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Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege [Editor]; Institut für Denkmalpflege [Editor]
Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen: Historische Brückenkonstruktionen - technische Bauwerke der Eisenbahn in Niedersachsen — Hameln: CW Niemeyer Buchverlage, Heft 33.2006

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.51263#0075
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Historische Brückenkonstruktionen
Strecke 11

Die Brückenbauten 73
Börßum-Salzgitter-Seesen-Kreiensen-Holzminden(-Aitenbeken)

Konstruktion liegt darin, dass für die Anfertigung der
identischen Gewölbesteine nur eine Schablone not-
wendig ist, was die Herstellungskosten reduziert.290
Die Bedeutung des Brücktores, das in dieser Art erst-
malig im Herzogtum zur Ausführung gelangt und
eine spitzwinklige Kreuzung von zwei gleichwertigen
Verkehrswegen in unterschiedlichen Niveaus ermög-
licht291, wird durch besondere Gestaltelemente hervor-
gehoben, indem Pilaster die Stirnseiten flankieren
(Abb. 41). Ein weiteres reich gestaltetes „Brückthor",
das der Überbrückung eines „frequenten Commu-
nicationsweges" dient, liegt dicht vor dem Ganders-
heimer Stadtkern (11/1/B45b) und zeigt stadtseitig
eine Brüstung mit Rundbogenfries sowie parallele
Flügelmauern. Außergewöhnlich erscheint auch die
Wegbrücke mit Segmentbogengewölbe und paralle-
len Flügelmauern in Seesen (11/1/B35), die gleichzei-
tig den kleinen Schildaukanal überführt, der die
Wasserversorgung der Stadt gewährleistet. Zur Über-
querung der zweigleisigen Strecke ist eine lichte
Weite von 7,98 m sowie eine lichte Höhe von 5,84 m
und eine Breite von 10,83 m erforderlich. Den oberen
Abschluss bildet eine breite ornamentierte Sandstein-
brüstung mit vertieften Sternfeldern. Ähnliche
Gestaltmerkmale weist auch die Brüstung der nörd-
lich gelegenen Eisenbahnbrücke über die Schildau
auf.292
Wie schon bei der Braunschweigischen Südbahn
kommen neun Jahre später 1865 beim Bau der
Holzmindener Bahn in erster Linie gewölbte Durch-
lässe und massive Bogenbrücken vorwiegend mit
einer Öffnung als Werksteinbauten mit Halbkreisge-
wölbe und leicht geneigten divergierenden Flügel-
mauern zur Ausführung. Der Baustoff besteht meist
aus rotem Sandstein oder Dolomit, die Gewölbe-
stirnseiten sind mit Steinschnitt und die Stirnmauern
mit einem profilierten Deckgesims versehen.
Beispielhaft sind der gewölbte Durchlass für den Bach
Lenne im gleichnamigen Ort (11/2/B73) und eine
Wegüberquerung bei Ippensen (11/2/B60) sowie ein
„Brückthor" bei Stadtoldendorf (11/2/B77) und
Bevern (71/2/B83). Zu den wenigen Objekten mit pa-
rallelen Flügelmauern zählen eine Wegbrücke mit
schmiedeeisernem Geländer östlich des Bahnhofs
Wenzen (11/2/B67), eine Eisenbahnbrücke in Stadtol-
dendorf (11/2/B76) und eine Wegbrücke mit dreifach
gestufter Sandsteinbrüstung bei Löbach (71/2/B81).
Eine Ausnahme bilden die vierbogige Leinebrücke
(J1/2/B59) (Abb. 42) und die achtbogige leicht
gekrümmte Leineflutbrücke bei Kreiensen (J1/2/B58)
sowie der gewaltige Luhetal-Viadukt (71/2/B62) (Abb.
43) mit ebenfalls acht Öffnungen bei Greene. Zu den
klassischen und zeittypischen Baumerkmalen zählen
Halbkreisgewölbe, deren Stirnseiten mit Steinschnitt
ausgeführt sind, ein Konsolgesims mit Sandstein-

brüstung, kreisrunde „Brückenaugen" oder „Mund-
löcher" in den Pfeilerachsen und halbrunde hell abge-
setzte Vorköpfe an den Stirnseiten der Pfeiler.
Die Leinebrücke (11/2/B59) besteht aus zwei Haupt-
öffnungen mit Lichtweiten von 12,82 m für den Fluss
bei einer Höhe von etwa 14 m und seitlich je einer
kleineren 5,13 m breiten Öffnung für eine Landstraße
und einen Feldweg mit je 7 m Durchfahrtshöhe. Bei
einer Gesamtlänge von 55 m beträgt die Breite der
zweigleisigen Brücke 8,26 m. Bis auf die aus weißem
Dolomit erstellten und bis zur Kämpferlinie reichen-
den Pfeilervorköpfe sind alle Sichtflächen mit rotem
Sandsteinquadermauerwerk verblendet. Aus dem
gleichen Material ist auch die 1,14 m hohe Brüstung
mit Pfeilergliederung. Zur Gewölbeabdichtung dienen
Sandsteinplatten mit aufgebrachten Asphaltschich-
ten, für die Entwässerung gemauerte Kanäle mit
Gefälle hinter den Brückenaugen und einem Abfluss-
rohr in Gewölbemitte. Nach einer Bauzeit von 20
Monaten ist die Brücke im Dezember 1863 fertig
gestellt (Abb. 42).293
Die Leineflutbrücke (J1/2/B58) liegt im östlichen
Überschwemmungsgebiet und erstreckt sich über
acht gleichgroße Öffnungen mit Lichtweiten von
8,55 m bei Höhen von 7,70 m. Das 8,17 m breite
Bauwerk hat eine Länge von 86 m und ist wie die
benachbarte Leinebrücke in Sandstein- und Dolomit-
quader über einer Pfahlrostgründung aufgeführt.
Ebenso begrenzt eine massive Brüstung die Fahrbahn,
für deren Entwässerung ein Drainagesystem wie bei
der Leinebrücke sorgt.
Als herausragende Bauleistung muss der nur 3,5 km
von der Leinebrücke entfernte Viadukt über das
Luhetal (11/2/B62) angesehen werden. Der Bau hat
acht Öffnungen mit Lichtweiten von 8,55 m und eine
Gesamtlänge von 96,90 m, bei einer Breite von
8,42 m. Beeindruckend ist jedoch die enorme Höhe
von 31 m. Als Baumaterial bietet sich helles und sehr
widerstandsfähiges Dolomitgestein an. Die im Grund-
riss rechteckigen Pfeiler verjüngen sich nach oben stu-
fenweise in drei Abschnitten bis auf eine Stärke von
1,99 m am Kämpfergesims. In die Widerlager sind in
drei Etagen Hohlräume mit vertikaler Ausrichtung und
gewölbten Decken integriert. Bei größeren Stein-
brücken hilft diese Maßnahme, Baumaterial einzuspa-
ren. Für die Abdeckung der Gewölbe dienen auch hier
Sandsteinplatten, die eine Zement- und Asphalt-
schicht überzieht, sodass die Wasserableitung über
Kanäle und Rohre erfolgen kann. Auffällig ist die
unterschiedliche Lage der Fundamente, was einen
ausreichend stabilen und tragfähigen Felsgrund ver-
muten lässt. Zum Bau der Überführung sind diverse
hölzerne Gerüste und Kranvorrichtungen mit Winden
unentbehrlich. Im Juni 1862 beginnt der Brückenbau
 
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