammenfassung
Für die Mehrzahl der restauratorischen Maßnahmen konnte
eine Beeinflussung einer gegebenenfalls am Objekt vorhan-
denen Mikrobengesellschaft nachgewiesen werden. Diese
kann durchaus auch zur erwünschten Verminderung einer
Besiedlung durch gezielte Reinigungsmethoden führen, bei
denen die Keime selbst mechanisch entfernt oder durch Biozi-
de und teils biozid wirkende Lösungsmittel abgetötet werden.
Ebenso können die Behebung bauphysikalischer Schwä-
chen, ein gezielter Eingriff in das Raumklima sowie die Beein-
flussung des Mikroklimas z. B. durch das Entfernen von Poly-
merüberzügen über einer besiedelten Malschicht zu ungün-
stigeren Lebensbedingungen für die Mikroorganismen füh-
ren.
Andererseits führen gegenteilige Maßnahmen wie die Erhö-
hung der relativen Luftfeuchte an salzbelasteten Standorten
oder das Aufträgen von Polymerfilmen auf besiedelte Objekte
zur Aktivierung latent vorhandener Mikroben. In der Mehrzahl
der Fälle wird gerade durch das Einbringen solcher natürli-
chen wie synthetischen Polymere der Feuchtehaushalt bei
gleichzeitiger Zufuhr als Nahrungsquelle verwertbarer organi-
scher Substrate beeinflußt. Beide Prozesse führen zu einer
Steigerung der mikrobiellen Aktivität. Auch das Einbringen
von Keimen mit einem Polymer wurde beobachtet.

Auch wenn ihre abtötende Wirkung nach derzeitigem Kennt-
nisstand eher angezweifelt werden muß, sind Festigungen mit
Kalksinterwasser oder Kalkmilch - sofern ihre Wirkung aus-
reicht - dem Einbringen organischer Bindemittel mit Substrat-
wirkung aus Sicht des Mikrobiologen vorzuziehen.
Methoden auf enzymatischer Basis, aber auch der Einsatz von
Ionenaustauschern, können dazu führen, daß die ursprünglich
nur von wenigen Mikroorganismen nutzbaren Makromoleküle
in kleinere Spaltprodukte zerlegt werden, die nun von der
Mehrzahl der Mikroben aufgenommen und als Nahrungs-und
Energiequelle genutzt werden können.
Unsere Kenntnisse zum Einsatz von Bioziden sind derzeit
noch in einem Anfangsstadium. Weder liegen Erfahrungen
zum Langzeitverhalten vor, noch sind die Wechselwirkungen
mit den einzelnen Komponenten des »Materialgefüges«
Wandgemälde ausreichend untersucht. Hier ist sowohl das
Verhalten gegenüber Pigmenten wie Bindemitteln zu prüfen.
Es muß betont werden, daß auch die derzeit im Rahmen einer
interdisziplinären Arbeitsgruppe aus Restauratoren, Naturwis-
senschaftlern und Toxikologen begonnenen Untersuchungen
nicht zur Empfehlung eines universell einsetzbaren Biozids
führen können. Grundsätzlich darf eine Biozidanwendung
nicht als Ersatz für eine Bausanierung verstanden werden.
Abschließend müssen wir feststellen, daß die Frage der Beein-
flussung mikrobieller Besiedlung und Schädigung von Wand-
malereien durch restauratorische Maßnahmen zum jetzigen
Zeitpunkt keinesfalls umfassend bearbeitet ist. Um für die Pra-
xis nutzbare Ergebnisse zu erzielen, ist auch bei den weiteren
Untersuchungen die direkte Zusammenarbeit mit den ande-
ren Fachdisziplinen - insbesondere den Restauratoren - un-
erläßlich.
Einleitung
Im Rahmen des interdisziplinären Verbund Projektes zur Erfor-
schung der Schäden an Wandmalereien und ihrer Ursachen
ergab sich insbesondere in enger Zusammenarbeit mit den
beteiligten Restauratoren die Möglichkeit zu überprüfen, wie
sich derzeit gängige - aber auch stark diskutierte - restaurato-
rische Maßnahmen in Hinblick auf die mikrobielle Besiedlung
von Wandmalereien auswirken.
Grundlegende Untersuchungen zur mikrobiellen Schädigung
von Wandmalereien liegen in großer Zahl vor (Eckhardt 1981;
Giacobini et al 1988; Krumbein and Lange 1978; Krumbein
1983; Petushkowa and Lyalikowa 1986; Raschle 1985).
Nach derzeitigem Kenntnisstand sind Mikroorganismen im
wesentlichen an der Ausbildung folgender Schadensbilder
beteiligt:
Ästhetische Beeinträchtigung durch im wesentlichen ober-
flächlich ausgebildeten Bewuchs. Als störend wird diese Form
der Besiedlung insbesondere dann empfunden, wenn eine
farbige Beeinträchtigung der Malerei durch pigmentierte Or-
ganismen in Form grüner Algen oder Cyanobakterien, grau-
weißer Pilz- oder Bakterienkolonien, brauner, häufig punktuel-
ler Pilzmyzelien oder rosapigmentierter Bakterien und Hefen

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